apoBank-Umfrage

Nachhaltigkeit braucht Unterstützung

In Deutschland managen über 100.000 Arztpraxen, rund 50.000 niedergelassene Zahnärzte und knapp 19.000 Apotheken die ambulante Versorgung. Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) hat 500 gefragt, wie es um die Nachhaltigkeit in ihren Praxen und Apotheken bestellt ist, wie hoch das Thema gerankt wird und welche Hindernisse es gibt.

Für 61 Prozent der befragten Heilberufler hat Nachhaltigkeit einen hohen, für 28 Prozent sogar einen sehr hohen Stellenwert. Auf einer Skala von 1 (nicht nachhaltig) bis 10 (sehr nachhaltig) bewerten sie ihre Praxen und Apotheken durchschnittlich mit 6,2. Die größten Treiber für mehr Nachhaltigkeit sind für sie die eigene Überzeugung und die soziale Verantwortung gegenüber der nachfolgenden Generation.

„Ich würde meine Praxis gerne papierloser gestalten, scheitere jedoch an den von mir zu tragenden Kosten für die technische Umsetzung.“

Fachärztin, 49 Jahre

Fast alle abgefragten ökologischen Maßnahmen werden von mindestens der Hälfte der Niedergelassenen bereits berücksichtigt – allem voran das Entsorgungsmanagement, wie Mülltrennung, Recycling und die Nutzung von Mehrwegprodukten. Dicht gefolgt von einem ressourcenschonenden Energieverbrauch, sei es durch Ökostrom oder durch energieeffiziente Geräte, und der Digitalisierung im Sinne einer papierlosen Praxis oder Apotheke. Die Mehrheit handelt vor allem aus persönlicher Überzeugung und weil sie sich gesellschaftlich verantwortlich fühlt. Aber klar: Auch die Senkung der Betriebskosten spielt eine Rolle.

"Staatliche Förderungsanreize wären super.“

Apothekerin, 53 Jahre

Auf der anderen Seite bremsen fehlende nachhaltige Alternativen sowie ein hoher Zeit- und Kostenaufwand die Entwicklung aus ihrer Sicht aus. Denn Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit müssten zugleich natürlich auch wirtschaftlich sein.

Verantwortlich ist die Politik – und man selbst

Mit 90 Prozent sind sich fast alle darin einig, dass Maßnahmen, die einen positiven Effekt auf Umwelt und Klima haben, gleichzeitig die Gesundheit verbessern und die Lebensqualität steigern. Um eine nachhaltigere Gesundheitsversorgung voranzutreiben, sehen 88 Prozent die Politik in der Verantwortung. 75 Prozent fühlen sich aber auch selbst dafür zuständig, Patienten und Kunden zu einer nachhaltigen Lebensführung zu animieren. Mehr als die Hälfte der befragten Heilberufler nimmt eine Zunahme der gesundheitlichen Auswirkungen wahr, die aus der Klimaverschmutzung resultieren.

Als deutliche Lehre aus der Corona-Pandemie offenbart die Umfrage einen starken Wunsch nach einer nachhaltigen Modifizierung des Gesundheitswesens: 90 Prozent sind der Meinung, dass das Gesundheitssystem in Deutschland resilienter, krisensicherer und präventiver gestaltet werden muss. 88 Prozent fordern nachhaltigere Versorgungskonzepte. Dass auch die Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit sorgen könnte, findet dabei nur jeder Zweite. Allerdings steht auch für rund die Hälfte das Gesundheitswesen aktuell vor wichtigeren Herausforderungen.

„Der Einsatz einer nachträglichen Gebäudedämmung für eine Praxis muss sich wirtschaftlich und ökologisch rechnen! Nicht erst nach 100 Jahren.“

Zahnarzt, 44 Jahre

„Nachhaltigkeit verbindet in diesem Zusammenhang noch einmal unterschiedliche Aspekte und Wirkungsmechanismen. Gehen wir beispielsweise die Digitalisierung und Vernetzung der Sektoren an, machen wir gleichzeitig einen großen Schritt in Richtung nachhaltiges Gesundheitswesen“, resümiert Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank. „Der Wunsch nach konkreten Ideen sowie mehr Orientierung und Unterstützung von öffentlicher Seite ist ein Signal, das Entscheider und Gestalter im Gesundheitswesen aufgreifen sollten.“

Für die Studie wurden mit DocCheck Research im Juli/August 2021 insgesamt 500 niedergelassene Heilberufler, jeweils 125 Hausärzte, Fachärzte, Zahnärzte und Apotheker, befragt.

Heilberufsgruppen im Vergleich

Hausärzte sehen sich in der Verantwortung

Bei Hausärzten hat Nachhaltigkeit die höchste Relevanz: Mehr als ein Drittel gibt an, dass das Thema im persönlichen Umfeld einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Jeder Dritte hält seine Praxis für sehr nachhaltig aufgestellt – der höchste Wert im Berufsgruppenvergleich. Vielleicht weil Hausärzte in ihrem eigenen Tätigkeitsbereich eine große Zunahme der gesundheitlichen Folgen durch Umweltverschmutzung beobachten (60 Prozent). Entsprechend fühlen sich 84 Prozent selbst dafür zuständig, zu einer nachhaltigen Lebensführung zu animieren.

Fachärzte setzen auf Digitalisierung

28 Prozent der Fachärzte bescheinigen der Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert, genauso viele schätzen ihre Praxis als nachhaltig ein. Dabei achten sie vor allem auf eine Umstellung der analogen Praxisprozesse zu digitalen Anwendungen (80 Prozent), ein intelligentes Entsorgungsmanagement (78 Prozent) und einen ressourcenschonenden Energieverbrauch (76 Prozent). Ähnlich wie Hausärzte messen sie mit 63 Prozent der Digitalisierung im Gesundheitswesen mehr Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung bei als ihre pharmazeutischen oder zahnärztlichen Kollegen.

Zahnärzten fehlt es an nachhaltigen Alternativen

Nur 21 Prozent der Zahnärzte stufen das Thema Nachhaltigkeit als persönlich sehr relevant ein, dennoch sehen 27 Prozent – ähnlich wie bei Fachärzten – ihre Praxis nachhaltig aufgestellt. Dabei setzen sie auf Entsorgungsmanagement (87 Prozent), Energieverbrauch (80 Prozent) und Digitalisierung (75 Prozent). Der Mangel an nachhaltigen Alternativen ist für Fachärzte und Zahnärzte (63 beziehungsweise 62 Prozent) die größte Hürde für mehr Nachhaltigkeit in der Praxis.

Apotheker setzen Fokus auf Entsorgungsmanagement

27 Prozent der Apotheker finden das Thema Nachhaltigkeit persönlich sehr wichtig, aber nur 19 Prozent bezeichnen ihre Apotheke als nachhaltig. Ihnen fehlt es in erster Linie an alternativen Lösungen, doch auch hohe Kosten und wenig Unterstützung von öffentlicher Seite sind Herausforderungen auf dem Weg in die grüne Apotheke. Apotheker legen am meisten Wert auf Entsorgungsmanagement und sie gewichten stärker Mobilitätsaspekte, wie Fahrgemeinschaften und Bezuschussungen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

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