Aus der Wissenschaft

Weniger schwere Parodontitis durch Protonenpumpeninhibitoren?

Forschende der University of Buffalo untersuchten den Einfluss von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) auf das Parodont: Könnte die Einnahme mit einem geringeren Schweregrad der Parodontitis einhergehen?

Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von PPI und Zahnfleischerkrankungen besteht. Dafür analysierten sie retrospektiv klinische Daten von mehr als 1.000 Parodontitis-Patienten, die entweder Magensäureblocker einnahmen oder nicht. Die Sondierungstiefe wurde als Indikator für den Schweregrad der Parodontitis herangezogen. Ausgeschlossen wurden Raucher oder Patienten, bei denen ein Diabetes mellitus und/oder schwere systemische Erkrankungen vorlagen.

Im Ergebnis wiesen die Parodontitis-Patienten bei regelmäßiger Einnahme eher geringere Sondierungstiefen auf als die Kontrollgruppe. Die Studie wurde im Fachjournal Clinical and Experimental Dental Research veröffentlicht.

So wiesen lediglich 14 Prozent der Zähne von PPI-Patienten Sondierungstiefen von 6 Millimetern oder mehr auf verglichen mit 24 Prozent der Zähne der Kontrollgruppe. 27 Prozent der Zähne von Patienten, die PPIs einnahmen, hatten eine Sondierungstiefe von fünf Millimetern oder mehr, verglichen mit 40 Prozent der Zähne von Patienten, die keine PPIs einnahmen. Es konnten keine signifikanten Unterschiede in den erhobenen Plaque-Indizes der beiden Gruppen festgestellt werden, was ein Indiz dafür ist, dass die Mundhygiene keinen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse hatte. 

Die Sondierungstiefen sind geringer

Warum aber weist die Parodontitis bei Patienten, die regelmäßig PPIs einnehmen, einen geringeren Schweregrad auf? Ein Erklärungsansatz ist den Forschenden zufolge, dass PPIs in den Knochenstoffwechsel eingreifen könnten. So wäre es denkbar, dass die Knochenresorptionsrate durch Beeinflussung der Osteoklastenfunktion durch PPIs vermindert ist, was auch einen langsameren Abbau des parodontalen Knochens zur Folge haben könnte.

Der zweite Ansatz beruht auf der Annahme, dass PPIs, wenn sie das Darmmikrobiom verändern und möglicherweise ebenfalls das parodontale Mikrobiom beeinflussen könnten. Auch könnten sie Einfluss auf die Entzündungsregulation haben.

Die Studienergebnisse eröffnen neue Perspektiven, obgleich zwei schwerwiegende Kritikpunkte bestehen: Zum einen ist die Kohorte der PPI-Studienpatienten sehr klein und die Angaben zur Medikamenteneinnahme durch die Selbstauskunft sind teilweise ungenau, was die Aussagekraft der Ergebnisse schmälert.

Zum anderen bleibt unklar, zu welchem Zeitpunkt die Sondierungstiefen aufgenommen wurden und ob der Untersuchungszeitpunkt bei allen inkludierten Patienten gleich war, wobei unterschiedliche Untersuchungszeitpunkte die Ergebnisse verzerren würden.

Originalpublikation: Chawla BK, Cohen RE, Yerke LM (2021): Association between proton pump inhibitors and periodontal disease severity. Clinical and Experimental Dental Research Weitere Quelle: Mössner J: The indications, applications, and risks of proton pump inhibitors – a review after 25 years. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 477–83.DOI: 10.3238/arztebl.2016.0477

Protonenpumpeninhibitoren

Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind Medikamente, die unter anderem zur Behandlung von säurebedingten Magenbeschwerden wie Sodbrennen oder gastrooesophagealer Refluxkrankheit eingesetzt werden. Weiterhin können sie bei der Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika oder ASS zur Sekundärprophylaxe gastroduodenaler Läsionen eingesetzt werden. Zu den bekanntesten Präparaten gehören Pantoprazol oder Omeprazol.

Sie wirken durch Hemmung der H+/K+-ATPase reduzierend auf die Magensäureproduktion. Aufgrund der pH-Wert-Änderung ändert sich auch das gastrointestinale Mikrobiom. Als unerwünschte Arzneimittelwirkung wird eine verminderte Aufnahme von Calcium und Vitamin-D und daraus resultierend ein erhöhtes Osteoporose-Risiko diskutiert.

In den USA gehören PPI zu den zehn am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Auch in Deutschland stiegen die Verordnungen über Jahre hinweg besorgniserregend stark an. Der Arzneiverordnungs-Report des wissenschaftlichen Instituts der AOK vermeldete 2019 erstmals ein unverändertes Niveau der PPI-Verschreibungen im Vergleich zum Vorjahr 2018. Mit einem Verordnungsvolumen von etwa 3,65 Milliarden Tagesdosen ist der Wert aber immer noch 70 Prozent höher als vor zehn Jahren.

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