Kurzinterview mit Barbara Plaster

„Zuschauer mögen es gar nicht, wenn ihr Filmheld sich auf einmal anders anhört!“

Manchmal kommen besondere Patienten in die Praxis. Zum Beispiel Schauspieler. Oder Sänger. Die müssen nicht nur wegen ihrer Berühmtheit anders behandelt werden. Ähnliches gilt für Synchronsprecher, erzählt Zahnärztin Barbara Plaster. Sie muss es wissen: Sie behandelt in ihrer Praxis am Berliner Ku‘damm auch die Prominenz.

Worauf kommt es bei der Behandlung von Synchronsprechern an? Was sind die Besonderheiten und welche Bedeutung hat die Phonetik?Barbara Plaster:

Bei Synchronsprechern ist es vor allem wichtig, dass sich im Mund nichts, aber auch wirklich nichts verändert. Insbesondere dort, wo Laute mit der Zunge gebildet werden. Da kann man bei Frontzahnrestaurationen schon manchmal etwas ins Schwitzen geraten, sowohl auf Behandler- als auch auf Patientenseite. In solchen Fällen ist man als Zahnärztin oder Zahnarzt gut beraten, wenn man einen Vorher-Abdruck nimmt und sich daraus eine kleine Schablone herstellt, damit die Dimensionen bei nachfolgenden Behandlungen exakt erhalten bleiben.

Barbara Pflaster 

Barbara Plaster studierte Zahnmedizin an der Christian-Albrechts-Universität Kiel und an der Freien Universität Berlin.

2003 erlangte sie ihre Approbation als Zahnärztin. Anschließend folgte ein langer Weg der Spezialisierung auf die ästhetische Zahnheilkunde sowie Invisalign, Funktion, Implantologie und Prothetik. 2007 ging sie den Schritt in die Selbstständigkeit, indem sie eine Praxis in Berlin übernahm, mit der sie 2017 dann an den Kurfürstendamm umzog. Seit Februar 2021 ist sie Vizepräsidentin der Zahnärztekammer Berlin.

Synchronsprecher hört man ausschließlich, ergo ist die Konzentration auf die Sprache sehr viel größer als bei Schauspielern, die auf der Bühne stehen. Und Zuschauer mögen es gar nicht, wenn ihr Filmheld sich auf einmal anders anhört. Dann riskiert der Synchronsprecher unter Umständen, keine Aufträge mehr zu bekommen.

Müssen deshalb auch ästhetisch Kompromisse gemacht werden?

Tatsächlich steht die Ästhetik weniger im Vordergrund als die Funktion. Bei welchen Zähnen die Erhaltung der Dimensionen besonders wichtig ist, stellt sich immer individuell verschieden dar und wird im Vorfeld mit dem Patienten besprochen. Denn manche Menschen bilden beispielsweise das „S“ im Unterkiefer, andere dagegen im Oberkiefer.

Bei Sängern verhält es sich übrigens anders, da diese vornehmlich die Stimme bilden. Bei der „klassischen“ Sängerin oder dem Schauspieler steht eindeutig die Ästhetik im Vordergrund. Man muss bei einer Rekonstruktion sehr akribisch arbeiten, weil man diese weder bei sich verändernden Lichtverhältnissen noch bei Nahaufnahmen entdecken darf. Das sind fachlich wieder ganz andere Herausforderungen.

Können beim Monitoring der Gebissdimensionen digitale Technologien hilfreich sein, etwa die regelmäßige Dokumentation mittels Intraoralscanner? Nutzen Sie diese Technik selbst in ihrer Praxis? 

Ja, grundsätzlich schon. Mit den digitalen Technologien kann man Kopien erstellen. Allerdings ist das nicht universell einsetzbar. Wenn in der Front auch nur eine kleine Füllung ersetzt werden muss, gestaltet sich das beispielsweise mit einem CAD/CAM-Gerät eher schwierig. Bei neuen Kronen oder auch bei Veneers hingegen ist diese Technologie wegen der Kopierfunktion ein Segen. Für Füllungen ist sie aber nicht gut bis unmöglich umsetzbar. Vor allem bei Synchronsprechern ist es grundsätzlich wichtig, möglichst minimalinvasiv zu arbeiten. 

Aus der Welt eines Synchronsprechers

„Ich habe ein leichtes 'S'!“

Synchronsprecher Benjamin Völz erzählt, worauf es in seinem Beruf ankommt und wie er seine Stimme fit hält. Die ist nämlich seit über 40 Jahren sein Kapital.

Regelmäßig verleiht der 61-Jährige fünf US-Schauspielern seine Stimme: Keanu Reeves, Charlie Sheen, Matthew McConaughey, David Duchovny und James Spader. Man hört ihn also in Filmen wie Matrix, John Wick, Interstellar oder den Serien Boston Legal, True Detective, Black List, Akte X sowie Two and a Half Men. Darüber hinaus synchronisiert er noch zahlreiche andere Rollen, Figuren, Dokumentationen und auch Computerspiele.

Bei der Synchronisation gehe es darum, die dargestellte Situation zu erfassen und vermitteln zu können, um die Leute damit zu berühren, erklärt Völz. Ein Synchronsprecher versuche eine Ebene zu schaffen, die die Menschen erreicht. „Wenn Brad Pitt auftaucht, dann erkennt man ihn auf der Straße. Aber mit der Stimme kann man die Menschen an einer ganz anderen Stelle erreichen“, sagt er.

Mit 16 Jahren hatte Völz einen Unfall: Sein Schneidezahn hatte einen Schlag abbekommen und er bekam eine Krone. Später erhielt er noch zwei weitere Kronen. „Ich habe keinen richtigen S-Fehler, aber ich habe ein leichtes ‚S‘, was man hört“, berichtet Völz. Mir fällt bei älteren Kollegen ebenfalls eine Klangveränderung auf, wenn sie eine Zahnprothese tragen. Und man hört auch, wenn jemand eine Zahnlücke hat. Bei den Synchronsprechern ist das Endprodukt eben die Stimme“, betont Völz. Jahrzehntelang litt Völz unter einer verbogenen Nasenscheidewand. Mit 50 hat er sich dann operieren lassen. Während dieser Zeit synchronisierte er Charlie Sheen in der Serie „Two and a Half Men“. „Einige Leute haben mir dann geschrieben, dass meine Stimme anders klingt. Ich selbst habe auch gehört, dass sie sich verändert hat.“ Da die Zahngesundheit für ihn besonders wichtig ist, besucht er zwei- bis dreimal im Jahr seine Zahnärztin.

ak

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