Medscape-Umfrage

Fehlverhalten von Ärztinnen und Ärzten ist weit verbreitet

Heftarchiv Gesellschaft
mg
Mobbing, Sexismus, Rassismus: In einer Umfrage der Online-Plattform Medscape berichten Ärztinnen und Ärzte über Fehlverhalten ihrer KollegInnen, dass sie beobachtet oder selbst erfahren haben.

Laut Umfrage hat mehr als jede(r) zweite Teilnehmende (55 Prozent) mindestens einmal unangemessenes Verhalten bei KollegInnen beobachtet – 37 Prozent am Arbeitsplatz, 24 Prozent außerhalb der Arbeit und 21 Prozent in den sozialen Medien (Mehrfachnennungen waren möglich.). Mehr als jede(r) Dritte (37 Prozent) hat es selbst erlebt, am Arbeitsplatz 30 Prozent, 10 Prozent außerhalb der Arbeit und 5 Prozent in den sozialen Medien.

Medscape zitiert eine Ärztin aus der Psychiatrie, die schrieb: „Chefärzte sollten eventuell bezüglich ihrer Eignung überprüft werden. Es finden sich auffallend viele narzisstische und manipulative Menschen in diesen Positionen.“ Das Fehlverhalten geht laut Umfrage vor allem von Männern (75 Prozent) und deutlich seltener von Frauen (21 Prozent) aus.

Knapp zwei Drittel aller Teilnehmenden (63/65 Prozent) meinen, dass sich die Situation im Job/außerhalb der Arbeit in den vergangenen fünf Jahren nicht verändert hat. 22/26 Prozent sehen eine Zunahme,16/9 Prozent eine Abnahme in jüngster Zeit.

Das am häufigsten beobachteten Fehlverhalten ist:

  • 76 Prozent – sich über Patienten lustig machen oder sie verunglimpfen

  • 72 Prozent – Mobbing oder Belästigung von ÄrztInnen oder medizinischem Fachpersonal

  • 57 Prozent – rassistische Bemerkungen

  • 54 Prozent – sexistisches Verhalten

  • 44 Prozent – Alkohol- oder Drogenkonsum

Das am häufigsten selbst erlebte Fehlverhalten ist:

  • 69 Prozent – sich über Patienten lustig machen oder sie verunglimpfen

  • 42 Prozent – Rassismus

  • 38 Prozent – Sexismus

  • 34 Prozent – Mobbing oder Belästigung

  • 30 Prozent – Trunkenheit in der Öffentlichkeit

Immerhin: Deutlich mehr als die Hälfte der Teilnehmenden reagierten auf die Vorfälle direkt, etwa indem sie die Kollegen offen ansprachen (48 Prozent) oder aber Vorgesetzten (14 Prozent) oder der Ärztekammer (2 Prozent) davon berichteten.

Als Sanktionen wünschen sich die Befragten (Mehrfachnennungen möglich):

  • 43 Prozent – mündliche Verwarnung

  • 27 Prozent – Meldung bei Vorgesetzten, Arbeitgeber oder Personalabteilung

  • 21 Prozent – Gespräch mit der Geschäftsführung

  • 15 Prozent – Einleitung eines Disziplinarverfahrens

  • 11 Prozent – Meldung bei der Ärztekammer

  • 4 Prozent – Kündigung

Als Ursachen für das beobachtete oder erlebte unangemessene Benehmen (Mehrfachnennungen möglich) nennen 60 Prozent der Befragten die Arroganz eines Kollegen oder einer Kollegin, 52 Prozent halten „persönliche Probleme außerhalb der Arbeit“ und 51 Prozent „Stress im Beruf“ für den Auslöser des unkollegialen Verhaltens. Vier von zehn attestieren den unprofessionellen KollegInnen generell geringe soziale Kompetenzen, 32 Prozent halten eine angeschlagene psychische Gesundheit und nur 21 Prozent den durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Druck für ursächlich.

Methodik

Für die Online-Umfrage haben 1.144 Ärzte und Arztinnen, die in Deutschland leben und arbeiten, zwischen Ende Oktober und Mitte Dezember einen Fragebogen ausgefüll: 61 Prozent Männer, 39 Prozent Frauen. Insgesamt 915 waren älter als 45 Jahre. Die Umfrage ist nicht repräsentativ. Die Standardabweichung beträgt +/- 2,90 Prozent bei einem Konfidenzintervall von 95 Prozent.

Einige ÄrztInnen berichteten auch über Fehlverhalten in sozialen Medien, vor allem über unangemessene Kommentare über Personen oder Themen (69 Prozent). Unangemessene Kommentare über PatientInnen (22 Prozent) oder gar Bilder von PatientInnen (6 Prozent) wurden seltener beobachtet. Auffällig: 64 Prozent der Befragten gaben an, die seit fünf Jahren geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht in Gänze zu verstehen – obwohl 75 Prozent sie nach eigener Aussage „ernst nehmen“.

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