Prozessoptimierung in der Praxis – Teil 4

Chaos im Schrank kann teuer werden

Ordnung und Struktur im Lager helfen beim Überblick und das beugt Verschwendung vor. Denn ineffiziente Prozesse und Bestellungen kosten Ressourcen. Der Experte Dr. Simon Prieß erklärt, wodurch sich eine hocheffiziente Warenwirtschaft auszeichnet und wann eine Anpassung sinnvoll ist.

Das Lager ist zwar gut gefüllt, aber ständig fehlen die Watterollen. Mitarbeitende verbringen viel (zu viel) Zeit mit der Suche, der Bestellung oder der Dokumentation und finden doch nicht zügig, was sie brauchen. Das frisst Ressourcen und stresst. Und spätestens, wenn dann während der Behandlung auffällt, dass das Material abgelaufen ist, wird klar: Wir sollten doch einmal unsere Warenwirtschaft überprüfen und die Lagerverwaltung überarbeiten. Denn es gilt: Ein hoher Lagerwert bei geringem oder ineffizientem Verbrauch bindet schlicht zu viel Kapital.

„Ein deutlicher Hinweis sind häufige Über- oder Unterbestände. Haben Sie zum Beispiel zehnmal das gleiche Produkt auf Lager, aber eben nicht ausreichend Watterollen vorrätig? Schnell kommt es zu Zwischenbestellungen, weil keiner weiß, ob dieser oder jener Artikel vorhanden ist. Niemand hat wirklich einen Überblick. Das passiert, wenn Lagerorte unübersichtlich sind oder es keine zentrale Lagerstruktur gibt. Bei dem Chaos im Schrank stellen Sie dann immer wieder fest: Es gibt doppelte oder fehlerhafte Bestellungen. Oft besteht auch Unklarheit bei der Zuständigkeit. Kein Mitarbeiter ist so richtig drin im Thema“, erklärt Dr. Simon Prieß.

Der Zahnarzt war während seiner Assistenzzeit mit dem Qualitätsmanagement betraut und hat schnell festgestellt, dass das Warenlager oft eine echte Schwachstelle in der Praxis darstellt – ein „stiefmütterlich“ behandelter Bereich. Mit dem Wunsch nach Übersicht und Vereinfachung hat er kurzerhand gemeinsam mit dem Webentwickler Angelo Cardinale sein eigenes Tool erschaffen, das spezialisierte, digitale Lösungen zur Materialverwaltung entwickelt. Das Warenwirtschafts-System „Wawibox“ hat er inzwischen verkauft und betreibt mit seiner Frau eine eigene Praxis, das „Zahnzentrum Riedstadt“, mit acht angestellten Kollegen und 50 Mitarbeitenden in Hessen. Gestört hat Prieß auch die fehlende Preistransparenz in einer Zeit, in der Wirtschaftlichkeit in immer mehr Praxen eine Herausforderung wird. „Das Muster 'Wir bestellen einfach da, wo wir immer bestellen – egal, was es kostet', wollte ich durchbrechen“, sagt er.

Jederzeit den Überblick und von überall aus nutzbar

Einer effizienten Warenwirtschaft müsse eine einfache Bedienung zugrunde liegen. Sie sollte über eine intuitive Benutzeroberfläche verfügen, die wenig Einarbeitungszeit braucht und auch von Mitarbeitern ohne IT-Hintergrund schnell genutzt werden kann. Dann mache sie eine Praxis unabhängig von einem Lieferanten und vom Nutzungsort. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, Lieferanten frei auszuwählen und flexibel Artikel aus verschiedenen Quellen, also auch Fremdlieferanten oder Apothekenbedarf, zu verwalten, ergänzt Prieß.

„Vor allem fand ich es wichtig, dass die Warenwirtschaft von überall aufrufbar ist. Sie sollte Cloud-basiert oder mobil verfügbar sein, sodass das System jederzeit und von jedem Ort aus nutzbar ist – ob im Behandlungszimmer, im Lager oder von unterwegs. Alles an einem Ort. Außerdem sollte der Bereich je nach Praxisbedingungen individuell anpassbar sein, sprich an die Lagerstrukturen, an individuelle Artikel- und Bestellparameter, damit die Warenwirtschaft exakt auf die Praxisbedürfnisse zugeschnitten ist.“ Sind die Bestellzyklen optimiert, wird nur bestellt, was gebraucht wird.

Unterstützend seien Verbrauchsstatistiken nicht mehr wegzudenken, damit die Praxis sich wirtschaftlich optimiert. Sie zeigen, welche Produkte viel verbraucht werden und wo es sich lohnt, nach kostengünstigen Alternativen zu suchen. „Dass die Warenwirtschaft gut läuft, merken Sie anhand von Transparenz und Kontrolle. Die Lagerübersicht besteht immer und überall in Echtzeit, sodass jeder weiß, was vorrätig ist und was in welchem Umfang bestellt werden muss. Die Nachvollziehbarkeit von Materialbewegungen durch eine lückenlose Dokumentation ist etwa beim Thema MDR-Konformität besonders wichtig“, weiß der Zahnarzt aus eigener Erfahrung.

Gute Organisation für mehr Liquidität

Automatische Bestellvorschläge und -erinnerungen basieren bei einem smarten System auf Mindest- beziehungsweise Maximalbeständen. Idealerweise ist die Option der direkten Nachbestellung im System schon integriert, ebenso wie ein Preisvergleich. Ideal sei auch die Verbindung von Einkauf und Lagerverwaltung zum PVS. Der Zeitaufwand für eine Prüfung und Überarbeitung variiert je nach Praxisgröße und Artikelanzahl. Prieß schätzt grob: „In der Regel hat eine Praxis etwa 300 bis 350 verschiedene Produkte auf Lager. Diese Artikel sind durchschnittlich innerhalb von ein bis zwei Tagen in einem Tool konfiguriert.“

Spürbare Effekte nach einer Optimierung seien die Senkung der Lagerkosten durch gezieltes Nachbestellen und die Reduktion von Überbeständen. „Das ergibt typischerweise 10 bis 20 Prozent Einsparung und auch der Lagerwert sinkt durch eine bedarfsgerechte Bestandsführung. Sie verfügen wieder über mehr Liquidität. Materialverluste werden reduziert – und damit auch Kapitalverluste. Denn überhöhte Lagerbestände sind gebundenes Kapital. Ineffiziente Prozesse kosten Zeit und Geld“, rechnet der Experte vor.

Auch indirekt könne sich eine Verbesserung auf das Umsatzwachstum abzeichnen: „Da das Team entlastet wird, bleibt mehr Zeit für die Behandlung, das Qualitätsmanagement verbessert sich und das erhöht wiederum die Patientensicherheit und letztlich auch die Reputation der Praxis. Und auch die Revisionssichere bei der Chargenverfolgung birgt eine Haftungsminimierung“, so der Experte weiter. Für den operativ Bereich heißt das, „eine Zeitersparnis bei der Bestellung, der Lagerprüfung, dem Wareneingang und der Inventur mit 30 bis 50 Prozent weniger Aufwand im Alltag“.

Auch im Bereich der Warenwirtschaft und Lagerverwaltung ist es sinnvoll, einen Mitarbeitenden im Team als Hauptverantwortlichen und eine Vertretung festzulegen – jemanden mit Organisationstalent. Prieß rät jedoch, dass alle im Team geschult sein sollten, um Artikel korrekt zu scannen und auslagern zu können. „Regelmäßige Lagerchecks und eine Systempflege, zum Beispiel einmal pro Woche oder im Monatsmeeting, helfen dabei, an der neuen Struktur dranzubleiben."

Und am Ende macht die Warenwirtschaft Spaß!

Kommt ein neues Teammitglied, geht die Einarbeitung dank standardisierter Prozesse einfach schneller. Es besteht mehr Sicherheit bei Personalausfall oder -wechsel. „Denn das Wissen, welche Produkte in welchen Mengen zu welchem Zeitpunkt bei welchen Lieferanten bestellt werden müssen, ist digital erfasst und geht nicht verloren, sollte die verantwortliche Person krankheitsbedingt ausfallen oder die Praxis verlassen“, so Prieß.

Das macht ein fähiges Tool zur Materialverwaltung aus:

  • Kompatibilität: Das Tool ist mit allen gängigen Praxisverwaltungssoftwares kompatibel, insbesondere im Bereich der Chargendokumentation und MDR-Anforderungen.

  • Nützliche Datenquellen: Für die Einführung sind die Bestellhistorie des aktuellen Anbieters, Depots oder Online-Händlers sehr hilfreich, um vorhandene Artikel und Abläufe einfach zu übernehmen.

  • Schulungen & Webinare: Es gibt umfangreiche Schulungen, Nachschulungen und Webinare, die den Praxisalltag erleichtern und alle Funktionen vermitteln.

  • Persönliche Betreuung: Das Tool bietet eine gute persönliche Betreuung durch den Kundenservice und schnelle Unterstützung bei Fragen, Problemen oder der Suche nach Produkten.

  • Guides: Ausführliche Leitfäden für Lagerstruktur, MDR-Vorgaben und weitere wichtige Themen helfen bei der optimalen Organisation.

  • Community & Erfahrungsberichte: Case Studies von anderen Zahnarztpraxen geben praxisnahe Einblicke, wertvolle Tipps und helfen bei der Entscheidung.

Kurz: Es gibt weniger Stress und die Materialverwaltung oder auch die Inventur mit einem zuverlässigen Warenwirtschafts-System könne sogar Spaß machen, meint er. „Das alles hebt Sie letztendlich auch von anderen Arbeitgebern positiv ab. In regelmäßigen Abständen benchmarken wir unsere Praxis mit Kollegen und stellen immer wieder erfreut fest, dass sich die straffe Organisation im Bereich QM und Materialien in den Praxiskennzahlen niederschlägt – was man dann auch auf dem Konto merkt.“

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