Gesundheitssysteme weltweit – Niederlande

Eine Basisversicherung ist für alle Pflicht

Wie funktioniert die Gesundheitsversorgung eigentlich in anderen Ländern? Darüber informieren wir in unserer neuen Serie und beleuchten dabei auch die Situation in der Zahnmedizin. Im ersten Teil befassen wir uns mit den Niederlanden. Dort gibt es eine verpflichtende Krankenversicherung für alle. Die Qualität der Versorgung ist hoch. Die zahnmedizinische Versorgung wird teilweise von der Grundversicherung erstattet.

Ausgaben für das Gesundheitssystem

Nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags gaben die Niederlande im Jahr 2022 kaufkraftbereinigt 80,196 Milliarden Euro für ihr Gesundheitssystem aus. Der Anteil der Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug demnach 10,1 Prozent – und lag damit leicht unter dem EU-Durchschnitt von 10,4 Prozent. Zum Vergleich: Deutschland gab nach statistischen Angaben der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) im gleichen Jahr 12,6 Prozent des BIP für das Gesundheitswesen aus. Für die Leistungen in Zahnarztpraxen brachten die Niederlande im gleichen Jahr laut der BZÄK 0,4 Prozent des BIP auf; in Deutschland waren es 0,7 Prozent.

Zugang zur Krankenversicherung

Bis 2006 waren rund zwei Drittel der 18 Millionen Niederländerinnen und Niederländer gesetzlich krankenversichert, ein Drittel privat. Seit der Reform des Gesundheitssystems 2006 gilt eine einheitliche, verpflichtende Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung. Alle, die in den Niederlanden leben und arbeiten, müssen sich in der Basisversicherung absichern. Dabei haben sie die freie Wahl zwischen den Anbietern und können jährlich wechseln. Die Versicherer sind verpflichtet, jeden in die Basisversicherung aufzunehmen. Darüber hinaus bieten sie zusätzliche Leistungen an.

Finanzierung

Die Leistungen der Basisversicherung werden nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags vorwiegend durch Beiträge und Steuern finanziert. Etwa die Hälfte der Einnahmen stammt demnach aus einkommensabhängigen Beiträgen, die in der Regel der Arbeitgeber zahlt. Ein Drittel (30 Prozent) stammt aus für alle Versicherten gleich hohen Beiträgen (Kopfpauschalen). Die Höhe dieser Prämie legen die Versicherer pauschal für alle Versicherten fest. Dafür zahlen die Versicherten nach Angaben der Wissenschaftlichen Dienste 2025 im Schnitt 157 Euro pro Monat. Weitere 20 Prozent der Einnahmen sind Steuermittel; damit werden die beitragsfreie Versicherung von Kindern bis 18 Jahre sowie Beitragszuschüsse für einkommensschwache Versicherte finanziert. Zur Kompensation unterschiedlicher Risiken gibt es – ähnlich wie in Deutschland – einen Risikoausgleich über einen Krankenversicherungsfonds.

Kostenbeteiligung

Zusätzlich zum Versicherungsbeitrag müssen Erwachsene für Gesundheitsleistungen einen Selbstbehalt von mindestens 385 Euro pro Jahr tragen. Davon ausgenommen sind unter anderem Hausarztbesuche, die Geburtshilfe und bestimmte Behandlungen chronischer Erkrankungen. Versicherte können eine höhere Eigenbeteiligung wählen, wodurch die monatlichen Beiträge niedriger sind. Außerdem können sie eine zusätzliche Versicherung abschließen, um die Kosten beispielsweise für Zahnarztbesuche sowie Brillen und Kontaktlinsen abzudecken. Etwa 70 Prozent der Niederländer verfügen über eine solche Zusatzversicherung.

Zahnmedizin in den Niederlanden

  • Bevölkerung: 18 Millionen (Stand: 1. Januar 2025)

  • 9.555 Zahnärztinnen und Zahnärzte praktizieren nach Angaben des niederländischen Zahnärzteverbands KNMT in den Niederlanden. Die meisten (rund 85 Prozent) waren Anfang 2025 Mitglied der KNMT, der Berufsorganisation für Zahnärzte, Kieferorthopäden und Oralchirurgen. Sitz des vor 100 Jahren gegründeten Verbands ist Utrecht. Zahnärztekammern gibt es in den Niederlanden nicht.

  • 40,3 Prozent der aktuell 8.167 aktiven KNMT-Mitglieder sind Praxisinhaber. 2023 waren es noch 44,1 Prozent. Durch die stärkere Zusammenarbeit ist die Zahl der Einzelpraxen laut KNMT in den vergangenen Jahren zurückgegangen.

  • Etwa 4.300 Zahnarztpraxen gibt es Schätzungen des Verbands zufolge in den Niederlanden. Davon sind 34 Prozent Einzelpraxen, 53 Prozent Gemeinschaftspraxen, und 13 Prozent Kettenpraxen.

  • Die Versorgung besonders schutzbedürftiger Gruppen organisieren Zentren für besondere Zahnmedizin (Centra voor Bijzondere Tandheelkunde).

Leistungen der Krankenversicherung

Der Leistungsumfang der Basisversicherung ist gesetzlich festgelegt und bei allen Versicherern gleich. Die verpflichtende Krankenversicherung für alle deckt die ärztliche und therapeutische Grundversorgung, Medikamente und die meisten fachärztlichen Leistungen ab. Auch Medizinprodukte, die psychiatrische Versorgung und die ambulante Pflege sind inbegriffen.

Für bestimmte medizinische Leistungen fallen wie in Deutschland Zuzahlungen an. Für Zahnersatz berechnen die Versicherer einen Eigenanteil von acht, zehn oder 25 Prozent, für Hörgeräte von 25 Prozent. Auch für Arzneimittel müssen Versicherte oft zuzahlen, in der Regel übernehmen die Versicherer lediglich die Kosten für die preisgünstigste Variante des jeweiligen Arzneimittels. Der Eigenanteil für Arzneimittel ist den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags zufolge auf maximal 250 Euro im Jahr begrenzt.

Zahnärztliche Leistungen

Für Kinder bis 18 Jahre übernehmen die Krankenkassen nach Angaben der BZÄK die Kosten für Zahnbehandlungen – einschließlich Prophylaxe sowie für maximal zwei Fluoridanwendungen pro Jahr (ab sechs Jahren). Sie tragen auch die Kosten für Versiegelungen, Parodontalbehandlungen und chirurgische Eingriffe.

Im Durchschnitt werden etwa 30 Prozent der zahnärztlichen Versorgung in den Niederlanden durch die Grundversicherung gedeckt. Darüber hinaus verfügen rund 70 Prozent der Bevölkerung über eine Zusatzversicherung für Zahnarztkosten nach Angaben der KNMT.(Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2022 rund 35,6 Prozent der Leistungen privat gezahlt. Der Löwenanteil (64,4 Prozent) stammte hingegen aus öffentlichen Geldern.) Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nur bei speziellen chirurgischen Eingriffen. Bei Zahnersatz müssen sich die Versicherten zu etwa 25 Prozent an den Kosten für Prothesen beteiligen.

Rund 4.300 Zahnarztpraxen gibt es derzeit in den Niederlanden, schätzt der niederländische Zahnärzteverband KNMT.

Etwa 30 Prozent der Zahnärzte in den Niederlanden haben ihre Ausbildung im Ausland absolviert.

Etwa 70 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu versicherter zahnmedizinischer Versorgung.

Primärarztprinzip

Alle Niederländer müssen sich bei einem Hausarzt ihrer Wahl einschreiben. Er ist stets der erste Ansprechpartner und überweist bei Bedarf an Fachärzte oder Krankenhäuser. Gehen Patienten direkt zu einem Facharzt oder in die Klinik, übernehmen die Krankenkassen die Kosten nur, wenn es sich um einen Notfall handelt.

Die haus- und fachärztliche Versorgung erfolgt in Praxen sowie in Ambulanzen privater Krankenhäuser. Viele chronisch kranke Patienten werden durch speziell geschulte Pflegekräfte ambulant betreut.

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