Aus der Wissenschaft

Nicht-invasive Bildgebungsverfahren zur Beurteilung der Gewebeperfusion

Peer W. Kämmerer
Die mikrovaskuläre Durchblutung spielt eine zentrale Rolle bei oralen Erkrankungen und bei der Wundheilung. Neue bildgebende Verfahren ermöglichen erstmals eine quantitative und nicht-invasive Beurteilung dieser Prozesse. Die hier besprochene systematische Übersichtsarbeit analysiert die aktuell verfügbaren Techniken zur objektiven ­Messung der Gewebeperfusion in parodontalen und oralen Weichgeweben.

Die orale Mikrozirkulation ist entscheidend für Diagnose, Prognose und Heilung vieler oraler Erkrankungen. Insbesondere bei Parodontitis, bei periimplantären Entzündungen und nach chirurgischen Eingriffen kann die Gewebeperfusion wertvolle Informationen zum Heilungsverlauf liefern. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit war es, alle derzeit verfügbaren nicht-invasiven, quantitativen Bildgebungsverfahren zur Analyse der Blutflussdynamik im Mundraum zusammenzutragen und hinsichtlich ihrer klinischen Anwendbarkeit zu bewerten.

Materialien und Methoden

Die Autorengruppe aus den USA durchsuchte fünf große Datenbanken (PubMed, Embase, CINAHL, Dentistry and Oral Sciences Source, Cochrane Trials) bis Oktober 2023. Eingeschlossen wurden In-vivo-Studien an Menschen und Tieren, die quantitative Perfusionsdaten mittels bildgebender Verfahren erhoben hatten. Ausschlusskriterien waren Ex-vivo-Studien, Reviews und nicht-englische Artikel. Die methodische Qualität wurde mit den Tools RoB2 (für randomisierte kontrollierte Studien) und ROBINS-I (für nicht-randomisierte Studien) bewertet.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 91 Studien ausgewertet, davon drei randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und 88 nicht-randomisierte Studien. Die identifizierten bildgebenden Verfahren waren:

  • Laser Doppler Flowmetry (LDF): häufigstes Verfahren zur punktuellen Messung des Blutflusses, empfindlich gegenüber Bewegungsartefakten

  • Laser Speckle Contrast Imaging (LSCI): zweidimensionale Visualisierung oberflächlicher Perfusion mit anatomischem Bezug

  • Ultraschall (Color Flow und Power Doppler): größere Eindringtiefe, zunehmend für parodontale Gewebeperfusion genutzt

  • Spektrale Bildgebung (Diffuse Reflectance Spectroscopy DRS, Near-Infrared Spectroscopy NIRS, Orthogonal Polarization Spectral Imaging OPS, Sidestream Dark Field Imaging SDF): Informationen zu Sauerstoffsättigung, Hämoglobinkonzentration und Kapillardichte

  • Videomikroskopie und Videokapillaroskopie: direkte Visualisierung kleinster Gefäße, begrenzte Standardisierung

Die Stärken und Limitationen der Verfahren wurden hinsichtlich Auflösung, Eindringtiefe, Bildqualität und Handhabbarkeit verglichen. Festgestellt wurde, dass laserbasierte Verfahren (vor allem LDF und LSCI) am häufigsten verwendet werden, während der Ultraschall und die spektrale Bildgebung zusätzliche funktionelle Parameter wie Sauerstoffsättigung und Gewebszusammensetzung liefern können. Jede Methode weist spezifische Stärken und Limitationen in Bezug auf Auflösung, Eindringtiefe und klinische Anwendbarkeit auf.

Zusammenfassung und Bewertung

Diese Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über die modernen Methoden zur nicht-invasiven Erfassung der oralen Mikrozirkulation. LDF und LSCI sind besonders praktikabel im klinischen Alltag, während spektrale Verfahren tiefergehende Informationen über die Gewebezusammensetzung liefern. Der Ultraschall zeigt vielversprechende Perspektiven für die periimplantäre Diagnostik. Die Autoren betonen den Bedarf an standardisierten Protokollen und weiteren validierten klinischen Studien, um diese Technologien in die Routinediagnostik zu integrieren.

Die Studie:
Rodriguez A, Kripfgans O, Aellos F, Velasquez D, Baltazar A, Chan H-L (2025): Non-invasive and quantitative methods for assessment of blood flow in periodontal and oral soft tissues: a systematic review. Front. Dent. Med. 6:1587821. DOI: 10.3389/fdmed.2025.1587821

Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer

Leitender Oberarzt/
Stellvertr. Klinikdirektor
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer-
und Gesichtschirurgie – Plastische
Operationen, Universitätsmedizin Mainz
Augustusplatz 2, 55131 Mainz

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