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Ärztebefragung zur Führungskultur

„Die Machtstrukturen in Kliniken sind ungesund!“

Betroffene berichten von täglichen Pöbeleien und Beschimpfungen, fehlender Kommunikation auf Augenhöhe sowie einer manifestierten Abhängigkeit durch starre Hierarchiestrukturen. Der Marburger Bund Hamburg meldet: Die Medizin hat ein Führungsproblem.

Die Machtstrukturen in Kliniken sind ungesund. Kaum eine andere Branche ist durch eine so starke Machtkonzentration bei gleichzeitiger Abhängigkeit von Vorgesetzten geprägt. Das schafft einen Nährboden für Machtmissbrauch – eine Realität, die wir auch in Hamburg nur zu gut kennen“, sagt Dr. Pedram Emami, Vorsitzender des Marburger Bundes Hamburg. „Wir brauchen mehr Transparenz bei Stellenbesetzungen, mehr Vielfalt in Führungs-positionen und eine kooperative Arbeitskultur, die auch für die junge Ärztegeneration attraktiv ist.“

Laut Umfrage des Marburger Bundes erleben die meisten Ärztinnen und Ärzte die Hierarchien in ihrem Arbeitsumfeld als machtzentriert, erschwerend für Teamarbeit und Eigeninitiative und hinderlich für Innovation und Vielfalt. Dies spiegelt sich auch in zahlreichen Freitext-Kommentaren wider. Darin wird von „täglichem Pöbeln und Beschimpfen durch die Führungsebene“, fehlender Kommunikation auf Augenhöhe und einer manifestierten Abhängigkeit durch starre Hierarchiestrukturen berichtet – vor allem während der fachärztlichen Weiterbildung.

Zudem gaben 81 Prozent der Befragten an, im Laufe ihrer­ ärztlichen Tätigkeit bereits mit rassistischen, sexistischen oder anderen sachfremden Kommentaren konfrontiert gewesen zu sein. Die 199 Freitext-Beispiele zeichnen ein erschreckendes Bild vom Arbeitsklima in Hamburger Kliniken­.

Ein strukturelles Problem und vielerorts Alltag

„Unsere Umfrage zeigt: Machtmissbrauch ist strukturell verbreitet – das sind keine Einzelfälle“, sagt Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin des MB Hamburg. „Misogyne, ­sexistische, aber auch homophobe und rassistische Kommentare gehören leider auch im Jahr 2025 noch zum Alltag vieler Ärztinnen und Ärzte. Das muss sich endlich ändern – und deshalb wollen wir das noch mehr öffentlich machen.“ Der Marburger Bund hat die Umfrage initiiert, um eine ­kritische Auseinandersetzung mit dem Thema anzustoßen und die Diskussion über Hierarchien, Machtmissbrauch und mangelnde Vielfalt in Führungspositionen voranzutreiben.

Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) beurteilt die Besetzungsverfahren für ärztliche Führungspositionen in ­ihrer Klinik als intransparent und kaum an objektiven Kriterien orientiert. Zudem geben 54 Prozent an, dass Führungspositionen „kaum oder gar nicht divers“ besetzt sind. In rund 400 Freitext-Antworten formulieren die Ärztinnen und Ärzte konkrete Vorschläge, wie Führung künftig diverser, ­gerechter und zukunftsfähiger gestaltet werden kann.

„Wenn du planen solltest, ein Kind zu bekommen, geht es hier nicht für dich weiter!“

Freitextantwort zur Frage „Sind Ihnen in Ihrer ärztlichen Laufbahn schon einmal rassistische, sexistische oder andere sachfremde Kommentare begegnet?”

„Förderung erfolgt nicht nach Leistung, sondern nach subjektiver Beliebtheit!”

Freitextantwort zur Frage „In welchen Bereichen erleben Sie Führungsentscheidungen als intransparent oder ungerecht?”

Gefordert werden unter anderem bessere Personalführungskompetenzen in leitenden Positionen, gezielte Frauenförderung und Quoten für Frauen, die Möglichkeit von Teilzeitführung etwa in Form von Doppelspitzen sowie sachliche und nachvollziehbare Kriterien bei Stellenbesetzungen und Beförderungen.

Zwischen dem 7. und dem 25. Juli nahmen rund 500 Ärztinnen und Ärzte an der Umfrage des MB Hamburg zu Machtstrukturen und Führungskultur in Hamburger Kliniken teil. Von den Befragten sind 62 Prozent Frauen. 36 Prozent der Befragten befinden sich aktuell in der fachärztlichen Weiterbildung, 31 Prozent arbeiten als Fachärztin oder Facharzt, weitere 22 Prozent als Oberärztin oder Oberarzt.

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