Ärzte verlassen Somalia
Sämtliche Projekte werden eigestellt, teilte Ärzte ohne Grenzen international (Médecins Sans Frontières, MSF) am Mittwoch in Nairobi mit. Grund für den Rückzug seien zahlreiche äußerst gewalttätige Angriffe auf Mitarbeiter bis hin zu Entführungen und Ermordungen und ein Umfeld, in dem bewaffnete Gruppen und zivile Autoritäten solche Angriffe zunehmend unterstützten, tolerierten oder stillschweigend duldeten.
Unhaltbare Risiken für die Mitarbeiter
Bislang arbeiteten mehr als 1.500 MSF-Mitarbeiter in Somalia. Sie versorgten jährlich Hunderttausende Menschen. "Wir beenden unsere Programme in Somalia, weil die Situation im Land zu einem unhaltbaren Ungleichgewicht geführt hat zwischen den Risiken, die unsere Mitarbeiter eingehen müssen, und unseren Möglichkeiten, der somalischen Bevölkerung zu helfen", sagt MSF-Präsident Dr. Unni Karunakara.
Zu den jüngsten Vorfällen in Somalia zählen die brutale Tötung zweier Mitarbeiter in Mogadischu und die gewaltsame Entführung von zwei Mitarbeiterinnen aus dem Flüchtlingslager Dadaab in Kenia. Die Entführung endete erst vergangenen Monat nach 21-monatiger Geiselhaft in Süd- und Zentral-Somalia.
Zivilbevölkerung zahlt den höchsten Preis
Seit 1991 erlebte die Organisation Dutzende Angriffe auf Mitarbeiter, Krankenwagen und medizinische Einrichtungen. Insgesamt wurden insgesamt 16 Mitarbeiter getötet. In einigen Fällen waren nach Angaben der Organisation dieselben Akteure, mit denen MSF minimale Sicherheitsgarantien für die medizinische und humanitäre Arbeit verhandeln musste, direkt an Übergriffen auf Projektmitarbeiter beteiligt oder haben diese stillschweigend gebilligt.
"Letztendlich zahlt die Zivilbevölkerung in Somalia den höchsten Preis", erklärt Karunakara. "Ein Großteil der Somalier hat das Land noch nie ohne Krieg oder Hungersnot erlebt. Die Bevölkerung erhält ohnehin weit weniger Hilfe als notwendig. Durch die Angriffe bewaffneter Gruppen auf humanitäre Hilfsorganisationen, die von den zivilen Repräsentanten akzeptiert werden, verliert die somalische Bevölkerung nun noch den letzten Zugang zu medizinischer Versorgung."