Positionspapier zu Gesundheitsdaten vorgestellt

bvitg: Digitalisierte Versorgung braucht einheitliche Regelungen

pr/pm
Der Bundesverband Gesundheit-IT (bvitg) sieht bei der digitalisierten Versorgung von Patienten Handlungsbedarf. Er empfiehlt eine datenbasierte Gesundheitsversorgung – auf Basis von einheitlichen Rechtsgrundlagen, Vernetzung und Interoperabilität.

Im Vorfeld der Ankündigung eines Digitalisierungsgesetzes, zu dem ein Entwurf Mitte des Jahres vorliegen soll, hat sich der bvitg mit einem Positionspapier ins Gespräch gebracht.

Big Data-Analysen und KI-Methoden bieten laut Verband ein hohes Potenzial, um Diagnostik und Therapie zu verbessern. Bei der Bekämpfung chronischer Krankheiten wie Demenz, Herzinsuffizienz oder Krebs bieten Big-Data-Anwendungen die Möglichkeit, Behandlungen schneller zu gestalten und individueller auf den Patienten auszurichten. Eine intelligente und datenbasierte Gesundheitsversorgung steigert die Lebensqualität und verbessert die Versorgung dauerhaft, heißt es in dem Papier.

Was jedoch fehlt, sei die notwendige Grundlage für solche Datenverwendungen. Viele Versorgungsprozesse seien noch papiergebunden, es gebe keine verbindlichen Standards. Und, so führt der bvitg weiter an, eine heterogene Datenschutzregulierung auf Bundes- und Landesebene sowie fehlende Leitplanken zur Anonymisierung und Pseudonymisierung stünden einer innovativen Datennutzung im Gesundheitswesen diametral entgegen.

Der bvitg empfiehlt ein dreiteiliges Vorgehen, um die Potentiale in der Gesundheitsversorgung zu stärken:

  • 1. Durch Digitalisierung der Versorgungsprozesse sowie der Schaffung einheitlicher Rechtsgrundlagen die Daten im Gesundheitswesen erfassbar machen:

Analog soll digital werden: Gerade beim Wechsel zwischen zwei Versorgungseinrichtungen werden viele Informationen auf Papier übertragen. Dies betrifft nicht nur Arztüberweisungen, sondern auch die Verschreibung von Medikamenten, Labor- und Untersuchungsbefunde bis hin zu den papiergebundenen Abrechnungen medizinischer Leistungen. Rund 80 Prozent der Arztbriefe werden noch immer analog über das Fax verschickt. Rund fünf Milliarden Papierdokumente werden jedes Jahr in der Gesundheitsversorgung erstellt und gedruckt, ohne dass ein Großteil der darin enthaltenen Daten jemals digital erfasst wird. Sofern Prozesse bereits elektronisch abgebildet werden (wie zum Beispiel die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung), werden die dazu gehörenden Daten jedoch in der Regel in einer Form gespeichert, die eine automatisierte Verwendung nicht zulässt. PDF-basierte Dokumente sind nicht in der Lage, die Datenbasis für automatisierte Verarbeitungen zu bilden.Moderne und zukünftige Behandlungsmethoden in einer digitalisierten und individualisierten Gesundheitsversorgung basieren jedoch auf Datenverfügbarkeit, heißt es weiter. Die Abkehr von papiergebunden Versorgungsprozessen durch die Förderungen von digitalen Anwendungen, wie eRezept, eArztbrief oder die elektronische Patientenakte (ePA), gilt es laut Verband deshalb zu forcieren und verpflichtend umzusetzen.Digitalisierung soll im Gesetzentwurf berücksichtigt werden: Dazu führt der Verband an: Gesundheitsdaten müssen in jedem Versorgungsprozess strukturiert erfasst werden. Dies gilt sowohl im ambulanten und im stationären Bereich, aber auch in der Forschung, der Pflege und Physiotherapie. Der Effizienzgewinn im Gesundheitssystem durch eine effektive Digitalisierung dieser Prozesse beziffert der Verband Studien zufolge mit rund 39 Milliarden Euro. Digitalisierung muss deshalb in jedem Gesetzgebungsverfahren aktiv mitgedacht werden, fordert er. So sollte in jedem Gesetzgebungsprozess geprüft werden, wo eine papiergebundene Verarbeitung durch elektronische Verfahren ersetzt oder ergänzt werden können.Notwendig ist für den bvitg auch eine einheitliche Rechtsgrundlage bei der Datenverwendung: Dazu führt er an: Der Gesundheitsdatenschutz der stationären Versorgung sowie des Rettungsdienstes liegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Es bestehen dort Unterschiede hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen zur Nutzung von Patientendaten. Die Datenverarbeitung hält der bvitg durch den Flickenteppich landestypischer, divergierender Regulierungen erheblich erschwert. Vor allem die Landesdatenschutz- und Landeskrankenhausgesetze wie auch datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen für die evangelischen und katholischen Krankenhäuser müssen in Bezug auf die Patientenbehandlung vereinheitlicht werden, damit das Potenzial moderner digitaler Behandlungsmöglichkeiten genutzt werden kann, fordert der Verband. Auch verweist der bvitg auf die uneinheitliche Kodifizierung der gesetzlichen Anforderungen: Während einige Bundesländer den Datenschutz in ihren Landeskrankenhausgesetzen regeln, finden sich in anderen Bundesländern spezifische Krankenhausdatenschutzgesetze oder Gesundheitsdatenschutzgesetze.

  • 2.  Für eine gesellschaftlich erwünschte Nutzung der Daten sind einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen unerlässlich:

Einheitliche Grundlagen: Der bvitg hält insbesondere eine Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen zur geforderten Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten, wie dies zum Beispiel beim aktuellen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder auch im SGB X bezüglich Forschung gefordert wird, für notwendig. Ohne eine konkrete Darstellung, was der Gesetzgeber als „anonymisierte Daten“ definiert, ist für den Verband eine berechtigte Weitergabe von diesen Daten erheblich eingeschränkt, was den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland gegenüber anderen Ländern deutlich benachteiligt. Dies gilt für den Verband insbesondere auch für Bereiche, in denen die Nutzung der Daten durch die Privatwirtschaft (Anbieter medizinischer Software und Unternehmen der Medizintechnik) im Interesse des medizinisch-technischen Fortschritts und des Patientenwohls oder der öffentlichen Gesundheit liegt.

  • 3. Im europäischen Kontext eine syntaktische und semantische Interoperabilität sichern:

Der bvitg fordert, im nationalen und europäischen Kontext einen sektor- und länderübergreifenden Datenaustausch zu ermöglichen: Gesundheits- und Sozialdaten sind komplex, stammen aus vielfältigen Quellen - dazu zählen beispielsweise diagnostische Geräte, Computersimulationen, klinische Studien oder ärztliche Befunde – und liegen in ebenso vielfältigen Dateiformaten vor. Um den Datenaustausch zum Beispiel von einem ambulanten Praxisverwaltungssystem eines Hausarztes über ein klinisches Informationssystem einer stationären Einrichtung eines Universitätsklinikums in eine pflegerische Rehabilitationseinrichtung zu ermöglichen, bedarf es syntaktischer und semantischer Interoperabilität. Ohne eine verbindliche Festlegung und Formulierung von Datenstrukturen auf international anerkannte Standards ist ein system- und sektor-übergreifender Datenaustausch nicht möglich.

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