Chrono-biologischer Stress kann Suizidrisiko erhöhen
Dieser Anstieg ist unabhängig von bekannten Risikofaktoren für suizidale Handlungen. Psychischer Stress am Arbeitsplatz hingegen weist keinen Zusammenhang mit der Suizidhäufigkeit auf. Diese Befunde wiesen Forscher um Prof. Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz Zentrum München zusammen mit der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Klinikums rechts der Isar nach.
Physischer Stress erhöht das Suizidrisdiko um das Dreifache
Während verschiedene Studien in der Vergangenheit zeigten, dass ungünstige Arbeitsbedingen in engem Zusammenhang zu erhöhtem Auftreten von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen stehen, war bislang unklar, inwieweit sich ungünstige Arbeitsbedingungen und beruflicher Stress auch auf das Suizidrisiko auswirken.
Dazu untersuchten Dr. Jens Baumert und Kollegen bei etwa 7.000 Teilnehmern prospektiv den Zusammenhang von chrono-biologisch, körperlich und psychosozial belastenden Arbeitsbedingungen sowie beruflichem Stress mit dem Auftreten von Selbstmorden.
Unabhängig von Geschlecht, Alter, Bildungsgrad und anderen Risikofaktoren
Das Ergebnis: Ein hohes Ausmaß an chrono-biologisch und körperlich belastenden Arbeitsbedingungen wie beispielsweise Überstunden, Wechselschichten, Akkordarbeit, Lärm oder Schadstoffe erhöht das Risiko für einen Suizid um das fast Dreifache. Dies gilt unabhängig von Geschlecht, Alter, Bildungsgrad, Familienstatus, Alkoholkonsum und von weiteren suizid-relevanten Risikofaktoren.
Psychische Faktoren: eher geringen Einfluss
Im Gegensatz dazu haben psychosozial belastende Arbeitsbedingungen oder beruflicher Stress keinen oder nur geringen Einfluss auf das Suizidrisiko.
Daraus lässt sich den Wissenschaftlern zufolge schließen, dass Verbesserungen im Arbeitsumfeld, insbesondere hinsichtlich chrono-biologisch oder körperlich belastender Bedingungen, eine wertvolle Strategie im Hinblick auf die Vermeidung von suizidalen Handlungen von Arbeitnehmern darstellen könnten.
Hintergrund für den gezeigten Zusammenhang könnte sein, dass eine Tätigkeit unter dauerhaft chrono-biologisch oder körperlich belastbaren Arbeitsbedingungen Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Resignation bis hin zu „sich aufgeben“ fördern können, was längerfristig mögliche suizidale Handlungen begünstigen könnte.
Baumert J, Schneider B, Lukaschek K, Emeny RT, Meisinger C, Erazo N, Dragano N, Ladwig KH. Adverse conditions at the workplace are associated with increased suicide risk. Journal of Psychiatric Research 57 (2014) 90-95