Die Therapie als Wirtschaftsfaktor

ck/pm
Gesellschaft
Kaum eine Situation macht Menschen unzufriedener mit dem Leben als eine psychische Erkrankung. Ein britischer Wissenschaftler zeigt dies auf und fordert mehr Staatsgelder für Therapien - im Sinne des Bruttosozialprodukts.

In Australien, Deutschland und Großbritannien tragen psychische Erkrankungen weit stärker zum Unglück von Menschen bei als körperliche Leiden. Und im Vergleich dazu beeinflussen Arbeitslosigkeit und Einkommen die Lebenszufriedenheit weniger. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie des renommierten britischen Wohlfahrtsökonomen Richard Layard, Leiter des Wellbeing Programme am Centre for Economic Performance der London School of Economics and Political Science. Die gesundheitspolitische Studie verfasste er zusammen mit drei Kollegen für den World Happiness Report.

Unbehandelte Störungen und Ängste

Für die Analyse wurden neben den deutschen SOEP-Daten auch Daten von Langzeitstudien aus Australien (HILDA: Household, Income and Labour Dynamics in Australia) und Großbritannien (BHPS: British Household Panel Survey) ausgewertet. In diesen drei Studien geben die Befragten auf einer Skala von null bis zehn beziehungsweise null bis sieben an, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind. Für die Untersuchung wurden die 25 Prozent der Befragten als „unglücklich“ definiert, die die jeweils niedrigsten Zufriedenheitswerte angegeben hatten. Ausgewertet wurden die Daten aller Befragten älter als 25 Jahre.

Die Autoren schätzen dass weltweit etwa jeder Zehnte unter Depressionen und Angststörungen leidet. Psychischen Erkrankungen seien die Ursache von bis zu einem Fünftel aller Fälle von Erwerbsunfähigkeit. Gleichzeitig befinde sich selbst in reichen Ländern weniger als ein Drittel der Betroffenen in therapeutischer Behandlung.

Plädoyer für die Therapie

Depressionen und Angststörungen könnten heute mithilfe evidenzbasierter Verfahren erfolgreich behandelt werden, sagt Layard. Dennoch gebe kaum eine Regierung mehr als 15 Prozent ihres Gesundheitsetats für die Behandlung seelischer Erkrankungen aus „Das ist diskriminierend für psychisch Erkrankte im Vergleich zu körperlich Erkrankten und zudem auch wirtschaftlich unvernünftig“, sagt Layard.

Wenn mehr psychisch Kranke therapeutisch versorgt werden, könnte man Sozialhilfekosten sparen und müsste weniger Steuereinbußen aufgrund der Erwerbsunfähigkeit vieler Arbeitnehmer verkraften. Layard: „In reichen Ländern wäre wahrscheinlich eine für die Staatskassen kostendeckende Behandlung der von psychischen Leiden Betroffenen möglich.“ Mental Illness and Unhappiness. Richard Layard, Dan Chisholm, Vikram Patel, Shekhar Saxena. SOEPpapers 600.

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