"Es gibt keine Standardqualität"
Der diesjährige Fachkongress von "Monitor Versorgungsforschung" behandelte die Qualitätsorientierung aus Sicht der Politik und Selbstverwaltung". Warum ist das Thema so akut?
Qualität ist für die Zahnärzteschaft ein wichtiges Thema. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben schon 1988 das erste Grundsatzpapier zur Qualitätsförderung vorgelegt. Dieses Grundsatzpapier, das die Positionierung des Berufsstandes zur Qualität in der Zahnmedizin beschreibt, wurde zuletzt 2014 als Agenda fortgeschrieben und aktualisiert.
Der Umgang mit Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung und Leitlinien ist selbstverständlich und gehört zum festen Bestandteil in der zahnärztlichen Praxis. In den letzten Jahren hat auch die Politik das Thema Qualität priorisiert und dem G-BA zunehmend Aufgaben zugewiesen. Die KZBV als Träger des G-BA ist auch dort intensiv in die Diskussionen eingebunden und begleitet ein erstes Qualitätssicherungsverfahren, dass der G-BA beschlossen hat.
"Qualität hat ihren Preis" sagt ein Sprichwort. In wie fern gilt das auch für die Zahnmedizin?
In der zahnärztlichen Versorgung ist die Förderung der Qualität auf die Erhaltung und Wiederherstellung oraler Strukturen der Patienten ausgerichtet. Qualitätsförderung dient somit dem Ziel, die Mundgesundheit und die Patientenzufriedenheit zu verbessern, wobei die Erwartungen der Patienten und ihre Mitarbeit (Compliance) eine zentrale Rolle spielen.
Neben der Patientenzufriedenheit ist der Nutzen ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung von Qualität. Medizinischer Nutzen wird dabei als erkennbarer positiver Effekt einer Behandlung im Sinne einer Verbesserung des Krankheitsverlaufs oder der -symptomatik verstanden, die insbesondere auch die Lebensqualität des Patienten einschließt.
Die Qualität der zahnmedizinischen Versorgung ist daher nicht absolut im Sinne einer isolierten Betrachtung der Ergebnisqualität, sondern immer bezogen auf das erreichbare Optimum in der jeweiligen individuellen Patientensituation zu sehen. Es gibt daher keine Standardqualität, die bei jedem Patienten in identischer Art und Weise erreicht werden kann und muss.
Eine angemessene Vergütungsstruktur für zahnärztliche Leistungen ist die wesentliche Voraussetzung einer auf Qualität ausgerichteten präventionsorientierten Versorgung.
Neue Anforderungen an die Praxis und der stetig steigende Aufwand für eine qualitätsorientierte, bedarfsgerechte, innovative Versorgung sind nur so zu erfüllen. Die Praxen müssen in der Lage sein, Investitionen, die der Verbesserung der Versorgung und der Stärkung der Patientensicherheit dienen, betriebswirtschaftlich leisten zu können.
Nur so kann gewährleistet werden, dass die Patienten am medizinischen und technischen Fortschritt teilhaben können. Eine Verknüpfung von Vergütungsanreizen und Qualität ist der falsche Weg. Dies fördert die Risikovermeidung und erschwert die zahnmedizinische Versorgung von schwerkranken Patienten.
Die KZBV ist eine der vier Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung, die den G-BA bilden. Welche großen Projekte stehen in der kommenden Zeit auf der Agenda und wie sollen sie umgesetzt werden?
Im G-BA wird über weitere Qualitätsthemen in der Zahnmedizin beraten. Die Regelungen zum Qualitätsmanagement in Zahnarztpraxen wurden Anfang 2014 auf den aktuellen gesetzlichen Stand gebracht. Derzeit ist die Entwicklung eines Qualitätssicherungsverfahrens zum Thema "Systemische Antibiotikatherapie im Rahmen der parodontalen und konservierend-chirurgischen Behandlung" an das AQUA-Institut beauftragt worden. Da der richtige Einsatz von Antibiotika über den zahnärztlichen Bereich hinaus zunehmend an Bedeutung gewinnt, halten wir das für ein sehr wichtiges Thema.
Auch bei der Diskussion um Aufgaben und Fragen der sogenannten sektorenübergreifenden Qualitätssicherung ist die KZBV intensiv beteiligt. Allerdings existieren nur wenige Themen der zahnärztlichen Qualitätsförderung mit sektorenübergreifenden Fragestellungen an den Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.
Im Zuge einer zahnmedizinischen Behandlung werden die Sektorengrenzen in der Regel nicht überschritten.
Den Besonderheiten der zahnmedizinischen Versorgung muss daher Rechnung getragen werden und insbesondere sollten im Bereich der Qualitätssicherung sektorenübergreifende Regelungen nur dann das Mittel der Wahl sein, wenn sie einer sinnvollen Verzahnung der verschiedenen Sektoren geschuldet sind und nicht nur einer bloßen Vereinheitlichung dienen.
Sinnvolle sektorspezifische Ansätze dürfen auch im G-BA nicht ohne sachlichen Grund dem bloßen Ziel sektorenübergreifender Regelungen untergeordnet werden. Vielmehr führt dies nur zu Regelungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner und behindert die Zahnärzteschaft in ihrem Bestreben nach einer den individuellen Bedürfnissen der Patienten entsprechenden Qualitätsförderung.
Die Fragen stellte Julian Thiel.