"Es gibt keinen Freedom Day!"
In der ersten Lesung zum Posten Gesundheit des Bundeshaushalts 2022 betonte Lauterbach: „Die Pandemie ist leider nicht vorbei.“ Dies werde auch beim Blick auf den Haushalt deutlich, der wesentlich größer ausfalle als ursprünglich geplant.
Mehr als 300.000 Neuinfektionen sind inakzeptabel
Zwar sei Deutschland bisher mit einer relativ niedrigen Sterblichkeit durch die Coronakrise gekommen. Allerdings seien 200 bis 300 Tote pro Tag und aktuell mehr als 300.000 Neuinfektionen inakzeptabel. Lauterbach betonte daher: „Es gibt keinen Freedom Day.“ Er warb für eine differenzierte Anwendung des geänderten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) je nach regionaler Infektionslage.
Long-COVID wird eine der wichtigsten chronischen Krankheiten
Lauterbach griff generell die enormen Kosten für Impfstoffe, Bürgertests, Arzneimittel und Ausgleichzahlungen für Krankenhäuser auf. Das Geld sei sinnvoll eingesetzt und werde nicht verschwendet, versicherte er. Der Minister verwies zudem auf die zusätzlichen Mittel in Milliardenhöhe für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und ging dabei auf künftige Belastungen ein. So sei damit zu rechnen, dass Long-COVID in der Zukunft zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen zählen werde. Er warb daher nachdrücklich für die Impfung und auch für eine allgemeine Impfpflicht.
Heftige Kritik kam von der Union
Heftige Kritik kam von der Union. Tino Sorge (CDU/CSU) warf der Bunderegierung eine chaotische Kommunikation in der Gesundheitspolitik vor. Das gelte auch für die langfristige Finanzierung des Gesundheitswesens. Es gebe offensichtlich keine Einigkeit in der Ampelkoalition, wie mit der Finanzierungslücke in der GKV umgegangen werden solle. Sorge mahnte, die Finanzierung des Gesundheitssystems sei eine Teamaufgabe.
Die Ärztin Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) ging auf die belastenden Zustände im Klinikalltag während der Pandemie und die enorme Belastung für das Personal ein. Es sei zwar Geld mit vollen Händen ausgegeben worden, um die Folgen der Pandemie abzufedern, aber mit Geld allein könnten keine Krankenhausbetten betrieben und Patienten versorgt werden. Notwendig sei ausreichend Personal, das sei aber teilweise nicht vorhanden.
Die SPD übte Selbstkritik
Auch die Abgeordnete Svenja Stadler (SPD) äußerte sich teilweise selbstkritisch zur bisherigen Gesundheitspolitik und forderte grundsätzlich neue Weichenstellungen. So fehle es an Fachkräften in Kliniken und Pflegeheimen, auch Ärzte fehlten, Apotheken müssten schließen, weil die Nachfolge nicht geregelt sei. Die Digitalisierung wertete sie insgesamt als eine Chance für das Gesundheitswesen. Der Abgeordnete Karsten Klein (FDP) hingegen attestierte der Bundesregierung ein erfolgreiches Krisenmanagement. Mehrere Corona-Wellen seien überstanden, der Bund agiere in der Pandemie sehr kraftvoll und investiere Geld in Krankenhäuser, den Gesundheitsfonds, in Tests und Impfungen sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Nach Ansicht der AfD-Fraktion wird die Bevölkerung in der Coronakrise systematisch drangsaliert. Wolfgang Wiehle (AfD) sagte, es sei ein Unterschied, Politik für die Gesundheit zu machen oder mit Krankheit Politik zu machen. Den Bürgern werde ein bestimmtes Verhalten aufgezwungen. Das mache sich auch im Haushalt bemerkbar. Der Gesundheitsetat zeige eine „deutliche Aufblähung“ und sei so groß wie nie zuvor, kritisierte er. Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) forderte, die Gesundheitspolitik müsse einen höheren Stellenwert bekommen und finanziell besser untersetzt werden. Sie nannte zum Vergleich das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr.
Die zweite Beratung des Haushalts im Bundestags-Plenum ist für die Sitzungswoche vom 31. Mai bis 3. Juni geplant.