Social Media propagiert gefährliche Hypes

Essstörungen bei jungen Frauen steigen um über 50 Prozent

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Medizin
Die Anzahl an Essstörungen bei jungen Frauen ist in den letzten zehn Jahren um über 50 Prozent gestiegen. Das belegen Daten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH). Dabei spielen vor allem soziale Medien eine Rolle.

Vermeintlich perfekte Bilder von vermeintlich perfekten Körpern auf Instagram, TikTok & Co. schüren vor allem bei Jugendlichen Selbstzweifel, die zu seelischen Erkrankungen wie Essstörungen führen können. Junge Frauen scheinen besonders belastet zu sein, denn laut Daten der KKH sind die Fälle von Magersucht, Bulimie und Binge Eating bei den 12- bis 17-jährigen Mädchen stark angestiegen: in den Jahren 2012 bis 2022 von 90 auf 139 Fälle pro 10.000 Versicherte. Das entspricht einem Plus von 54 Prozent. Auch die Corona-Pandemie scheint vor allem den Teenagerinnen auf die Seele geschlagen zu sein, denn allein vom Vor-Corona-Jahr 2019 auf 2022 registriert die KKH bei ihnen eine Zunahme von 38 Prozent (von 101 auf 139 pro 10.000 Versicherte).

Eine Taille, so dünn wie ein Din A4-Blatt

Der Anteil der 12- bis 17-jährigen Mädchen mit Essstörungen ist im Vergleich zu den gleichaltrigen Jungen (38 Fälle pro 10.000 Versicherte) etwa viermal so hoch, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt (54 Fälle pro 10.000 Versicherte) gut 2,5-mal so hoch. 2022 wurden demzufolge rund 455.000 Menschen in Deutschland wegen Magersucht, Bulimie oder Binge Eating ambulant behandelt.

Für die Datenanalyse wurden ICD-10 (F50) Codes von KKH-Versicherten aus den Jahren 2012 und von 2019 bis 2022 anonymisiert ausgewertet. Experten unterscheiden unter dem Code F50 drei Hauptformen von Essstörungen: die Magersucht (Anorexia nervosa), die Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa) und die Binge-Eating-Störung. Der Anteil der betroffenen KKH-Versicherten im Jahr 2022 wurde dann auf die deutsche Bevölkerung hochgerechnet.

Social-Media-Plattformen sind ein Kosmos der Filter, gestellter Bilder und häufig unrealistischer Körpertrends – etwa eine Taille, die so dünn ist wie ein DinA4-Blatt. Doch gerade junge Frauen sind anfällig für solche Ideale. „Sie vergleichen sich intensiver in sozialen Medien als gleichaltrige Jungen und beschäftigen sich stärker mit sich selbst. Außerdem spüren sie einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen“, sagt KKH-Psychologin Franziska Klemm.

Gefährliche Hyper unter #legginglegs

Erst Ende 2023 sorgte ein gefährlicher Trend unter dem Hashtag #legginglegs für Aufsehen, als Frauen Videos in engen Hosen posteten und dabei die Lücke zwischen ihren Oberschenkeln anpriesen. Bereits vor rund zehn Jahren kursierte unter dem Namen ‚Thigh Gap‘ ein ähnlicher Hype, der einen durchgängigen Freiraum zwischen den Innenseiten der Oberschenkel als besonders begehrenswert propagierte. 

Je intensiver die Nutzung sozialer Medien ist, desto größer ist auch das Risiko für eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, für Bodyshaming und damit verbundene Essstörungen. Das könnte auch den deutlichen Anstieg der Zahlen während der Pandemie erklären, denn in dieser Zeit haben sich Kinder und Jugendliche noch intensiver mit Instagram und TikTok sowie den dort vermittelten Bildern beschäftigt. Besonders anfällig für Essstörungen sind Heranwachsende, die bereits unter seelischen Problemen leiden oder einen geringen Selbstwert haben.

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