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EU-Dienstleistungspaket: Berufsrecht in Gefahr

pr
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Mit dem von der EU-Kommission verabschiedeten Dienstleistungspaket sind Regeln aufgestellt, die das Berufsrecht der Freien Berufe tangieren könnten. Auch die Zahnärzteschaft könnte betroffen sein.

Am 10. Januar hat die EU-Kommission ein Dienstleistungspaket vorgelegt mit Initiativen, die schon im vergangenen Oktober angekündigt wurden. Ziel soll sein, mehr Wirtschaftswachstum in der EU zu generieren und die aus Sicht der Kommission überflüssigen nationalen Regulierungen zu verhindern.

Geplant sind:

  • ein Richtlinienvorschlag für einen Proportionalitätstest beziehungsweise eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor der Verabschiedung von künftigen Berufsregulierungen,

  • eine Mitteilung über Reformempfehlungen bei bestimmten regulierten Berufen,

  • ein Verordnungsvorschlag für eine Europäische Dienstleistungskarte sowie ein Richtlinienvorschlag über den rechtlichen und operativen Rahmen dieser Karte

  • und ein Richtlinienvorschlag zur Reform des Notifizierungsverfahrens

Aus Sicht des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB) werden diese Vorschläge den Rechtfertigungs- und Deregulierungsdruck auf die Freien Berufe weiter erhöhen. Insbesondere das etwaige Zusammenwirken der einzelnen Initiativen könnte in der Praxis bedenklich werden.

Die BZÄK hat den Brüsseler Vorstoß bereits massiv kritisiert: Berufliche Regelungen würden unter den Generalverdacht gestellt, Wirtschaftsbremser zu sein. In Wirklichkeit dienten Berufsregeln allerdings dem Patienten- und Verbraucherschutz sowie der Sicherstellung des Qualitätsniveaus. Ökonomische Aspekte könnten nicht der entscheidende Maßstab für nationales Berufsrecht sein.

Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist frühestens Anfang des nächsten Jahres zu rechnen.

Die Initiativen im Einzelnen:Der geplanteProportionalitätstestsieht vor, dass der nationale Gesetzgeber vorher prüft, ob die geplante Regulierung verhältnismäßig ist oder nicht.  Diese Regelung würde alle Formen des Berufsrechts betreffen, bis hin zur Ebene des Satzungsrechts.

Aus Sicht der Zahnärzteschaft ist dies die wichtigste geplante Bestimmung. Betroffen sein könnten beispielsweise Novellen bei folgenden Regulierungen: GOZ, Kammergesetze, Mitgliedschaften in Kammern und Verbänden, die Musterberufsordnung, Bestimmungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung, Bestimmungen über Fremdkapital oder auch Bestimmungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit.

Von dem Anwendungsbereich sollen alle Berufe erfasst werden. Für die Reglementierung oder Liberalisierung Freier Berufe ist die EU nicht zuständig, dies ist ein Vorrecht der Mitgliedsstaaten. Allerdings muss ein Mitgliedsstaat nachweisen, dass geplante nationale Vorschriften für Freiberufler notwendig sind. Die Kommission will dazu eineVerhältnismäßigkeitsprüfungvorschlagen, die darlegen soll, wie die Mitgliedsstaaten vorgehen müssen. Das würde für den nationalen Gesetzgeber einen hohen und bürokratischen Rechtfertigungsaufwand bedeuten.

In der Mitteilung zu denReformempfehlungenlegt die Kommission in (primär unverbindlichen) Leitlinien dar, bei welchen Berufen und in welchen Mitgliedsstaaten sie konkreten Reformbedarf bei der Regulierung freiberuflich erbrachter Dienstleistungen sieht. Ausdrücklich erfasst sind hierbei Berufe mit aus Kommissionssicht hohem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial, nämlich Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte, Rechnungsprüfer, Patentanwälte, Immobilienmakler und Fremdenführer.

Die Mitgliedsstaaten sollen motiviert werden, existierende Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen. Das betrifft beispielsweise Fremdkapitalbeteiligung, verpflichtende Mitgliedschaften in Standesorganisationen, Ausbildungsdauer oder verpflichtende Staatsexamen. Beispielsweise wird für Deutschland die Frage aufgeworfen, ob bestimmte juristische Dienstleistungen nicht auch - ohne Qualitätseinbußen - von Personen erbracht werden könnten, die keine zwei Staatsexamen abgelegt haben.

Das betrifft ein Online-Zertifikat, das über das Binnenmarktsystem IMI von der Behörde des Heimatlandes ausgestellt werden soll. DieseEuropäische Dienstleistungskartesoll auf freiwilliger Basis beantragt werden und alle notwendigen Informationen und Nachweise enthalten, die ein Dienstleister braucht, um sich im gewünschten Bestimmungsland anzumelden. Die Gesundheitsberufe sollen hiervon ausgenommen sein.

Vorwarnungen per Notifizierungsverfahren: Nach den bestehenden Vorgaben der Dienstleistungsrichtlinie sind die Mitgliedsstaaten jetzt schon verpflichtet, der Kommission Änderungen zu nationalen Rechtsvorschriften für Dienstleistungen zu melden, damit die sie etwaige Bedenken in einem frühen Stadium der Gesetzgebung anbringen kann. Dieser Mechanismus soll nun verschärft werden: Die EU soll das Recht erhalten, noch vor Erlass der nationalen Regelung Vorwarnungen auszusprechen.

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