Diskussion um Überarbeitung der Leitlinie im Vereinigtes Königreich

Experten für Endokarditisprophylaxe bei zahnmedizinischen Behandlungen

mg
Gesellschaft
In Großbritannien fordert ein Autorenteam um den MKG-Chirurgen und ehemaligen NHS-Berater Prof. Martin Thornhill die Abkehr von der strikten Ablehnung der Endokarditisprophylaxe bei zahnmedizinischen Behandlungen.

In Großbritannien hat ein Beitrag von Thornhill et al. im Fachjournal The Lancet die Diskussion um Antibiotikaprophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen wieder angefacht. Die Autoren werfen dem nationalen Gesundheitsdienst NHS vor, mit seinen aktuellen Empfehlungen hunderttausende Menschen zu gefährden. Fast 400.000 Menschen in Großbritannien haben ein hohes Risiko, jederzeit eine lebensbedrohliche infektiöse Endokarditis zu entwickeln, berichten die Autoren ihrer Lancet-Veröffentlichung gegenüber dem Guardian. Dabei sterben 30 Prozent der Erkrankten innerhalb eines Jahres, heißt es weiter – und die Autoren rechnen vor, dass die Weigerung, eine Antibiotika-Prophylaxe bei invasiven zahnärztlichen Eingriffen zu genehmigen, bedeuten könnte, dass bis zu 261 Menschen pro Jahr die Krankheit bekommen und bis zu 78 daran sterben.

Erhebliche Kosteneinsparungen plus gesundheitliche Vorteile

Hintergrund: Im Jahr 2023 hat die European Society of Cardiology (ESC) ihre Infektionsrichtlinien aktualisiert, welche die Antibiotika-Prophylaxe (AP) vor invasiven zahnärztlichen Eingriffen für Hochrisikopatienten stark unterstützten. Die American Heart Association ist gleicher Ansicht und bekräftigte bereits 2021 die Notwendigkeit für AP in ihren Richtlinien. Doch im Gegensatz dazu spricht sich das zuständige britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) gegen die routinemäßige Verwendung von AP aus.

„Trotz erheblicher neuer Beweise“ sei diese Bewertung seit 2015 nicht mehr überprüft worden, schreiben die Autoren im Fachmagazin The Lancet und legen eine Analyse vor, die zeigen soll, dass die AP sowohl sicher als auch effektiv bei der Risikoreduzierung ist. Die Daten zeigen zudem, argumentieren die Kliniker, dass die Maßnahme „kostengünstig ist und zu erheblichen Kosteneinsparungen und gesundheitlichen Vorteilen führen würde, wenn sie wieder in den britischen National Health Service für Hochrisikopatienten eingeführt würde".

Ihr Fazit: Es sei an der Zeit, dass NICE seine Leitlinien überprüft, damit Hochrisikopatienten in Großbritannien den gleichen Schutz gegen infektiöse Endokarditis erhalten, der Patienten im Rest der Welt gewährt wird.

Martin Thornhill et al., Endocarditis prevention: time for a review of NICE guidance, The Lancet RegionalHealth - Europe2024;39: 100876Published Online, https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2024.100876

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.