Fast alle sehen sich selbst als dringlichen Fall
Seit Ende der COVID-19-Pandemie habe die Zahl der ambulanten, nichtlebensbedrohlichen Fälle in den Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser stetig zugenommen, hält das Zi fest. Dabei sei ein hoher Anteil von Patientinnen und Patienten zu beobachten, die selbständig in die Notaufnahme kommen – was die Qualität der Versorgung beeinträchtigen könne.
Wie lassen sich Patientenströme besser steuern?
Die Studie zielt nach Angaben der Autorinnen und Autoren darauf ab, ein tieferes Verständnis für die Beweggründe zur Notaufnahmevorstellung, die subjektive Dringlichkeit, die vorherige Nutzung vertragsärztlicher Angebote und die Bekanntheit der 116117 für den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu schaffen und daraus Steuerungspotenziale zu entwickeln.
Viele kommen aus eigenem Antrieb in die Notaufnahme
Rund 63 Prozent der 7.527 in bayerischen Notaufnahmen befragten Personen hatten sich laut Zi entweder selbst entschieden, die Notaufnahme aufzusuchen, oder waren von Freunden, Bekannten, Kollegen oder anderen nicht-medizinischen Stellen dazu angehalten worden. Nur etwa ein Fünftel (19,8 Prozent) war der Meinung, dass ihr Anliegen auch vertragsärztlich hätte behandelt werden können.
Jeder Vierte suchte vorher ärztlichen Rat
„Knapp 40 Prozent der einbezogenen Patientinnen und Patienten hatten vor der Konsultation der Notaufnahme versucht, eine haus- oder fachärztliche Praxis zu kontaktieren“, heißt es in der Studie. Den Weg über die 116117 hätten 3,7 Prozent ausprobiert.
Die Kontaktaufnahme zu Hausärzten war laut Zi in 87,5 Prozent der Fälle erfolgreich, bei den Fachärzten lag die Erfolgsquote bei 73,2 Prozent. „Hauptgründe für eine erfolglose Kontaktaufnahme waren die fehlende Verfügbarkeit eines zeitnahen Termins (32,2 Prozent) oder eine Nichterreichbarkeit der kontaktierten Praxen (43,6 Prozent)“, fanden die Forschenden heraus.
Angst führt oft in die Notaufnahme
Ein häufiges Motiv für die Vorstellung in der Notaufnahme war nach Angaben der Befragten die subjektive Ausprägung der Beschwerden. So gab fast die Hälfte (49,6 Prozent) von ihnen an, diese seien sehr stark gewesen. Etwa ein Fünftel (17,3 Prozent) nannte gesundheitsbezogene Ängste als Hauptmotiv für den Notaufnahmebesuch.
Wie bekannt ist die 116117?
Die Umfrage ergab, dass 61,8 Prozent der Teilnehmenden die 116117 vertraut war. Nur etwas mehr als ein Drittel wusste nicht, dass der Ärztliche Bereitschaftsdienst über diese Rufnummer zu erreichen ist. In 76,8 Prozent der Fälle war nicht bekannt, dass über die 116117 Termine in Arztpraxen vermittelt werden können.
Die Bekanntheit der Rufnummer schwankte je nach Bildungsstand: Im Vergleich zu Personen mit niedrigem Bildungsniveau war die Wahrscheinlichkeit der Bekanntheit bei mittlerem Bildungsstand um 52 Prozent erhöht.
Es besteht Offenheit für eine digitale Ersteinschätzung
Als erfreulich bewertet das Zi das Ergebnis, dass rund ein Viertel der befragten Patientinnen und Patienten die Bereitschaft signalisierten, die Dringlichkeit des eigenen Anliegens direkt in der Notaufnahme selbst mithilfe einer geeigneten Software strukturiert medizinisch einzuschätzen und ein mögliches Terminangebot einer geeigneten Praxis anzunehmen. Solche digitalen Verfahren könnten Entlastung bringen und mehr Zeit für die Betreuung hochdringlicher Notfälle schaffen.
Zugang zur Notaufnahme besser organisieren
Aus Sicht des Zi unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit einer strukturierten Steuerung beim Zugang zur Notaufnahme. „Die Studie ist für die geplante Reform der Akut- und Notfallversorgung hoch aktuell. Die telefonischen und digitalen Angebote des Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigungen, also die Rufnummer 116117 und die entsprechende Webseite, können durch Terminvermittlung und Beratung einen wesentlichen Beitrag zur strukturierten Steuerung der Inanspruchnahme leisten, wenn klar ist, dass ein solcher Kontakt vor dem Aufsuchen einer Notaufnahme notwendig ist“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Die Befragung wurde in 18 bayerischen Notaufnahmen vom 3. September bis 29. November 2024 durchgeführt. Insgesamt suchten 34.572 Patientinnen und Patienten die beteiligten Notaufnahmen auf, von ihnen wurden 9.744 zur Teilnahme angesprochen, 7.527 erklärten sich dazu bereit. Das entspricht einer Teilnahmequote von 77,2 Prozent. 956 Personen wurden ausgeschlossen, weitere 297 konnten nicht erreicht werden. Darüber hinaus lehnten 964 Personen eine Teilnahme aktiv ab. Von allen Notaufnahme-Patienten konnten demnach 21,8 Prozent befragt werden.




