Karies ist nicht übertragbar
"Dass Munderkrankungen aufgrund ihrer Multifaktorialität, insbesondere auch dem ursächlichen Sozialschichtgradienten, zu den nichtübertragbaren Krankheiten (NCDs) zählen, ist nicht neu: Sowohl die FDI, die WHO und die UN haben sich hierzu bereits geäußert“, erklärt Dr. Sebastian Ziller, Leiterder Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung bei der Bundeszahnärztekammer.
Die Auslöser von Munderkrankungen
So geht aus einer vorläufigen Stellungnahme der FDI hervor, dass nichtinfektiöse Krankheiten (NCDs) inzwischen die Hauptursache für Erkrankungsbelastungen und Todesfälle weltweit sind. Laut FDI werden NCDs im Wesentlichen durch einen Cluster von Risikofaktoren verursacht: Tabakkonsum, ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung und Alkoholmissbrauch. Diese Risikofaktoren sind auch der Auslöser von Munderkrankungen. Aus Sicht der FDI muss die Prävention von Munderkrankungen in die Prävention der NCDs integriert werden. Man spricht hier auch vom Common Risk Factor Approach - für die FDI ein Leitprinzip, wenn es um die Beratung von NDAs in den Bereichen Prävention, Tabakentwöhnung und Kariesmanagement geht.
Ein Paradigmenwechsel in der Kariesbekämpfung
Auf dem Symposium vor dem ORCA-Kongress in Brüssel stimmten 152 der 200 Zahnmedizinern und Wissenschaftler für die Anerkennung von Karies als nichtübertragbare Krankheit. Prof. Phil Marsh (Leeds, UK), Dr. Julian Fischer (Hannover) und Prof. Svante Twetman (Kopenhagen, DK) diskutierten die weitreichenden Implikationen der Klassifizierung von Karies als nichtübertragbare Krankheit.
Während bei der Kariesprävention nach dem klassischen Krankheitsverständnis gezielt einzelne Bakterienstämme bekämpft wurden, müssten nun die Ansätze zur Prävention und Behandlung auf eine breite Wirkung und eine längere Dauer angelegt werden.
Prof. Nigel Pitts vom King’s College in London erinnerte in Brüssel eindringlich daran, dass die Karies zu den am besten vermeidbaren chronischen Erkrankungen zählt. „Unser Ziel einer kariesfreien Zukunft für Kinder, die nach 2026 geboren sind, erfordert eine Bereitschaft für neue Arbeitsmethoden. Das hat dieses Symposium deutlich zum Ausdruck gebracht“, resümierte Pitts.
Die Hauptimplikation des CRFA hinsichtlich der Formulierung von Strategien zur Förderung der Mundgesundheit besteht (...) in der Zusammenarbeit mit einer Reihe anderer Sektoren und Disziplinen. Belange der Mundgesundheit sollten in die Empfehlungen zur Verbesserung der Allgemeingesundheit integriert werden.
Verbesserungen in der Mundgesundheit und eine Reduzierung der Ungleichheiten in der Mundgesundheit werden wahrscheinlicher durch eine sektoren- und disziplinübergreifende Zusammenarbeit erreicht sowie über Strategien, die sich auf die vorgelagerten, zugrunde liegenden Determinanten von Munderkrankungen konzentrieren.
Auszug aus: Common Risk Factor Approach – Ein integrierter bevölkerungsbezogener und evidenzbasierter Ansatz zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten in der Mundgesundheit
DOI: 10.1055/s-0035-1548933