„Die politischen Rahmenbedingungen torpedieren die Arbeit der Niedergelassenen“

KBV-Kampagne lenkt den Blick auf die schwierige Situation der Praxen

LL
Politik
Mit einer groß angelegten Kampagne wollen Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und KVen auf die zugespitzte Situation in der ambulanten Gesundheitsversorgung aufmerksam machen.

Die gerade gestartete Kampagne „Wir sind für Sie nah.“ soll an die besondere Nähe zwischen Niedergelassenen und ihren Patienten erinnern und zugleich zeigen, dass diee Nähe durch die schwierigen Rahmenbedingungen wie die überbordende Bürokratie, eine unzureichende Vergütung der Leistungen und technische Probleme bei der Digitalisierung in Gefahr ist.

Die Politik hat den Ernst der Lage nicht begriffen

„Es ist leider traurige Realität, dass die Situation der ambulanten Versorgung äußerst kritisch ist. Wir haben die Politik bereits mehrfach nachdrücklich darauf hingewiesen“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen. Allerdings habe man dort den Ernst der Lage bislang nicht erkennen wollen. „Die politischen Rahmenbedingungen torpedieren jedoch die Arbeit der Niedergelassenen", betonte sein Stellvertreter Dr. Stephan Hofmeister und verwies darauf, dass über 5.000 Hausarztsitze in Deutschland unbesetzt seien.

Die Rahmenbedingungen müssten sich entscheidend verändern , wenn die Niederlassung auch für die nachfolgende Generation weiterhin eine erstrebenswerte berufliche Option bleiben solle, bekräftigte KBV-Vorständin Dr. Sibylle Steiner: „Unter den aktuellen politischen Gegebenheiten wird sich kaum ein angehender Arzt oder eine angehende Medizinerin für die eigene Praxis entscheiden. Damit bricht das Fundament der medizinischen Versorgung in diesem Land langsam, aber stetig weg“, warnte sie.

Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der KBV sorgt sich die Hälfte der Patienten, dass ihre Arztpraxis in naher Zukunft schließt. Über 62 Prozent stimmten der Einschätzung zu, dass sich Arztpraxen hierzulande aktuell in einer Notlage befinden. Die größten Belastungen sahen 57,4 Prozent von ihnen in der Bürokratie, 48 Prozent im Personalmangel und 38,5 Prozent in der hohen Arbeitsbelastung. Fast 90 Prozent gaben an, dass ihnen das Thema ambulante ärztliche Versorgung wichtig ist und bei 51 Prozent spielt das Thema bei der Wahlentscheidung für eine Partei eine Rolle.

Immer mehr Ärzte steigen aus der Versorgung aus

Aktuelle Daten des Bundesarztregisters verdeutlichen, dass durch die „Babyboomer“ überdurchschnittlich viele Ärzte in absehbarer Zukunft aus der vertragsärztlichen Versorgung aussteigen. Besonders dem Westen droht demnach ein erheblicher Hausarztmangel, denn dort ist die Zahl der über 60-jährigen Hausärzte sehr hoch. Bundesweit sind derzeit über 30 Prozent aller Ärzte und Psychotherapeuten über 60 Jahre alt. Mit 37 Prozent ist dieser Anteil bei den Hausärzten besonders hoch. Hinzu kommt, dass 61 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten überlegen, aufgrund der Rahmenbedingungen früher in den Ruhestand zu gehen. Das hatte bereits eine Befragung Ende 2023 Jahres gezeigt.

Die Kampagne soll die Politik und die Bevölkerung auf den Wert der wohnortnahen ambulanten Versorgung aufmerksam machen und die aktuellen Probleme der Praxen aufzeigen. Deutschlandweit werden mit Kampagnenstart Plakate sowie Print- und digitale Anzeigen mit den emotionalen Motiven zu sehen sein. Zudem werden öffentlichkeitswirksame TV-Spots auf unterschiedlichen Kanälen sowie Anzeigen in den sozialen Netzwerken geschaltet, um eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen.

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