Kontakt zur Generation Y

mg
Praxis
Telemedizin, demografischer Wandel und die Praxisübergabe an die Generation Y: Der 1. Zukunftskongress der Landeszahnärztekammer (LZK) Westfalen-Lippe sollte eine Standortbestimmung sein - und junge Zahnärzte ansprechen.

Mehr als 180 Zahnärztinnen und Zahnärzte folgten der Kammereinladung ins Factory Hotel Münster zum ersten Zukunftskongress. Das Themenspektrum der Vorträge reichte von den neuesten Trends der Gesundheitswirtschaft (Dr. Markus Müschenich und Dr. Ralf Belusa) über die politischen Folgen des demografischen Wandels (Dr. Thomas Drabinski) bis hin zu einer Metaanalyse der Generation Y (Dr. Art Timmermeister).

Ungeachtet der Tatsache, dass der Altersdurchschnitt des Publikums deutlich über 40 Jahren lag, adressierte Kammerpräsident Dr. Klaus Bartling seine Botschaft auch an die jungen Kollegen: "Die neue Generation von Zahnärzten hat die Konsequenzen der Entwicklungen zu tragen, die wir heute beobachten können", sagte er. Darum sollten nicht nur die möglichen Entwicklungen der kommenden fünf oder sechs, sondern besser der nächsten 30 Jahre betrachtet werden. 

Anhand zahlreicher praktischer Beispiele schilderte Dr. Markus Müschenich die Aufbruchstimmung in der deutschen Internet-Startup-Szene, die auf die US-amerikanische Gesundheitswirtschaft schauten, wo Apps und mobile Websites in der  bereits einen enormen Stellenwert besäßen.

Online-Sprechstunde per App

"Einer Befragung in den USA zufolge gehen 25 Prozent derjenigen, die Internet-Diagnosetools nutzen, nicht mehr zum Arzt", so Müschenich. Zusätzlichen Auftrieb für die Branche lieferten Schätzungen zum Marktpotenzial für Programme und Apps, mit deren Hilfe eine Online-Sprechstunde durchgeführt werden kann. Für 2018 gehe man von 13,7 Milliarden US-Dollar aus.

Dr. Ralf Belusa betonte hingegen Tragweite und Möglichkeiten der heute schon praktizierten Datenvernetzung am Beispiel der sogenannten Wearables, also Fitnessarmbändern verschiedener Hersteller, die Schritte zählen, den Puls messen, verbrannte Kalorien berechnen und die Schlaftiefe anhand der Bewegungen analysieren - und diese Informationen dann ins Netz senden.

"So entstehen riesige Feldstudien mit Millionen von Nutzern", erklärte Belusa, nicht ohne Datenschutzbedenken zu äußern. Dass etwa Facebook jüngst für 150 Millionen Euro ein Unternehmen dieser Branche gekauft habe, sei nur wenigen bekannt.

Wie die Praxis der Zukunft aussehen kann

Dr. Bernhard Reimann, KZV-Chef in Westfalen-Lippe, bildete schließlich Niederlassungszahlen und Trends der Branche ab: Praxen würden auch in Westfalen-Lippe immer öfter in den Oberzentren eröffnet - und immer häufiger als Berufsausübungsgemeinschaft. Außerdem habe im August 2014 in der Region erstmals die Zahl der Neugründungen von Frauen (34) die Zahl der Praxisgründungen von Männern (27) überstiegen. Aus Sicht seines Stellvertreters Dr. Burkhard Branding ist darum wichtig, Denkmodelle zu entwickeln, wie die Praxis der Zukunft aussehen kann, in der die Generation Y gerne praktiziert.

Mit düsteren Prognosen zu den möglichen Folgen des demografischen Wandels konfrontierte Dr. Thomas Drabinski das Publikum. "Wenn wir das Problem der Alterspyramide lösen wollten, müssten 20 Millionen Menschen nach Deutschland einwandern", so der Volkswirt vom Kieler Institut für Mikrodaten-Analyse. 2014 habe die Zahl der in der GKV versicherten Rentner erstmals die Zahl der Familienversicherten überschritten - mit schwerwiegenden Folgen, wie Drabinski in weiteren Hochrechnungen darlegte.

Um bei unverändertem Beitragssatz den Leistungskatalog der GKV für die alternde Gesellschaft beizubehalten, müsste der staatliche Zuschuss von aktuell 10,5 Milliarden bis 2020 auf rund 20 Milliarden und bis 2040 auf rund 75 Milliarden Euro anwachsen, rechnete Drabinski vor und mahnte seine Zuhörer, sie sollten auf der Hut sein, welche Auswirkungen das auf die Zahnärzteschaft habe.

Die Generation des Hinterfragens

BdZA-Vorstandsmitglied Dr. Art Timmermeister fasste schließlich noch einmal die wichtigsten Merkmale der Generation Y zusammen. Als "Generation des Hinterfragens" breche sie mit den alten Rollen- und  Arbeitsmustern, engagiere sich politisch vor allem durch bewussten Konsum und fordere eine neue Art der Work-Life-Balance und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. "Wir werden lebenslang arbeiten müssen", so Timmermeister. "Darum lohnt es sich, mit den Ressourcen zu haushalten."

Sein Fazit: Es handele sich um einen klassischen Generationskonflikt. Timmermeister: "Die Generation Y ist nicht besser oder schlechter als vorangegangene - aber in einem Punkt anders: Sie wird dringender gebraucht denn je."

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