Medizinstudienplätze fehlen und sind ungleich verteilt
Es gibt große Unterschiede zwischen den Ländern, wenn man das Verhältnis von Medizinstudienplätzen zur Einwohnerzahl betrachtet. Die verfügbaren Studienplätze an staatlichen Hochschulen sind zum Teil sehr unterschiedlich verteilt. In Brandenburg und Bremen etwa gibt es bislang kein staatliches Studienangebot für Medizin.
Die übrigen Bundesländer bilden im Verhältnis zur Einwohnerzahl in unterschiedlichem Maß für den eigenen Bedarf aus, wie die Analyse des CHE verdeutlicht. Das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern bieten an staatlichen Hochschulen je 100.000 Einwohner 29 beziehungsweise 26 Medizinstudienplätze an. Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen sind es hingegen nur 13 pro 100.000 Einwohner.
Der Hauptgrund für das unterschiedliche Engagement der Bundesländer, so schätzt das CHE, dürften die hohen Investitions- und Betriebskosten für medizinische Fakultäten sein. Das Statistische Bundesamt beziffert allein die laufenden Ausgaben für ein Studium im Bereich Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften auf rund 25.000 Euro pro Studierendem und Jahr.
Eine medizinische Fakultät bedeutet oft auch eine hohe Arztdichte
Bundesländer, die mehr Medizinstudienplätze anbieten, können langfristig bei der ärztlichen Versorgung profitieren. Wo eine medizinische Fakultät beheimatet ist, ergeben sich auch bessere Quoten im Verhältnis von Ärzten pro 100.000 Einwohner. So profitieren neben Metropolen wie Hamburg, Berlin oder München auch die Regionen um Heidelberg, Freiburg und Lübeck vom Nachwuchs in der Region.
Diese These sieht das CHE, dessen Gesellschafter die Bertelsmann Stiftung und die Hochschulrektorenkonferenz sind, mit der aktuelle Auswertung bestätigt. Sie zeigt, dass Regionen mit einer medizinischen Fakultät oft auch eine hohe Arztdichte pro Einwohner aufweisen (siehe Grafik).
„Wie wichtig Medizinstudienplätze für die langfristige regionale Versorgung sind, zeigt der sogenannte Klebeeffekt, der Ärztinnen und Ärzte in der Nähe ihres Studienortes hält“, so Cort-Denis Hachmeister, Senior Expert Datenanalyse beim CHE. Er hat die Arztdichte nach Regionen aus den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung in Beziehung zu den Hochschulstandorten gesetzt.
Medizinabsolventen decken nicht den Fachkräftebedarf
Das Fazit der Analyse fällt ernüchtert aus: Trotz des Ausbaus von Studienplätzen von 9.000 auf 10.000 Medizinstudienplätze und Neugründungen von medizinischen Fakultäten oder privaten Hochschulen, reiche die Zahl der Absolventen nicht aus, um den Fachkräftemangel zu beheben.
Durch den Ärztemangel sind bereits heute mehr als 5.000 Hausarztsitze unbesetzt. Ein Viertel der Hausärztinnen und -ärzte in Deutschland plant zudem, ihre Tätigkeit innerhalb der nächsten fünf Jahre aufzugeben, so eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung. Das wird den Engpass verschärfen.
„Die Debatte um Medizinstudienplätze und wer sie einrichten und finanzieren soll, muss wieder intensiviert werden“, fordert Hachmeister. „Wer keine oder zu wenig Medizinstudienplätze schafft, trägt zur strukturellen Unterversorgung bei und macht sich abhängig vom Engagement anderer Länder.“
Im Juni hatte das CHE veröffentlicht, dass mindestens 9.100 deutsche Medizinstudierende im Ausland studieren, die in der Debatte um die Lösung des Fachkräftemangels in der Medizin weitgehend ignoriert würden, aber bei einer Rückkehr nach Deutschland diesen Mangel mindern könnten.