Mit Cranberrys gegen Karies
Dazu wurden in 96 Stunden Biofilme auf Speichel-beschichteten Hydroxyapatit-Disks gezüchtet und anschließend alle 12 Stunden für zwei Minuten mit Cranberry-Extrakten behandelt, wodurch die die Masse des Biofilms deutlich zurückging (38 Prozent Reduktion), die Säurebildung eingeschränkt war (44 Prozent Reduktion) und die Anzahl der Bakterienkolonien (CFU = colonie forming units) um die Hälfte sank.
Zudem war die relative abundance, also das Verhältnis, in dem verschieden Organismen zueinander vorkommen, besonders aussagekräftig: Normalerweise liegt eine hohe relative abundance zwischen Streptococcus mutans und anderen Karies-assoziierten Mikroorganismen vor. Das heißt, ist die Besiedelung mit S. mutans hoch, findet sich auch viel S. sobrinus. Die Behandlung mit Cranberry-Extrakten bewirkte eine signifikant niedrigere relative abundance von S. sobrinus und Provotella denticola.
Der Extrakt senkt die schädlichen Eigenschaften des Biofilms und schafft günstigere mikrobielle Bedingungen
Das Verhältnis von S. mutans und S. sanguinis weist im Normalfall eine niedrige relative abundance auf. S. sanguinis kann Wasserstoffperoxid ausscheiden, um die Konkurrenz zu minimieren. Daher kommen S. mutans auf von S. sanguinis besiedelten Kavitäten wenig bis gar nicht vor. Hier hatte die Behandlung mit Cranberry-Extrakten den Effekt, dass sich eine deutlich höhere relative abundance zwischen den beiden Stämmen zeigte.
In ihrer Studie ziehen die Forscher*innen den Schluss, dass das verwendeten Cranberry-Extrakt die schädlichen Eigenschaften des Biofilms deutlich reduzieren und günstigere mikrobielle Bedingungen schaffen konnte.
Zuvor hatte dieselbe Forschungsgruppe ähnliche Ergebnisse aus einer Studie zu frühkindlicher Karies veröffentlicht. Auch hier wurde Cranberry-Extrakt eingesetzt; diesmal gegen einen Mischkultur-Biofilm aus Streptococcus mutans und Candida albicans.
Wirksam auch bei Milchzahn-Karies
Der Biofilm konnte auch hier hinsichtlich seines Volumens, der Säurebildung und der metabolischen Aktivität reduziert werden. Konfokal-Aufnahmen des Biofilms zeigten die Zersetzung der Struktur des Biofilm. Die Zahl der S. mutans und der C. albicans CFU ging zurück. Die Wissenschaftler*innen ziehen den Schluss, dass Cranberry-Extrakte die Kariogenität und Virulenz von Mischkultur-Biofilmen deutlich inhibieren können.
Verantwortlichen dafür machen sie die vor allem in roten Früchten enthaltenen Pflanzenstoffe Polyphenole. Ihnen werden seit Langem positive Eigenschaften als Antioxidantien nachgesagt.
Streptococcus mutans ist ein gram-positives Bakterium und gilt als der Leitorganismus bei der Kariesentstehung. Zusammen mit Saccharose aus der Nahrung und Speichel bildet es Glucane (mithilfe des Enzyms Glucosyltransferase), die es den Bakterienkulturen ermöglichen sich fest an den Zahnschmelz anzuheften. Innerhalb dieses Biofilms kann S. mutans über fermentative Stoffwechselprozesse Kohlenhydrate aus der Nahrung zu Lactat umsetzen. Die zunehmende Säurebildung führt zur Demineralisierung des Zahnschmelzes. Durch die Fähigkeit aktiv Protonen auszuscheiden, kann S. mutans auch sehr kleine pH-Werte tolerieren und in stark sauren Milieus überdauern.
Oft umfasst der Biofilm Mischkulturen mit anderen Karies-assoziierten Bakterien wie Streptococcus sobrinus, Provotella denticola und Streptococcus sanguinis. Vor allem die Anwesenheit des Hefepilzes Candida albicans erhöht die Virulenz von S. mutans.
Nebu Philip, H.M.H.N.Bandara, Shaneen J. Leishman, Laurence J. Walsh: Effect of polyphenol-rich cranberry extracts on cariogenic biofilm properties and microbial composition of polymicrobial biofilms; published online 30. March 2019. DOI: 10.1016/j.archoralbio.2019.03.026
Nebu Philip, Shaneen J. Leishman, H.M.H.N.Bandara, Laurence J. Walsh: Polyphenol-Rich Cranberry Extracts Modulate Virulence of Streptococcus mutans-Candida albicans Biofilms Implicated in the Pathogenesis of Early Childhood Caries. Published online 15. January 2019.