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Neues Leitbild für Zahnärzte

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Zur Eröffnung des Zahnärztetags 2014 trafen sich Standespolitik und Wissenschaft in der Frankfurter Paulskirche und postulierten ein neues Leitbild des Berufsstandes. Auch Festredner Prof. Eugen Buß attestierte, dass der Zahnartzt als Teil der Gesellschaft ein neues Selbstbild in den letzten 25 Jahren ausbildete.

„Noch nie haben wir so interdisziplinär und individualisiert wie heute getickt, diagnostiziert und therapiert“, befand Prof. Bärbel Kahl-Nieke, Präsidentin der DGZMK. Dennoch kämpfe die Zahnärzteschaft mit einem Image-Problem.

Publikumswirksame Bad Boys und Girls

Warum sie so weit aushole wegen „ein paar schwarzer oder vielleicht auch nur grauer Schafe“? „Wir haben es nötig, gegenzusteuern! Nicht, weil die Bad Boys und Girls so zahlreich, sondern weil sie so publikumswirksam sind“, konstatierte sie mit Verweis auf entsprechende Berichte in der Presse. Aber jeder Zahnarzt habe es selbst in der Hand, sein Image zu pflegen: „durch gute Arbeit, mit Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde 2014 und durch professionelles Verhalten.“

Qualität leben

Neben dem guten Ruf des Berufsstands stehe die Qualität im Fokus. „Es geht darum, Qualität zu leben, täglich im ersten Patientengespräch, in den diagnostischen Maßnahmen, in der Darstellung der Therapieoptionen und am Ende natürlich in der Therapie selbst, die Zahnarzt und Patient gemeinsam gewählt haben sollten, und die in einem erfolgreichen Recall endet.“ Das wissenschaftliche Programm auf dem Deutschen Zahnärztetag biete den Zahnärzten die Möglichkeit, sich im Sinne einer modernen und präventionsorientierten Zahnheilkunde fortzubilden.

“Wir formulieren mit unserem Leitbild das Selbstverständnis unseres Berufsstandes und unsere Grundprinzipien“, betonte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer. Tragende Werte der Zahnärzteschaft seien dabei die Verpflichtung zum Gemeinwohl und zur Freiberuflichkeit. „Für die KZBV, die BZÄK und die DGZMK kommt diese Verantwortung in ihren Präventions- und Versorgungskonzepten für Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung, mit eingeschränkter Alltagskompetenz und für die ganz Kleinen zum Ausdruck.“ 

###more### ###title### Mehr als 2.000 Kooperationsverträge ###title### ###more###

Mehr als 2.000 Kooperationsverträge

Seit April 2014 können Pflegeheime demnach mit Zahnärzten zusammenarbeiten, um Pflegebedürftige im Heim zahnmedizinisch zu betreuen - die Zahl dieser Kooperationsverträge stieg Eßer zufolge innerhalb eines halben Jahres von null auf mehr als 2.000.

Das Bundesgesundheitsministerium plane dank der Bemühungen der Zahnärzteschaft außerdem, ab 2015 über das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ein zahnärztliches Präventionsmanagement einzurichten und in einem neuen Paragrafen 22a im SGB V zu verankern. Eßer: „Damit ist der Anspruch auf präventive Leistungen auch für die Menschen gesetzlich festgeschrieben, die für ihre Gesundheit nicht mehr eigenverantwortlich sorgen können.“

Überflüssiger Populismus

Unverständnis äußerte er gegenüber den Plänen der Bundesregierung, einen Korruptionsstraftatbestand für das Gesundheitswesen zu schaffen. Die Zahnärzteschaft bekenne sich seit langer Zeit zu dem Prinzip Null Toleranz gegenüber korruptem Verhalten. Die Sanktionsmaßnahmen des Berufsstandes seien dabei ausgesprochen hart und reichten bis zum Entzug der Zulassung. „Es bedarf also keines zusätzlichen Straftatbestandes“, bilanzierte er, „deshalb fordern wir den Gesetzgeber nachdrücklich auf, sich von diesem Vorhaben zu distanzieren.“

Zeit für wegweisende Orientierung

„Es ist Zeit, dass der Berufsstand eine Orientierung vorgibt. Denn nur, wer sich orientieren kann, kann auch nachhaltig wirken und verändern“, bekräftigte auch BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Die Grundlage dafür seien für die Zahnärzteschaft  gemeinsame Werte: Gemeinwohlverpflichtung, Patientenorientierung, Qualitätsförderung und Freiberuflichkeit.

„Am stärksten wirkt der Berufsstand immer dann, wenn er vereint auftritt“, betonte Engel und verwies in diesem Zusammenhang ebenfalls auf das Leitbild, das BZÄK, KZBV und DGZMK entwickeln wollen.

###more### ###title### Eingriffe in die Selbstverwaltung ###title### ###more###

Eingriffe in die Selbstverwaltung

Immer mehr werde gleichwohl neuerdings versucht, der Zahnärzteschaft Regelungen aufzuzwingen. "Sowohl Berlin als auch Brüssel wollen professionsfremd in die freiheitliche Selbstverwaltung unseres Berufsstandes eingreifen“, kritisierte Engel und nannte beispielhaft die Pläne der EU, die Berufszugangsregeln zu überprüfen und die verkammerten Berufe zu deregulieren sowie die "Regelungswut von Berlin".

„Die Selbstverwaltung gerät zunehmend unter Rechtfertigungsdruck!“ Mit fatalen Folgen: „Das hohe fachliche Niveau, die Orientierung am Patientenwohl und die effektive, professionsinterne Selbstkontrolle der Zahnärzteschaft setzt die Politik so aufs Spiel“, rügte Engel.

Ein verändertes Selbstbild

„Wir sind seit 25 Jahren Zeuge eines veränderten Selbstbildes, das schließt auch die Zahnärzte ein“, konstatierte Prof. Eugen Buß vom Institut für Rechts- und Sozialwissenschaften der Uni Hohenheim in seinem Festvortrag. Auch ihr Image und ihr Wirken seien heute von anderen Faktoren abhängig als noch vor einigen Jahren. „Das betrifft natürlich auch die Praxiskultur“, sagte der Philosoph und Soziologe. „ Im Unterschied zu früher steht jetzt das eigene Wohlbefinden im Mittelpunkt. Wir beobachten starke Tendenzen zu einer Wende zum Ich.“

Auch Zahnärzte sehen sich Buß zufolge zunehmend als Unternehmer: „Doch wer sich nicht gesellschaftlich engagiert, nutzt auch nicht seine Spielräume." Die freiberufliche Selbstverwaltung gerät laut Buß in dem Zusammenhang mehr und mehr in schwierige Fahrwasser. „Die Legitimität der zahnärztlichen Tätigkeit bedarf einer neuen Diskussion über Verantwortung“, sagte er. „Das heißt, der Zahnarzt muss mehr Verantwortung übernehmen - nicht nur gegenüber seinen Mitarbeitern, sondern gegenüber der Gesellschaft.“

###more### ###title### Worte - die mächtigsten Instrumente ###title### ###more###

Worte - die mächtigsten Instrumente

Des Weiteren gebe es in Deutschland ein starkes Bedürfnis nach Regeln, verbunden mit dem Wunsch, Uneindeutigkeiten und damit Unsicherheiten zu vermeiden. Für den Zahnarzt leite sich daraus ab, dass die Kommunikation mit dem Patienten eine noch größere Rolle spielen müsse als sie es bisher tut.

Das heißt laut Buß, auch der zahnärztliche Qualitätsbegriff müsse sich verstärkt auf die Kommunikation beziehen: „Worte sind die mächtigsten Instrumente des Arztes. Sämtliche Informationen, das ganze Gespräch, alle Eindrücke saugt das Patientengehirn auf und baut es zu Erwartungshaltungen um!“ Kommunikation sei daher die Schlüsselressource für die Reputation, weil das durch das Gespräch entstandene Vertrauen die Unsicherheit mindert.

Paradise now

Hinzu komme, dass die Freiräume zunehmend schwinden. "Paradise now" sei zusammengefasst das Credo. Die Zukunft verliere mehr und mehr an Wertschätzung. Statt der traditionellen Haltung "meine Kinder sollen es einmal besser haben" stehe heute die Befriedigung aktueller Wünsche und Ziele im Vordergrund. Das Leben werde zunehmend reglementiert - selbst der Müßiggang habe imTerminkalender seinen festen Platz. 

"Zeit wird als knapp wahrgenommen", erklärte Buß. "Auch Patienten sind immer wenig bereit, sich in eine symbolische Warteschlange einzureihen, weil auch sie ihre Zeit optimieren wollen." Und auch der Zahnarzt müsse den Spagat zwischen seinem Leben als Mensch mit einer Sehnsucht nach Muße und als Behandler mit den damit verbundenen Erwartungen und Belastungen schaffen.

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