Passivrauchen: Kariesrisiko für Babys steigt
Die Kariesprävalenz bei Kindern in Industrieländern ist immer noch hoch, in den USA sind 20,5 Prozent der zwei bis fünf-jährigen Kinder betroffen, in Japan sind es 25 Prozent der Dreijährigen. Die Ursachen für Karies sind vielfältig, so tragen kariogene Bakterien, ungenügender Speichelfluss, eine schlechte Mundhygiene, eine geringe Fluoridexposition sowie weitere Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten bekanntermaßen zur Kariesentstehung bei.
Passivrauchen könnte die Zähne auch direkt beeinflussen
Passivrauchen könnte die Zähne und Mikroorganismen aber nun auch direkt beeinflussen. Bekannte Nebenwirkungen sind zum Beispiel Entzündungen der Mundschleimhaut, eine gestörte Speicheldrüsenfunktion, ein Sinken des Vitamin C Spiegels im Serum und beeinträchtigte Funktionen des Immunsystems. Kinder, die passiv rauchen, haben geringere IgA-Konzentrationen und höhere Sialinsäure-Aktivitäten, was eine Besiedelung mit Streptococcus mutans und die Bildung von Dentalplaques begünstigt.
Um mögliche Assoziationen zwischen Karies und Passivrauchen näher zu beleuchten, wurde in dieser Arbeit eine Kohorte japanischer Kinder unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensstilfaktoren daraufhin untersucht, ob Rauchen während der Schwangerschaft oder Passivrauchen in den ersten vier Lebensmonaten das Risiko für die Entstehung von Dentalkaries in den kommenden Lebensjahren begünstigt.
Die "Kobe Offspring Study"
Die „Kobe Offspring Study“ ist eine japanische populationsbasierte retrospektive Kohortenstudie, die auf Patientendaten aus verpflichtenden Gesundheitsuntersuchungen von Müttern und Kindern zurückgreift. So wurden Kinder einbezogen, die zwischen 2001 und 2010 geboren wurden, und von denen anonymisierte Informationen zum Raucherstatus der Mutter während der Schwangerschaft, Passivrauchen der Kinder im Alter von vier Monaten sowie zahnmedizinische Befunde im Alter von 18 Monaten und drei Jahren vorlagen.
Daten zur Erhebung einer Kariesrate wurden von geschulten Zahnärzten in einer visuellen klinischen Untersuchung ohne Radiografie gesammelt. Gefüllte, fehlende sowie Milchzähne mit Kariesläsionen (auch mit Silberdiaminfluorid behandelte Läsionen) wurden als Karies bewertet.
Angaben zum Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft sowie eine Rauchexposition der Kinder während der Schwangerschaft und im Alter von vier Monaten (keine / Rauchen in Ab- oder Anwesenheit des Kindes) wurden aus standardisierten Fragebögen entnommen. Weitere Informationen zu den Lebensgewohnheiten umfassten die Anzahl von Familienmitgliedern und Bezugspersonen, Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft, Verlauf der Schwangerschaft, mentaler Status der Mutter, Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten des Kindes, die Durchführung von Mundpflegemaßnahmen sowie dental-medizinische Parameter.
Die Kinder wurden der Rauchexposition entsprechend in drei Gruppen eingeteilt: keine rauchenden Familienmitglieder / Familienmitglieder, die in Abwesenheit des Kindes rauchten / Familienmitglieder, die in Anwesenheit des Kindes rauchten. Die Prävalenz rauchender Familienmitglieder betrug 55,3 Prozent, wobei es sich in der Mehrzahl um rauchende Väter handelte. 5.268 (6,8 Prozent) der Kinder waren dem Zigarettenrauch direkt ausgesetzt. Der Verzehr von Süßigkeiten durch die Kinder unterschied sich innerhalb der drei Gruppen nicht, aber eine Rauchexposition war mit einem höheren Anteil an Flaschennahrung im Säuglingsalter, täglichem Saft Trinken und Fremdbetreuung assoziiert.
Die Ergebnisse: 12.729 Kariesfälle
Es wurden 12.729 Kariesfälle beobachtet, der mittlere Kariesindex DMF betrug 0,61. Bei Kindern aus rauchfreier Umgebung lag er bei 0,44, bei Rauchen in Abwesenheit der Kinder betrug er 0,72 und bei Rauchen in Anwesenheit der Kinder 1,07.
Das nach der Kaplan-Meier Methode geschätzte Kariesrisiko im Alter von drei Jahren betrug insgesamt 18 Prozent. Bei Kindern aus rauchfreien Haushalten waren es 14 Prozent, bei Rauchen in Abwesenheit der Kinder 20 Prozent und bei Rauchen in Anwesenheit der Kinder 27,6 Prozent. Im Vergleich zu Kindern, die keinem Rauch ausgesetzt waren, betrug die Hazard-Rate unter Berücksichtigung von Lebensstilfaktoren bei Rauchen in Abwesenheit der Kinder 1,46 (95 Prozent CI = 1,40-1,52, p < 0,01) und bei direktem Passivrauchen 2,14 (95 Prozent CI = 1,99-2,29, p < 0,01).
S. Tanaka, M. Shinzawa, H. Tokumasu, K. Seto, S. Tanaka, K. Kawakami; ka-wakami.koji.4e@kyoto-u.ac.jpDepartment of Pharmacoepidemiology, Graduate School of Medicine and Public Health, Kyoto University, Yoshida-Konoe-cho, Sakyo-ku, Kyoto 606-8501, Japan.BMJ. 2015 Oct 21;351:h5397. doi: 10.1136/bmj.h5397.