Pharma-Pferde beim Metzger

ck/dpa
Gesellschaft
Von Pharmakonzernen zur Antikörperherstellung genutzte Pferde sollen in französischen Schlachthöfen illegal zu Lebensmitteln verarbeitet worden sein. Die Verbraucher sind geschockt.

Was französische Ermittler am Montag öffentlich machten, dürfte zahlreichen Verbrauchern den Appetit auf den Weihnachtsbraten vergehen lassen. Ausgerechnet kurz vor dem Fest erschüttert ein neuer Pferdefleischskandal die Lebensmittelindustrie. Die Behörden gehen Hinweisen nach, dass von Pharmaunternehmen und Reitställen verkaufte Pferde in Schlachthöfen massenweise zu Lebensmitteln verarbeitet wurden. Schuld sollen skrupellose Zwischenhändler sein, die die Papiere der Pferde fälschten. 

Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass Pferde im Mittelpunkt von offensichtlich großangelegten Betrügereien stehen. Zu Jahresbeginn war herausgekommen, dass in ganze Europa riesige Mengen Pferdefleisch als Rind verkauft wurden. 

Normalerweise nicht in der Nahrungskette gelandet

Diesmal könnte der Skandal noch unangenehmer sein. Im Gegensatz zu den Anfang 2013 entlarvten Betrügern, soll diesmal mit Fleisch gehandelt worden sein, das eigentlich niemals in die Nahrungskette hätte gelangen dürfen. Theoretisch könnte es zum Beispiel Rückstände von Antibiotika enthalten. Es sei zurzeit nicht abzuschätzen, ob Verbraucher in Gefahr gebracht worden seien, teilte die Regierung in Paris mit. 

Ermittler hatten kurz zuvor im Morgengrauen eine Großrazzia in elf Départements im Süden des Landes gestartet. Rund 100 Einsatzkräfte der Polizei durchsuchten Unternehmen und nahmen 21 Verdächtige fest, unter ihnen auch den mutmaßlichen Drahtzieher des Betrugs sowie vier Tierärzte. 

Pferde von Sanofi

Als ein Opfer des Betrugs gilt neben den Verbrauchern der französische Pharmakonzern Sanofi. Das auf Impfstoffe spezialisierte Tochterunternehmen Sanofi Pasteur musste am Montag bestätigen, dass ein Teil der illegal in Schlachthöfen gelandeten Tiere von ihm stammen könnte. "Wir haben in den vergangenen drei Jahren rund 200 Tiere weiterverkauft, die zuvor zur Herstellung von Antikörpern gegen Tollwut und Tetanus sowie zum Beispiel von Schlangengiften genutzt wurden", sagte Sprecher Alain Bernal der dpa.

Alle Pferde seien aber eindeutig als nicht lebensmitteltauglich gekennzeichnet gewesen. Hintergrund ist, dass sie sogenannte Antigene geimpft bekommen müssen, um Antikörper zu produzieren. Das können beispielsweise kleine Giftmengen oder Krankheitserreger sein. 

Zu Braten verarbeitet

Nach Angaben von Bernal hätte die Pferde, die quasi als Lebensretter für Menschen arbeiteten, eigentlich ein Gnadenbrot auf der Weide finden sollen. Vom Käufer sei lediglich ein symbolischer Betrag verlangt worden - zum Beispiel zehn Euro. Ähnlich war es vermutlich bei Reitställen, die für den Sport nicht mehr geeignete Pferde abgaben. 

Für die französische Fleischindustrie sind die Enthüllungen ein Schock. Erst Anfang des Jahres war entdeckt worden, dass ein französisches Unternehmen tonnenweise als Rind deklariertes Pferdefleisch vertrieb. In zahlreichen Ländern entdecken Kontrolleure Pferdefleisch in Fertigprodukten, in Deutschland werden Mitte Februar erstmals Spuren in einer Tiefkühl-Lasagne mit angeblicher Rindfleischfüllung festgestellt. Es folgten Fertigprodukte wie Chili con Carne und Spaghetti Bolognese sowie Dönerspieße und Corned Beef waren betroffen. 

Verbraucherminister Benoît Hamon versuchte den neuen Skandal am Montag ein Stück weit positiv zu sehen. Er sei wegen der verschärften Kontrollen entdeckt worden, erklärte er.

von Ansgar Haase, dpa

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