PID-Methode soll Erfolg erhöhen
Britische Mediziner hoffen mit einer neuen Methode der Präimplantationsdiagnostik (PID) auf eine deutlich höhere Erfolgsquote bei künstlichen Befruchtungen. Erste Tests mit dem sogenannten "Next Generation Sequencing" seien einem Team der Universität Oxford geglückt, berichten Wissenschaftler an diesem Montag auf der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Human-Reproduktion und Embryologie (ESHRE) in London.
Das erste gesunde Kind sei nach der neuen Form des Gen-Screenings im Juni geboren worden, heißt es in einer Mitteilung der Gesellschaft. Dafür hatten Mediziner das gesamte Erbgut des Embryos einbezogen. Bisher ist die neue Methode allerdings erst bei zwei Paaren getestet worden. Das macht deutsche Experten noch skeptisch.
Das gesamte Genom wird analysiert
Die Methode verspreche, die Embryo-Auswahl bei der künstlichen Befruchtung zu revolutionieren, behaupten die britischen Forscher. Im Gegensatz zu bisherigen Methoden der PID, bei denen nur fünf bis sechs Chromosomen auf mögliche Fehler untersucht werden konnten, ermögliche das "Next Generation Sequencing" (NGS) die Analyse des gesamten Genoms, wie eine Sprecherin der Gesellschaft bestätigte.
Die NGS-Methode sei erstmals erfolgreich vom Mediziner Dagan Wells vom NIHR Biomedical Research Centre an der Universität Oxford angewandt worden. "NGS ermöglicht bisher nicht dagewesene Einblicke in die Biologie von Embryos", sagte Wells. Mit ihrer kompletten Erbgut-Untersuchung wollen die Wissenschaftler unter anderem der Vererbung von Gen-Defekten und Auffälligkeiten von Chromosomen vollständiger als bisher auf die Spur kommen. Die Methode habe das Potenzial, den Erfolg künstlicher Befruchtungen zu erhöhen und das Risiko von Fehlgeburten zu senken, ergänzte Wells.
Methode soll Erfolgsquote der künstlichen Befruchtung erhöhen
Bei der künstlichen Befruchtung werden Eizellen außerhalb des Körpers mit Sperma zusammengebracht. Der daraus entstehende Embryo wird wieder in den Mutterleib eingepflanzt. Die bisherigen Methoden haben aber nur maximale Erfolgsraten von 30 Prozent. Der Grund dafür ist bisher nicht bekannt, vermutet werden jedoch auch versteckte Chromosomen-Defekte. Für Paare ist das Bangen nach künstlichen Befruchtungen vor allem eine große psychische Belastung.
Wells und sein Team sind sich sicher, dass sie die Schwächen bisheriger Methoden weitgehend beseitigen konnten. Das gesamte Genom könne in nur 16 Stunden ausgelesen werden. Damit lasse sich auch das Einfrieren von Embryonen beim Warten auf Test-Ergebnisse vermeiden.
Bisher nur bei zwei Frauen getestet
Die beiden Frauen bei den englischen Versuche waren 35 und 39 Jahre alt. Eine Frau hatte schon mehrere Fehlgeburten erlebt. Durch die neue Methode wurden bei einem Paar drei und bei dem anderen Paar zwei gesunde Embryos ohne Gendefekte identifiziert. In beiden Fällen sei die Schwangerschaft erfolgreich gewesen, nachdem jeweils nur ein Embryo eingesetzt wurde. Das senkt auch das Risiko von Mehrlingsschwangerschaften. Die zweite Frau ist noch schwanger.
Das neue Verfahren, dass auch preislich günstiger sein soll als bisherige PID-Methoden, soll nun in einer größer angelegten klinischen Studie getestet werden. Erst in einer Vergleichsstudie könne der Beweis erbracht werden, dass die Methode tatsächlich Verbesserungen bringt, sagt auch Klaus Diedrich, Vorsitzender der PID-Kommission bei der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. "Im aktuellen Fall der britischen Mediziner waren es Einzelbeobachtungen, aber keine Beweise."
Einführung in Deutschland unwahrscheinlich
Es habe bereits mit dem Aneuploidie-Screening eine PID-Form gegeben, bei der Chromosomen untersucht wurden, berichtete Diedrich. Allerdings seien in diesem Fall nur 5 bis 6 Chromosomen analysiert worden. "Die Schwangerschaftsrate hat sich hierdurch nicht verbessert", berichtete der Experte.
Dass die neue britische Methode in Deutschland eingeführt wird, hält Diedrich für unwahrscheinlich. Erst seit diesem Jahr ist hier nach jahrelangem politischen und ethischen Streit der Weg für die PID rechtlich frei. Doch nur Paare mit problematischen Genanlagen dürfen ihre Embryonen aus dem Reagenzglas mit Gentests auf schwere Defekte untersuchen lassen. "In Großbritannien wurde das Screening nur auf Verdacht durchgeführt, das ist in Deutschland nicht denkbar", betonte Diedrich.