Versorgung: Ambulant vor stationär
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lässt Zahlen sprechen: Demnach gibt es in der ambulanten Versorgung über eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte pro Jahr. 2014 hat es in diesem Versorgungsbereich 552,7 Millionen Behandlungsfälle gegeben. Gekostet hat das 33,4 Milliarden Euro, so die KBV.
Kosten in Kliniken doppelt so hoch
Auf die Krankenhäuser hingegen entfielen mit 67,9 Milliarden Euro ein mehr als doppelt so hoher Kostenanteil, bei 19,1 Millionen Behandlungsfällen. „Der Grundsatz ambulant vor stationär gilt zwar ganz eindeutig für die Versorgung der Patienten, spiegelt sich aber leider nicht in der notwendigen Unterstützung durch die Politik wider“, so Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Die Politik habe in der aktuellen Gesetzgebung eher zugunsten des stationären Sektors gehandelt, statt den Niedergelassenen den Rücken zu stärken.
Quelle: KBV / GKV-Spitzenverband / Destatis. Stand 2014
Unterdessen meldet die Bundesärztekammer (BÄK), dass der medizinische Versorgungsbedarf schneller steigt als die Zahl der Ärzte. Wie aus den Daten der BÄK hervorgeht, erhöhte sich die Zahl der ärztlich tätigen Mediziner im vergangenen Jahr nur leicht um 1,7 Prozent. Das bedeutet einen Anstieg um 6.055 Ärzte auf nunmehr 371.302 bundesweit. Davon arbeiteten 189.622 im Krankenhaus (+ 1,8 Prozent). Ambulant tätig waren 150.106 Ärzte (+ 1,5 Prozent), so die BÄK.
Immer mehr ambulante Behandlungen
Gleichzeitig sei die Zahl der Behandlungsfälle angestiegen und ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Zwischen 2004 und 2014 erhöhte sich die Zahl der ambulanten Behandlungen in Deutschland um 152 Millionen. Die Unternehmensberatung Deloitte prognostiziert bis zum Jahr 2030 eine Zunahme der Fallzahlen im stationären Bereich um mehr als zwölf Prozent. Verantwortlich dafür sei vor allem der steigende Behandlungsbedarf einer alternden Gesellschaft.
Neue Mediziner braucht das Land
„Wenn wir jetzt nicht entschieden gegensteuern, steht die medizinische Versorgung in Zukunft vor immensen Problemen“, warnte Ärztepräsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Daher müsse die Zahl der Studienplätze erhöht werden. „Noch im Jahr 1990 gab es in den alten Bundesländern 12.000 Plätze im Studiengang Humanmedizin. Heute sind es gerade noch 10.000, obwohl durch die Wiedervereinigung acht medizinische Fakultäten hinzugekommen sind." Montgomery sprach sich dafür aus, bis 2017 an allen medizinischen Fakultäten in Deutschland Lehrstühle für Allgemeinmedizin einzuführen.
Ältere Patienten - ältere Ärzte
Doch nicht nur die Gesellschaft insgesamt altert - mit ihr altert auch die Ärzteschaft. Zwar stieg laut BÄK im Jahr 2015 der Anteil der unter 35-jährigen Ärzte um 0,2 Prozentpunkte auf 18,5 Prozent. Dem stehe aber bei den über 59-Jährigen ein Zuwachs auf 17,3 Prozent gegenüber (Vorjahr: 16,4 Prozent). Weiterhin sei der Anteil der 40- bis 49-Jährigen von 25,2 Prozent auf 24,1 Prozent zurückgegangen, während der Anteil der 50-bis 59-Jährigen von 28,5 Prozent auf 28,6 Prozent anstieg. Damit gebe es viel mehr 50- bis 59-jährige als 40- bis 49-jährige Ärzte, rechnet die BÄK.
Selbstbewusste Jungmediziner
Zudem würden sich bei den Jungmedizinern die persönlichen Prioritäten verschieben. „Es wächst eine sehr selbstbewusste Ärztegeneration nach. Sie ist nicht mehr bereit, Versorgungslücken bedingungslos auf Kosten der eigenen Lebensplanung zu schließen“, so Montgomery. Wie Umfragen zeigten, räumen die angehenden Mediziner der Vereinbarkeit von Familie und Beruf die höchste Priorität ein. Knapp dahinter folgt der Wunsch nach geregelten und flexibel gestaltbaren Arbeitszeiten – noch vor guten Verdienstmöglichkeiten. Dementsprechend entscheiden sich immer mehr Ärzte gegen eine Vollzeitstelle.