KBV-Vertreterversammlung

Votum für Verschiebung der elektronischen AU-Bescheinigung

pr/pm
Ein klares Votum gaben die Delegierten der KBV-Vertreterversammlung am Freitag in Berlin zur Einführung der elektronischen AU-Bescheinigung und zum eRezept ab. Die Technik funktioniere nicht oder komme zu spät.

Gleichzeitig sähen sich Ärzte und Psychotherapeuten Sanktionen ausgesetzt, wenn vom Gesetzgeber vorgegebene Fristen nicht eingehalten werden, hieß es. „Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen haben keinen Einfluss auf den Stand oder die Funktionalität technischer Produkte. In den Praxen herrschen Zorn und Frust, weil nur wenig funktioniert von dem, was geliefert wurde“, fasste ein Delegierter die Stimmung in den Praxen zusammen.

Einstimmig sprachen sich die Delegierten dafür aus, sowohl die Einführung des eRezeptes als auch die Verpflichtung zur Ausstellung der eAU zum 1. Januar zu verschieben. Zugleich stellte die Vertreterversammlung klar, dass Ärzte und Psychotherapeuten nicht für Dinge sanktioniert werden dürfen, die sie nicht zu verantworten haben.

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen erklärte zudem: Nach anderthalb Jahren im Corona-Krisenmodus bräuchte es endlich „eine rationale Diskussion – nicht auf Basis von Vermutungen und Befürchtungen, sondern von medizinisch-wissenschaftlichen Fakten“, Diese Fakten gebe es mittlerweile und es würden jeden Tag mehr. Das sei es, was die heutige Situation von der im Sommer vergangenen Jahres unterscheide.

Sein Stellvertreter, Dr. Stephan Hofmeister, forderte die Aufhebung aller staatlich veranlassten Restriktionen der Pandemie: „Wenn eine Impfpflicht nicht gewollt ist – und auch ich will sie nicht – dann gibt es politisch nur diese Alternative“, sagte der KBV-Vize. Jeder, der sich mit einer Impfung schützen möchte, könne das tun. Die Möglichkeiten dazu seien reichlich vorhanden. Hofmeister: „Jetzt liegt es nicht mehr in der Verantwortung des Staates, sondern in der individuellen Verantwortung jedes und jeder Einzelnen.“

"Sich zu schützen, liegt in der Verantwortung des Einzelnen"

Gassen ergänzte: „Auch wissen wir jetzt evidenzbasiert: Die Null-COVID-Strategie funktioniert nirgendwo.“ Er plädierte dafür, sich weiter vor allem darauf zu konzentrieren, noch ungeimpfte Erwachsene zu gewinnen, die grundsätzlich impfwillig seien. Auf diese Weise lasse sich eine möglichst breite Grundimmunisierung zu erreichen, bevor ohne wissenschaftliche Grundlage ungezielt ein drittes Mal geimpft würde. Politikern empfahl Gassen, in Bezug auf die Booster-Impfung auf medizinische Expertise zu hören. Das entscheidende Gremium hierfür sei die Ständige Impfkommission.

Hofmeister appellierte an die Politik zu kommunizieren, dass die Impfung vor allem eine Entscheidung für die eigene Gesundheit sei. Umfragen würden zeigen, dass sich manche Menschen aus Protest gegen politischen Druck nicht impfen lassen. Hier fände eine „ungute Vermischung“ statt, so Hofmeister. Leider werde immer noch versucht, mit Angst Politik zu machen. Hofmeister: „Es muss endlich Schluss sein mit Gruselrhetorik und Panikpolitik!“

Gassen: Ärzte brauchen eine solide Finanzierungsgrundlage

Gassen ging in seiner Rede auf der Vertreterversammlung ferner auch auf die jüngsten Honorarverhandlungen der Vertragsärzte mit den Krankenkassen ein: „Wir brauchen keine Bürgerversicherung, die keins der Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung löst, sondern wir brauchen eine solide Finanzierungsgrundlage für die Praxen,“ forderte er. Er kritisierte die Krankenkassen scharf, die Praxen gerade jetzt mit einer Nullrunde abspeisen zu wollen: „Dass ausgerechnet bei denjenigen gespart werden soll, die die Pandemie gestemmt haben, ist nicht akzeptabel. Der ambulante Schutzwall hat doch gerade dazu beigetragen, viele teure Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. 13 von 14 Covid-19-Patienten wurden ambulant behandelt!“ Davon hätten auch die Krankenkassen profitiert.

„Diese geforderte Nullrunde dann auch noch als Entgegenkommen zu bezeichnen, weil man eigentlich absenken wollte, ist dann allerdings nur noch unverschämt“, kritisierte Gassen. Deshalb sei das mit knapper Mehrheit gegen das Kassenlager erreichte Honorarergebnis mit einer Steigerung des Orientierungswertes von knapp 1,3 Prozent akzeptabel - aber nur unter Berücksichtigung der gesetzlich engen Rahmensetzung.

Was dies Gassen zufolge aber auch deutlich zeige, sei, dass die Mechanismen des Fünften Sozialgesetzbuches in der vorliegenden Form völlig ungeeignet seien, tatsächlich auch nur einen Werterhalt zu gewährleisten: „Realiter verschlechtert sich die finanzielle Situation der Praxen jedes Jahr ein klein wenig, weil Effekte zeitverzögert und unvollständig berücksichtigt werden,“ kritisierte er.

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