Warum Prof. Meyer-Lückel nach Bern wechselt
zm-online: Herr Prof. Meyer-Lückel, warum verlassen Sie den Wissenschaftsstandort Deutschland?
Univ.-Prof. Dr. Hendrik Meyer-Lückel:
Die Schweiz war schon immer ein lebenswerter Ort, insbesondere auch in raueren Zeiten, so dass es für meine Familie und mich eine leichte Entscheidung war, von Nordrhein-Westfalen in die Schweiz zu ziehen.
Darüber hinaus sind die zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern - kurz ZMK Bern - in weltweiten Rankings sehr weit vorne und hierbei insbesondere hinsichtlich der harten Faktoren, wie Zitationshäufigkeit und h-index Weltspitze. Somit stellt der Ruf nach Bern auch eine Auszeichnung der bisherigen Tätigkeiten meiner Arbeitsgruppen in Berlin, Kiel und zuletzt Aachen dar. Darüber hinaus erlaubt die Organisation der ZMK Bern als ein sogenanntes Dienstleistungszentrum ein wesentlich freieres unternehmerisches Handeln als dies in den zunehmend zentralistischen, bürokratisierten universitären Strukturen Deutschlands möglich ist.
Zum 1. November werden Sie Ihren Lehrstuhl an der Universität Bern antreten – welche Forschungsthemen stehen konkret auf Ihrer Agenda?
Die Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin der ZMK Bern verfügt ja schon seit vielen Jahren über ein herausragendes Forschungsprofil, das von meinem Vorgänger Prof. Dr. Lussi etabliert wurde. Ich freue mich auch sehr, dass sich Herr Lussi in den nächsten Jahren weiterhin im Bereich der Erosions- und Speichelforschung in der Klinik engagieren wird.
Mit meinen beiden Mitarbeitern, die mich aus Aachen nach Bern begleiten, sowie mit der anstehenden Neubesetzung einer Oberarztstelle mit einem Zahnarzt und Forscher aus dem Bereich der Endodontie, werden wir das bisherige Profil sicherlich sehr gut ergänzen können.
Ein Schwerpunkt der Forschung der Klinik wird hierbei in der Entwicklung neuer Ansätze zur Prävention und Therapie der Wurzelkaries liegen. Darüber hinaus steht zeitnah das Berufungsverfahren für eine Stiftungsprofessur für Präventivzahnmedizin und Epidemiologie an. Ich denke, somit werden alle Bereiche des Lehrstuhls in hervorragender Weise abgebildet sein. Ich freue mich darüber hinaus auch sehr auf die außergewöhnlich guten Möglichkeiten der interdisziplinären Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken der ZMK Bern.
Sie haben die Kariesinfiltration mitentwickelt – auf welche wissenschaftliche Evidenz stützt sich diese Methode mittlerweile?
Prof. Sebastian Paris, der ja seit einigen Jahren die Klinik für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin an der Charité in Berlin leitet, und ich haben damals sicherlich nicht gedacht, dass die Etablierung der Methode und eines entsprechenden Produktes einen so langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. Gleichwohl sind wir mit dem bisherigen Ergebnis zufrieden und auch sehr dankbar, dass sich Dr. Wolfgang
Mühlbauer mit seinem Unternehmen DMG dieser Aufgabe gestellt hat.
Die klinischen Daten zeigen aus meiner Sicht, dass die approximale Kariesinfiltration eine sehr wirksame Methode ist. Die Überlebensrate einer infiltrierten Läsion nach fünf Jahren liegt bei circa 90 Prozent. Die Wirksamkeit der Methode wurde auch in einem „Cochrane review“ bestätigt. Für die Praxis bedeutet dies, dass man eine unkavitierte, röntgenologisch auf das erste Dentindrittel begrenzte Karies mit gutem Gewissen zunächst infiltrieren kann - und erst bei einem eventuellen Voranschreiten die nächst-invasivere Option einer Klasse-II-Füllung anwenden sollte.
Die gute ästhetische Maskierung von Karies, insbesondere solcher nach kieferorthopädischer Behandlung mit festsitzende Apparaturen, wie auch von leichten bis mittleren Fluorosen ist ebenso in zahlreichen klinische Studien und Fallberichten gezeigt worden.
Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Aachener Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde für die erfolgreiche und fröhliche Zusammenarbeit bedanken. Ich werde mich sicherlich immer wieder an die sehr schönen 5,5 Jahre in der Klinik für ZPP zurückerinnern.