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"Wir müssen aufhören, zu jammern!"

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Wie beeinflusst die EU das Gesundheitswesen? Und welche Folgen hat die Brüsseler Politik für die Zahnärzte? Antworten darauf gab es auf einer Podiumsdiskussion des Freien Verbandes der Deutschen Zahnärzte (FVDZ) auf Usedom.

"Europäische Gesundheitspolitik gleicht einem Tanker", erklärte die FVDZ-Vorsitzende, Kerstin Blaschke, zur Einleitung der Podiumsdiskussion auf dem Sommer-Fortbildungskongress des Verbandes am 4. Juni in Heringsdorf/Usedom. 

Die Entwicklungen aus Brüssel seien zwar langsam und schwerfällig, aber irgendwann schlügen die Themen in den Nationalstaaten auf - so auch geschehen in Sachen Zahnmedizin. Inzwischen gebe es etliche, ganz praktische Aspekte gerade auch im zahnärztlichen Bereich, die nicht mehr auf nationaler Ebene, sondern von Brüssel aus entschieden würden. Blaschke: "Wir müssen aufhören, zu jammern, müssen aktiv werden und wach bleiben." Die aus zahnärztlicher Sicht relevante Frage laute: "Was darf an Entwicklungen aus der EU kommen - und was nicht?"

Die Freien Berufe stehen auf dem Prüfstand

Dr. Peter Engel,  Präsident der BZÄK machte in seinem Impulsreferat deutlich, dass die europäische Politik inzwischen einen enormen Einfluss erlangt habe. So wolle die EU infolge der Krise mehr Wirtschaftswachstum generieren und habe dazu die Freien Berufe ins Visier genommen. Hier dränge man auf einen Abbau von Regulierungen. Im Rahmen der Transparenzinitiative stehe die freiberufliche Regulierung auf dem Prüfstand. Es werde überprüft, ob Berufszugangs- und Berufsausübungsregeln gerechtfertigt seien. Dazu gehörten etwa Fremdkapital- oder Werbeverbote. Für den Gesundheitsbereich seien die Berufe der Physiotherapeuten, Psychologen und Dentalhygieniker (DH)  für eine vertiefende Prüfung ausgewählt worden.

Qualitätssicherung könnte durch TTIP verwässert werden

Auch das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP habe Einfluss auf die Praxen, so Engel weiter. Angestrebt werde dort zum Beispiel, dass die Angehörigen bestimmter regulierter Berufe von den USA und der EU wie Inländer behandelt werden. Dies solle durch eine erleichterte Anerkennung von ausländischen Abschlüssen flankiert werden. 

Aus freiberuflicher Sicht könne der im Zuge des Abkommens geplante sukzessive Abbau von Handelshemmnissen zu Verwerfungen führen. Das bedeute, es wäre denkbar, dass bestimmte berufsrechtliche Regelungen, die der Qualitätssicherung dienen, als Hemmnisse verstanden würden und potenzielle Investoren abschrecken könnten. Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, habe der Council of European Dentists (CED) eine Europäische Charta der Freien Berufe entwickelt, die konkrete Forderungen aufstelle, wie der EU-Gesetzgeber den Bedürfnissen der Freien Berufe besser gerecht werden könne.

"Der Patient lässt sich nicht messen!"

Mit Sorge betrachtete Engel Bestrebungen des europäischen Normungsinstituts CEN, Gesundheitsdienstleistungen zu normieren. Engel: "Die Prinzipien der Normung von Produkten dürfen nicht auf Dienstleistungen im Gesundheitsbereich übertragen werden. Die Dienstleistung im Gesundheitsbereich ist eine individuelle Behandlung, die auf dem persönlichen Arzt-Patientenverhältnis beruht." Und weiter: "Der Patient ist ein Individuum, er lässt sich nicht messen!"

Grundfreiheiten bieten echte Chancen

Europaabgeordnete hätten inzwischen einen großen Einfluss, erläuterte Sören Haar vom Brüsseler FVDZ-Büro. EU-Entscheidungen würden von gewählten Volksvertretern getroffen, der Binnenmarkt berge mit seinen Grundfreiheiten echte Chancen, etwa bei der Freizügigkeit der Arbeitssuche. Das gelte sowohl für Bürger, Konsumenten wie auch für Patienten. Jedoch müssten auch die negativen Aspekte  berücksichtigt werden, vor allem im Gesundheitswesen.

Berufsstand muss sich standespolitisch aktiv einbringen

Dr. Ernst-Jürgen Otterbach, EU-Experte beim FVDZ, verwies auf die Möglichkeiten, die sich den Freien Berufen bieten, um auf die europäischen Gesundheitspolitik Einfluss zu nehmen. Gremien wie der EU-Ausschuss der BZÄK , der Council of European Dentists, aber auch die ERO (Europäische Regionalorganisation im Weltzahnärzteverband FDI) bieten laut Otterbach Plattformen, um die Interessen des Berufsstandes einzubringen, aktiv zu werden und Strategien zu entwickeln.

Ganz wichtig sei, dass die Standespolitik Verantwortung übernehme, ergänzte Engel. Wichtig sei, auch die junge Berufsgeneration in die Diskussionen mitzunehmen, die Themen verständlich zu transportieren, Verantwortung zu übernehmen - und auch einmal Prügel einzustecken. Engels Schlussplädoyer: "Wir müssen lernen, ehrlicher zu werden."

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