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Historische Belastung des bisherigen Namensgebers

Zahnärztekammer Nordrhein benennt Fortbildungsinstitut um

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Gesellschaft
Mit der Umbenennung ihres Fortbildungsinstituts würdigt die Zahnärztekammer Nordrhein den Wegbereiter der Prophylaxe Alfred Kantorowicz. Der bisherige Namensgeber Karl Häupl war NSDAP-Mitglied.

Die Umbenennung des Fortbildungsinstituts sei auch das Ergebnis einer mehrjährigen Auseinandersetzung mit dem bisherigen Namensgeber Karl Häupl gewesen. „Denn abseits seiner Verdienste in der zahnmedizinischen Lehre, in der Funktionskieferorthopädie sowie als renommierter Wissenschaftler gab es auch eine zweite Seite von Karl Häupl“, stellt die Kammer klar.

So habe eine politische Nähe Häupls zum NS-Regime bestanden, die sich neben einer NSDAP-Mitgliedschaft und antisemitischen Äußerungen aus dem Jahr 1938 – während seiner Zeit als Professor an der Deutschen Universität in Prag – vor allem im Zuge seiner Berufung an das Zahnärztliche Institut in Berlin auf Empfehlung Hermann Görings sowie in seiner Berufung in den Wissenschaftlichen Beirat des „Beauftragten für Medizinische Wissenschaft und Forschung“ Karl Brandt zeigt.

Brandt war von Hitler 1942 zum Bevollmächtigten und 1943 zum Generalkommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen ernannt worden und koordinierte in dieser Position unter anderem die Kriegstüchtigkeit des Gesundheitswesens.

Umbenennung nach historischer Auseinandersetzung mit Häupl

Bekannt wurde die NS-Täterschaft der Kammer zufolge 2019 durch den Aachener Medizinhistoriker Prof. Dominik Groß aus Aachen. Zur Prüfung der Vorwürfe beauftragte der Vorstand der Zahnärztekammer Nordrhein in der Folge ein eigenes Gutachten durch den Düsseldorfer Medizinhistoriker und Medizinethiker Prof. Heiner Fangerau, das demnach Häupls Verbindungen zum NS-System bestätigt.

„Karl Häupl ist ein Beispiel dafür, wie tief Teile unseres Berufsstandes mit dem NS-Regime verstrickt waren. Wir können dieses Unrecht nicht ungeschehen machen, aber wir können die Erinnerung daran präsent halten und vor allem die Verantwortung übernehmen, dass sich diese Verbrechen in Deutschland nicht wiederholen“, betont Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler.

Bei der Umbenennung sei die Kammer durch ihren Beirat mit zahlreichen Wissenschaftlern beraten worden mit dem Ziel, eine Person zu finden, deren zahnmedizinisches Schaffen ebenfalls international anerkannt ist, wodurch die Wahl am Ende auf den „Präventionsvorreiter“ Alfred Kantorowicz fiel.

"Wir können dieses Unrecht nicht ungeschehen machen, aber wir können die Erinnerung daran präsent halten und vor allem die Verantwortung übernehmen, dass sich diese Verbrechen in Deutschland nicht wiederholen.“

Kammerpräsident Dr. Ralf Hausweiler

Ein Pionier der Prävention

Der Zahnmediziner Prof. Dr. Alfred Kantorowicz wurde 1880 in Posen geboren und erfuhr in den 1920er-Jahren als Professor an der Universität Bonn große wissenschaftliche Anerkennung, meldet die Kammer. Mit dem „Bonner System“ etablierte er mobile Behandlungseinheiten, in denen Schulkinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft kostenlos untersucht und behandelt wurden. In der Folge konnte die Anzahl kariöser Zähne deutlich reduziert werden. Sein Modell wurde deshalb sowohl in Deutschland als auch international zum Vorbild und begründete den Weg zur modernen präventionsorientierten Zahnheilkunde.

Als Jude und Sozialdemokrat wurde Kantorowicz bereits kurz nach der Machtübernahme der NSDAP im Jahr 1933 von der Universität Bonn entlassen und über mehrere Monate in Konzentrationslagern inhaftiert. Aufgrund seiner internationalen Bekanntheit konnte er – im Unterschied zu vielen anderen Opfern des Regimes – noch 1934 in die Türkei auswandern und an der Istanbuler Universität eine Professur übernehmen. In zahlreichen Studien beschäftigte sich Kantorowicz unter anderem mit dem Aufbau der Zahngewebe und Bakteriologie in der Mundhöhle. Wie bei Häupl waren auch bei Kantorowicz Untersuchungen und Fragestellungen in der Histologie und Pathologie Schwerpunkt seiner Arbeit und auch seine Veröffentlichungen zur Kariologie fanden weite Anerkennung.

Zahnärztekammer Nordrhein

„Dass wir Zahnärztinnen und Zahnärzte heute selbstverständlich in Schulen gehen, um dort Kinder zu untersuchen, wäre ohne Alfred Kantorowicz vielleicht nicht denkbar“, gibt Hausweiler zu bedenken. "Seine Weitsicht, seine Expertise und seine Bedeutung für die zahnmedizinische Prävention machen ihn zu einem aus unserer Sicht idealen Namenspaten für unser ehrwürdiges Fortbildungsinstitut.“

„Kantorowicz‘ Biografie zeigt zudem, wie das Leben im Nationalsozialismus war, wenn man zu den Feinden dieser menschenverachtenden Ideologie zählte und steht somit im Gegensatz zu Karl Häupl“, verdeutlicht die Kammer.

Die Umbenennung tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Am 28. Februar 2026 wird letztmalig der Karl-Häupl-Kongress in Köln unter seinem alten Namen stattfinden, der künftig Alfred Kantorowicz Kongress heißen wird.

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