Zahngesundheit bei Pflegebedürftigen mangelhaft
Zwar gelte die Mangelversorgung unabhängig davon, ob die Pflegebedürftigen zu Hause oder stationär gepflegt werden, dennoch bräuchten vor allem Menschen in Pflegeheimen einen leichteren Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung. „Gerade weil ihnen die Mitwirkung wegen ihrer Bedürftigkeit schwer fällt“, so Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse.
Um dem Problem besser begegnen zu können, seien zum Beispiel mehr zahnärztliche Schwerpunktpraxen für Pflegebedürftige hilfreich, heißt es. Außerdem müsse die aufsuchende Behandlung ausgebaut werden. Schlenker begrüßte, dass der Gesetzgeber im Versorgungsstärkungsgesetz Verbesserungen der zahnmedizinischen Prävention für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen plant.
Letzter Zahnarztbesuch ist ewig her
Vor allem die Pflegebedürftigen in Heimen seien laut Report zahnmedizinisch unterversorgt. „Aus Studien wissen wir, dass für einige Pflegebedürftige der letzte Zahnarztbesuch schon Jahrzehnte zurückliegt“, betonte Studienautor Prof. Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Uni Bremen. "Für mehr als 50 Prozent der Betroffenen liegt der letzte Gang zum Zahnarzt knapp zwei Jahre oder länger zurück. Umso wichtiger ist sicherzustellen, dass bei diesen Menschen die Zahngesundheit stetig beobachtet wird“, forderte Rothgang.
Der Pflegereport vergleicht demzufolge erstmals anhand von Routinedaten die zahnmedizinischen Leistungen für Pflegebedürftige mit denen Nicht-Pflegebedürftiger gleichen Alters, Geschlechts und gleicher Morbidität. Erstes Ergebnis: Bei Erkrankungen des Zahnhalteapparates sind Pflegebedürftige schlechter versorgt. Während 0,35 Prozent der nicht pflegebedürftigen Versicherten deswegen behandelt werden, liegt bei den Pflegebedürftigen die Inanspruchnahme um mehr als zwei Drittel niedriger (-0,25 Prozentpunkte).
Schlechter gepflegt - weniger eigene Zähne
Welche konkreten Auswirkungen die schlechtere Versorgung auf die Mundgesundheit hat, ließe sich noch nicht sicher sagen, so Schlenker. „Wir können aber davon ausgehen, dass hier ein beträchtlicher gesundheitlicher Schaden entsteht.“
So sei aus Studien bekannt, dass der Karies-Index bei Pflegebedürftigen höher liegt als bei nicht Pflegebedürftigen. Im Durchschnitt seien bei ihnen mehr als 25 der 28 Zähne befallen oder entfernt. Zum Vergleich: Bei 65- bis 74-Jährigen insgesamt liegt der Index bei 22.
Schlenker verwies darauf, dass es mittlerweile zwar eine ganze Reihe von Kooperationsvereinbarungen zwischen Zahnärzten und Pflegeheimen gibt, sich heute aber schon zeige, dass es weiterer Reformschritte badraf. Neben einer stärkeren aufsuchenden Behandlung und mehr Schwerpunktpraxen für die zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen müsse sich auch die Situation in den Pflegeheimen verändern.
Heime müssen besser auf Mundhygiene achten
Die Mitarbeiter dort müssten zahnmedizinisch weitergebildet werden, um Probleme mit der Mundgesundheit früh erkennen und eine Behandlung veranlassen zu können. Dabei gehe es auch um ganz praktische Hilfen. Denn Pflegebedürftige hätten oft gar nicht mehr die Fähigkeit, selber auf ihre Mundgesundheit zu achten. Sie bräuchten deswegen zum Beispiel eine helfende Hand bei der Prothesenpflege. Außerdem sei es wichtig, dass in jedem Pflegeheim zumindest ein einfacher Behandlungsstuhl verfügbar ist. Das erleichtere die Arbeit der kooperierenden Zahnärzte wesentlich baue und damit Hürden ab.
###more### ###title### BZÄK und KZBV begrüßen Präventionsmanagement ###title### ###more###
BZÄK und KZBV begrüßen Präventionsmanagement
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßten das Vorhaben der Bundesregierung erneut, ein zahnmedizinisches Präventionsmanagement im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) festzuschreiben.
Durch die geplante Regelung (§ 22a SGB V) sollen Pflegebedürftige einen rechtlich verbrieften Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen erhalten. „Ein solches Präventionsmanagement entspricht einer langjährigen Forderung der Zahnärzteschaft. Es ermöglicht Menschen in Pflegeeinrichtungen die gleichberechtigte und umfassende Teilhabe an moderner Zahnheilkunde", sagte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV.
"In diesem Zusammenhang ist die Initiative der Barmer GEK, mit dem aktuellen Pflegereport den derzeitigen Stand und die künftigen Aufgaben im Bereich ambulanter und stationärer Pflege aufzuzeigen, ein wichtiges Signal. Die flächendeckende und wohnortnahe Sicherstellung und Ausweitung der zahnmedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen ist bereits seit vielen Jahren eines unserer vordringlichsten Anliegen.“
Den Fürsorgegedanken stärken
Prof. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK: „Die Mundgesundheit von Älteren, Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung ist signifikant schlechter als die der übrigen Bevölkerung. Pflegebedürftige können sich oftmals nicht mehr ausreichend selbst um Zahn -und Mundpflege kümmern. Auch die Möglichkeiten, regelmäßig eine Praxis aufzusuchen, sind begrenzt. Hier gilt es, durch eine Mischung aus klaren gesetzlichen Regelungen und einer besonderen Fürsorge der Zahnmedizin Verbesserungen herbeizuführen. Der geplante §22a ist daher ein nachhaltiger Fortschritt für betroffene Patienten bei der zahnmedizinischen Prävention.“
Eine Umfrage bei den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ergab, dass bereits in den ersten Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelungen bei stark steigender Tendenz bundesweit etwa 2.000 Verträge abgeschlossen wurden.
Routinedaten des Pflegereports
Insgesamt ist die die Zahl der Pflegebedürftigen auch 2013 gestiegen und zwar laut Barmerum weitere 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Inzwischen seien 2,5 Millionen Versicherte pflegebedürftig. Diese Zahl wird laut Rothgangs Schätzung bis zum Jahr 2050 auf mehr als 4,5 Millionen ansteigen.
Die Prognosen seien je nach Region jedoch sehr unterschiedlich. Während sich die Zahl der Pflegebedürftigen in den Jahren 2010 bis 2050 in Sachsen-Anhalt um 57 Prozent erhöhen werde, liege diese Steigerungsrate in Baden- Württemberg knapp doppelt so hoch (113 Prozent), heißt es.
Pflegestärkungsgesetz verbessert Bedingungen
Schlenker verwies auf die ab 2015 deutlich verbesserten Leistungen für Pflegebedürftige. So werde durch das Pflegestärkungsgesetz der Zuschuss für barrierefreies Wohnen für Pflegebedürftige auf 4.000 Euro steigen. Zuvor waren es lediglich rund 2.500 Euro. Schlenker begrüßte es, dass ab 2015 zudem sogenannte Alltagsbegleiter durch die Pflegekassen finanziert werden. Sie sollen zum Beispiel bei Behördengängen oder beim Einkaufen helfen. „Diese praktische Lebenshilfe verhindert, dass Menschen zu früh aus ihrer Wohnung ins Heim wechseln müssen.“