Zahnimplantate könnten sich bald wie echte Zähne anfühlen
Das parodontale Ligament (PDL) besteht nicht nur aus Kollagenfaserbündeln, die die Zahnwurzel mit der Alveole verbinden, so ist auch fein innerviert, so dass bei gesunden natürlichen Zähnen eine sensorische Rückmeldung vom Zahn zum Hirn stattfindet. Damit kann beispielsweise der Kaudruck am Zahn oder die räumliche Position selbst wahrgenommen werden – der Zahn fühlt sich „natürlich“ an. Wird der Zahn extrahiert und durch ein Implantat ersetzt, geht diese Eigenwahrnehmung (Propriozeption) verloren.
Orientierung am natürlichen Zahnhalteapparat
Drei Forscher der Tufts University in Massachusetts haben nun im Rattenmodell untersucht, ob und wie sich Implantate und chirurgische Techniken bei der Implantation von Zahnimplantaten so modifizieren lassen, dass propriozeptives Feedback ähnlich wie bei natürlichen Zähnen wiederhergestellt werden kann.
Dazu orientierten sie sich am Aufbau vom parodontalen Halteapparat des natürlichen Zahns. Im Unterschied zur klassischen Implantation musste dazu die Osseointegration vermieden werden. Das gelang durch die Verwendung von Implantaten, die kleiner als die zur Verfügung stehende Alveole waren und einer speziellen Implantatbeschichtung. Die Beschichtung aus komprimierten Nanopartikeln wirkt wie Memoryschaum und dehnt sich nach dem Einsetzen des Implantats aus, so dass das Implantat nicht osseointegriert wird.
Die Neubildung von Nervengewebe wird angeregt
Um das inerte Titanmaterial mit dem sensorischen System des Körpers zu verbinden, entwickelte das Tufts-Team ein Implantat mit einer biologisch abbaubaren Beschichtung. Diese Beschichtung enthält Stammzellen und ein spezielles Protein, das deren Vermehrung und Umwandlung in Nervengewebe unterstützt. Während sich die Beschichtung während des Heilungsprozesses auflöst, werden Stammzellen und Proteine freigesetzt, was das Wachstum von neuem Nervengewebe um das Implantat herum fördert.
Der dritte Baustein des Vorgehens der Forscher bestand in einer schonende Präparation des Alveolarknochens unter weitgehendem Erhalt der umgebenden Weichgewebe. Ziel war, die natürliche Struktur des parodontalen Ligaments zu imitieren und damit die Grundlage für eine mögliche neuronale Reinnervation zu schaffen.
Normalen Implantaten fehlt das sensorische Feedback
Im Ergebnis ließen sich Hinweise auf Nervenendigungen in der Nähe des Implantats histologisch nachweisen. Allerdings wurden keine elektrophysiologischen oder verhaltensbasierten Nachweise für tatsächliche Propriozeption erbracht. Die chirurgische Technik ermöglichte jedoch die Integration des Implantats unter Erhalt von Weichgewebsstrukturen, die dem natürlichen parodontalen Ligament zumindest ähneln.
Die experimentell gewonnenen Ergebnisse aus dem Tiermodell sind selbstredend nicht auf den Menschen übertragbar. Dennoch könnte die vorgestellte Technik langfristig zur Entwicklung „intelligenter“ Implantate führen, die nicht nur mechanisch, sondern auch sensorisch dem natürlichen Zahn näherkommen.
„Natürliche Zähne sind durch nervenreiches Weichgewebe mit dem Kieferknochen verbunden. Dieses Nervengewebe trägt dazu bei, Druck und Beschaffenheit wahrzunehmen und steuert unser Kauen und Sprechen. Implantaten fehlt dieses sensorische Feedback“, sagt Jake Jinkun Chen, Professor für Parodontologie und Leiter der Abteilung für Oralbiologie an der School of Dental Medicine und leitender Autor der Studie.
Der nächste Schritt der Forscher wird eine präklinische Studie sein, um zu sehen, ob die Gehirnaktivität bestätigt, dass die neuen Nerven, die das Prototyp-Implantat umgeben, tatsächlich sensorische Informationen weiterleiten.
Das, S., Ghosh, S., Tu, Q. et al. Surgical considerations towards inducing proprioceptive feedback in dental implants. Sci Rep 15, 15208 (2025). doi.org/10.1038/s41598-025-99923-8