Klage der Wettbewerbszentrale

Gericht verbietet Krankenkasse Werbung mit digitalem "Arztbesuch"

mth
NachrichtenPraxis
Das Landgericht München I hat der privaten Krankenversicherung Ottonova verboten, Fernbehandlungen im Internet zu bewerben. Die klagende Wettbewerbszentrale sieht zahlreiche Probleme bei derartigen Angeboten.

Der private Versicherer Ottonova hatte laut Wettbewerbszentrale seinen Kunden über eine App den "digitalen Arztbesuch" angeboten. Beworben wurden nicht nur Diagnose und Therapieempfehlung, sondern auch die Krankschreibung per App. Wörtlich hieß es: "Warum du den digitalen Arztbesuch lieben wirst. Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App."

Partner der Ottonova sind die eedoctors, Allgemein- und Notfallmediziner in der Schweiz - mit der Eigenwerbung: "Die eedoctors-App verbindet Dich sofort und ohne Wartezeit mit einem Allgemein- oder Notfallmediziner. Per Videoverbindung behandelt Dich der Arzt wie in der Arztpraxis."

Am 16. Juli fand der erste Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Das Landgericht München I urteilte, dass Ottonova es zu unterlassen habe, für ärztliche Fernbehandlungen in Form eines digitalen Arztbesuchs zu werben (Az.: 33 O 4026/18).

Fernbehandlung: Trotz Lockerung des Behandlungsverbots gilt das Werbeverbot im HWG

Die Wettbewerbszentrale hatte einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) beanstandet. Denn trotz der auf dem Ärztetag 2018 erfolgten Lockerung des berufsrechtlichen Fernbehandlungsverbots hat der Gesetzgeber das Werbeverbot für Fernbehandlung in § 9 HWG beibehalten.

Darin sieht die Wettbewerbszentrale eine gesundheitspolitische Grundsatzentscheidung, nämlich Werbung für Fernbehandlung generell und insbesondere für eine Krankschreibung zu verbieten.

In ihrer im März 2018 beim Landgericht München I eingereichten Klage erläutert die Wettbewerbszentrale auf dieser Grundlage die nach ihrer Ansicht zahlreichen möglichen Probleme bei der Werbung für eine Fernbehandlung. So sei es zum Beispiel fraglich, wie ein Fernbehandler den Pflichten nach dem Infektionsschutzgesetz nachkommen und meldepflichtige Krankheiten erkennen soll. Zudem sei die dauernde ärztliche Tätigkeit in Deutschland an die Niederlassung, also an einen Praxissitz, gebunden. Auch die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit dürfe nach deutscher Rechtslage nach der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie nur nach vorheriger persönlicher Untersuchung erfolgen.

Schweizer Recht rechtfertigt in Deutschland keine Werbung für Fernbehandlung

Die Gegenseite hatte sich darauf berufen, dass das Werbeverbot dann nicht gelte, wenn – wie in der Schweiz – die Fernbehandlung erlaubt sei. Auf der Webseite sei im Übrigen erkennbar, dass Fernkonsultationen nur in bestimmten Fällen, in denen diese medizinisch möglich und vertretbar sind, durchgeführt würden. Was die Krankschreibung betrifft, so sei die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie nicht einschlägig, da sie, die Beklagte, selbst keine ärztlichen Untersuchungen durchführe.

Dieser Ansicht folgte das Landgericht München I nicht.

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