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Report: Arzneimittel sind oft zu teuer

eb/dpa
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Den Beitragszahlern könnten dem neuen Arzneiverordnungs-Report zufolge Milliardenkosten für teure Medikamente erspart bleiben. Zusätzliches Sparen gehe alleine zulasten der Pharmaindustrie.

Zwar sanken vergangenes Jahr die Arzneiausgaben der gesetzlichen Kassen erstmals seit 2004 - doch seither klettern die Ausgaben schon wieder stark nach oben. Trotz der jüngsten Arzneireform der Koalition verschreiben die Ärzte weiterhin reihenweise neue teure Mittel ohne zusätzlichen Nutzen, kritisierte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Grund sei die effektive Vermarktung der Pharmaindustrie durch bezahlte Fortbildungen, Broschüren und Beratungen der Ärzte. 

Massive Marketingstrategien

"Wir sind nicht in der Lage, sehr massiven Marketingstrategien etwas entgegenzusetzen", sagte der Kommissionsvorsitzende Wolf-Dieter Ludwig. So sei der starke Zuwachs bei neuen Opioiden ein Zeichen, "wie Ärzte sich in die Irre führen lassen". Das Standardmittel Morphin helfe genauso gut. 

Zwar haben die gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr erstmals seit 2004 weniger für Arzneimittel ausgeben müssen. Der Report bezieht sich auf Daten des Gesundheitsministeriums: Die Arzneiausgaben sanken 2011 um 1,17 Milliarden auf 30,87 Milliarden Euro. Doch im ersten Halbjahr kletterten sie bereits wieder um 480 Millionen auf 15,8 Milliarden Euro. 

Laut Report-Herausgeber Dieter Paffrath geht der jüngste Rückgang ohnehin nur auf eine vorübergehende Kostenbremse durch Rabatte und Preisstopp zurück. 3,1 Milliarden Euro könnten gespart werden, wenn Ärzte mehr günstige Generika verordnen und auf teure und umstrittene Mittel mit Patentschutz verzichten würden. 

Medikamente in Deutschland sind oft teurer

Herausgeber Ulrich Schwabe stellte heraus, viele Mittel in Deutschland seien deutlich teurer als etwa in den Niederlanden. Sogar 7,8 Milliarden Euro könnten gespart werden, wenn man die Preise des Nachbarlandes zugrundelege. Durch die jüngsten Arzneireform der Regierung sollten längerfristig nun hierzulande rund zwei Milliarden Euro gespart werden. 

Schwabe mahnte: "Wenn die angestrebten Einsparungen erreicht werden sollen, müsste unsere Kapazität für die Nutzenbewertung sicher erhöht werden." Gemäß der Reform prüfen offizielle Stellen im Gesundheitswesen neue Mittel inzwischen auf ihren Mehrwert für Patienten. Entsprechend dieses Ergebnisses handeln die Kassen mit dem Hersteller dann einen Preis aus - doch die vielen Blockbuster, die Präparate mit riesigen Umsätzen, die schon länger auf dem Markt sind, kamen bei den Prüfungen bisher noch nicht an die Reihe. 

99 Prozent unbeacktert

"Wir haben noch 99 Prozent unbeackert", mahnte AOK-Vorstand Uwe Deh. Schwabe warnte, bereis Ende kommenden Jahres liefen die gesetzlichen Preisbremsen aus, die halfen, die Ausgaben zuletzt noch in den Griff zu halten. Ob bis dahin länger auf dem Markt befindliche Mittel mit Patentschutz in größerem Stil den neuen Prüfungen unterworfen sind, gilt unter Experten als zweifelhaft. 

Die Hauptgeschäftsführerin des Pharmaverbands vfa, Birgit Fischer, warf dem Report methodische Mängel vor und kritisierte: "Eine permanente Diskussion über das Drücken von Preisen droht (...) irgendwann zu einer Diskussion über das Drücken der Versorgungsqualität zu werden." 

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