Fachtagung des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands

Jens Spahn: "Wenn ich ein Problem erkenne, dann will ich es lösen!"

pr
Für Freiberuflichkeit und gegen Staatsmedizin sprach sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf der Fachtagung des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands (SpiFa) in Berlin aus. Seine Botschaft: Die Selbstverwaltung muss an den richtigen Stellen gestärkt werden.

Zur Eröffnung der SpiFa-Fachtagung am 5. April in Berlin sprach der Minister zum Thema „Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung“. Freiberuflichkeit sei ein schützenswertes Gut, sagte Spahn, dies sollte keinesfalls tangiert werden. Aber bei der vertragsärztlichen Versorgung könne es nicht ohne Regeln gehen, grenzte er ein. Und dazu gehörten auch Pflichten wie etwa Bedarfsplanungen und Zulassungen.

TSVG: "Das größte Aufreger-Thema!

„Wenn ich ein Problem erkenne, dann will ich es lösen“, erklärte der Minister. Das „größte Aufreger-Thema“ des deutschen Gesundheitswesens in den letzten Jahren sei das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gewesen. Die Regelung der Mindestsprechzeiten sei im Interesse eines vertrauensvollen Systems für breite Bevölkerungsteile gut gelöst worden, sagte der Minister mit Verweis auf die Ausweitung der Arztsprechstunden und die zentrale Terminvergabe. Im Interesse der „Vielarbeiter“ unter den Ärzten sei es durchaus berechtigt gewesen, bei den weniger als Mindeststunden arbeitenden Ärzten einmal genauer hinzuschauen.

DIFA Research gegründet

Und: Das TSVG beinhaltet laut Spahn für die Ärzte auch positive Aspekte. Als erster Minister seit langer Zeit habe er umgesetzt, dass es für mehr Leistung jetzt auch mehr Geld gibt. Für Patienten, die über die Terminservicestelle oder den Hausarzt an den Facharztvermittelt werden, würden jetzt alle Leistungen extrabudgetär bezahlt. Als Beispiel, dass die Politik mit dem Gesetz den Ärzten auch weiter entgegengekommen sei, nannte Spahn das Thema Regresse.

Selbstverwaltung - "ein richtiges Grundprinzip"

Klar bekannte sich Spahn zur Selbstverwaltung. Sie sei ein richtiges Grundprinzip das es gelte, an den richtigen Stellen zu stärken. Ein staatliches System wie das in Großbritannien kommt für ihn nicht in Frage. Sorge mache sich der Minister um die wachsende Anzahl von Großkapitalstrukturen aus den USA, die in der Versorgung hierzulande Fuß fassen. Spahn: „Ich möchte, dass wir nicht erleiden, sondern gestalten.“ Mit der Absicht, zu gestalten, blickte Spahn auch auf die im TSVG verankerte neue Regelung über die BMG-Mehrheitsanteile in der gematik. Er wolle nicht abwarten, „bis die gematik die Kurve kriegt".

Digitalisierung ist für den Minister ein weiterer Bereich, der die Versorgung sehr verändert. Spahn: „Freiberuflichkeit und digitaler Wandel – das ist ein wichtiges Thema. Es geht darum, wie sich ärztliches Tun dadurch verändert.“

Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa, lobte das TSVG als Paradigmenwechsel, es erkenne die Leistungen von Fachärzten in der Grundversorgung an und fördere diese. Auch zeigt sich in dem Gesetz aus seiner Sicht, dass Budgets keine Lösung, sondern ein Problem darstellen. Das TSVG sei ein Einstieg in den Ausstieg aus der Budgetierung und von daher ein anerkennenswerter Schritt.

Jedoch, so schränkte Heinrich ein, setze das TSVG eine lange Reihe von Gesetzen fort, die die Selbstverwaltung einschränken. Selbstverwaltung bedeute auch, einen Schutz vor der Willkür des Staates zu gewährleisten – ein Aspekt, der nach dem TSVG offenbleibe. Selbstverwaltung sei ein notwendiger Ausgleich dafür, dass Ärzte ihre schwere Aufgabe auch wahrnehme können. Heinrich forderte an die Politik gerichtet, der Selbstverwaltung die Freiheit zurückzugeben, um die Qualität der Versorgung zu erhalten.

Die Podiumsdiskussion

In einer Podiumsdiskussion tauschten sich Vertreter aller politischen Parteien mit dem SpiFa-Vorsitzenden zum Thema „Auslaufmodell Vertragsarzt?! – sind ärztliche Strukturen noch zeitgemäß?“ aus. Hier einige Kernaussagen der Diskutanten:

Tino Sorge, MdB CDU/CSU: Die Versorgung wandele sich. Viele Ärzte seien schon „durchdigitalisiert“, die Patienten orientierten sich Richtung Digitalisierung und es gebe mehr Telemedizin. Wichtig sei es, den Prozess gesetzlich zu regeln, damit es mehr innovative Ansätze in der Versorgung gibt.

Sabine Dittmar, MdB SPD: Der „Mainstream“ bei jungen Ärzten gehe dahin, im Team und im kollegialen Austausch zu arbeiten. Sie gelte es, zu unterstützen.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, MdB Bündnis 90/die Grünen: Die Einzelpraxis sei kein Auslaufmodell, jedoch änderten sich die Bedürfnisse junger Ärztinnen und Ärzte. Es gebe mehr Kooperation mit anderen Fachberufen und mehr Balance zwischen Arbeit und Freizeit.

Dr. Achim Kessler, MdB, die Linke: Er berichtet, dass 90 Prozent der Medizinstudierenden sich vorstellen können, im Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Er setzt sich dafür ein, dass es Gemeinden möglich werden soll, eigenständig MVZ zu gründen.

Christine Ascheberg-Dugnus, MdB FDP: Sie hält es für zielführend, den Arzt vor Ort zu unterstützen und plädiert für „gleichlange Spieße“ zwischen Arzt, Angestellten und MVZ. Junge Ärzte gingen wegen der Rahmenbedingungen (Regresse, Budgetierung) lieber in die Anstellung. Politik müsse die Rahmenbedingungen setzen, um Akteure vor Ort zu unterstützen.

Prof. Dr. Axel Gehrke, MdB AfD: Er sieht in der Entbudgetierung einen Schritt hin zu mehr Marktwirtschaft und sieht das Gesundheitswesen grundsätzlich an einem Scheideweg zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft. Und: „Ärzte brauchen kein Zuckerbrot. Ärzte brauchen einen Abbau der Misstrauenskultur.“

Dr. Dirk Heinrich, SpiFa: Er prognostizierte, dass die reine Arztzeit (zu der bei der KBV eine Digitaluhr geschaltet ist) sinke. Er plädierte dafür, Übergangsmodelle zu schaffen, damit Kollegen leichter in die Niederlassung gehen können. Eine vollständige Entbudgetierung gehöre dazu. Und: „Wir müssen für mehr Ärzte und Studienplätze sorgen.“

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.