"Zahnarzt rutscht in juristische Grauzone"

sg
"Zahnärzte bewegen sich bei der Behandlung von Flüchtlingen oft in einem rechtsfreien Raum", rügt Dr. Frank Dreihaupt, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt. Die Heilberufler des Bundeslandes fordern deshalb die Gesundheitskarte für Flüchtlinge.

Das Patientenrechtegesetz schreibt den Zahnärzten bekanntlich eine eingehende und verständliche Aufklärung des Patienten von der Diagnose bis zur Therapie vor. Doch wegen der nach wie vor bestehenden massiven Verständigungsproblemen gestalte sich die Patientenaufklärung in der Praxis-Wirklichkeit als äußerst schwierig. „Oft kommen die Patienten völlig allein, ohne Betreuungsperson, ohne Dolmetscher“, berichtete uns Dreihaupt auf Nachfrage.

Aufklärung mit Händen und Füßen

Gelingt es da nicht, den Patienten über fremdsprachige Informationsblätter, Piktogramme, Apps oder aber auch mit „Händen und Füßen“ aufzuklären, müsse man eine Notfallbehandlung gegebenenfalls so vornehmen. Dreihaupt: „Damit rutscht der Zahnarzt aber in eine juristische Grauzone.“

Dreihaupt fordert die politisch Verantwortlichen in Sachsen-Anhalt auf, für die Zahnärzte endlich verlässliche Rahmenbedingungen herzustellen, damit klar ist, welche zahnmedizinischen Behandlungen bei den Flüchtlingen von den einzelnen Kommunen übernommen werden. Bisher sei nicht einmal die Notfallbehandlung konkret definiert. Wie Dreihaupt erklärt, versuche er seit vier Wochen bei der Landesregierung zu intervenieren - bislang jedoch habe er keinen Termin erhalten.

Das Ministerium antwortet nicht

„Schon im Oktober vergangenen Jahres haben wir dem zuständigen Ministerium eine konkrete Liste zugeschickt, auf der detailliert jene Positionen benannt wurden, die für eine Notfallbehandlung infrage kommen“, erläutert Dreihaupt. Eine Antwort sei bislang ausgeblieben. In der Praxis führt das dann laut Dreihaupt dazu, dass die zahnärztlichen Kollegen auch dann die Patienten behandeln, wenn die Honorierung der Leistung noch völlig offen ist.

Heilberufler fordern Gesundheitskarte

In Sachsen-Anhalt forderten die Heilberufler - Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker - vergangenen Dienstag geschlossen die zügige und flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge, damit Asylbewerber im Krankheitsfall ohne große Umwege über die Ämter direkt in die Praxen gehen können. 

Nach Angaben der Tageszeitung "Volksstimme" wird die Einführung der Karte in Sachsen-Anhalt jedoch noch dauern. "Die Vorbereitungen zur Einführung einer Karte benötigen noch etwas Zeit", zitiert die Zeitung Ministeriumssprecher Holger Paech. Die Abstimmung zwischen Kommunen und Kassen sei komplizierter als gedacht.

"Im Kern geht es um den Leistungskatalog und die Frage, wer ist für die Durchsetzung und Kontrolle verantwortlich und wer übernimmt die Haftung, wenn Leistungen erbracht werden, die nicht im gesetzlichen Rahmen liegen“, sagte Paech der Zeitung: „Das Gesundheitsministerium kann ja keine Gesundheitskarte befehlen.“  Kritik an Landesregierung oder Gesundheitsministerium weist er dem Blatt zufolge zurück: „Wir sind da die falsche Adresse. Es sind die Kommunen und Kassen, die sagen müssen, ob eine solche Karte nun als Vorteil gesehen und gewünscht wird oder nicht.“

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