Kommentar

"jamedas vorgetäuschte Neutralität ist nur eine Nebelkerze!"

Peter Gorenflos
Praxis
Laut einer aktuellen Umfrage des Arztbewertungsportals jameda sind viele Patienten unsicher bei der Arztwahl, weshalb sie zusätzliche Informationen über die Qualität eines Mediziners hilfreich finden. jameda nutzt diese Erkenntnisse. Ein Kommentar.

Das Bewertungsportal wirbt mit Ergebnissen einer von ihm selbst in Auftrag gegebenen Studie, wie Patienten den richtigen Arzt finden. Nach wie vor lässt jameda die rechtlich gebotene Neutralität außer acht, wie vom Bundesgerichtshof angemahnt worden ist.

Präzisiert wurde diese Forderung unter anderem von dem ehemaligen BGH-Vorsitzenden Wolfgang Büscher. Büscher führt aus, dass in einem Portal, das gegen Entgelt zugunsten seiner Kunden am Wettbewerb teilnimmt, zum Beispiel durch Optimierung der Präsentation, alle Teilnehmer das Recht haben müssen, sich vollständig löschen zu lassen. Daran muss sich jameda messen lassen. Abgestellt wurden weder die Optimierung der Präsentation für Kunden, noch die vollständige Arztlistung. Völlig unzureichend ist die – kosmetische – Korrektur, die Profile zwangsrekrutierter Kollegen nicht weiter mit den Profilen konkurrierender jameda-Praxen abzuwerten.

Wie finden Patienten den passenden Arzt und welche Informationen benötigen sie für die Arztsuche?

Studie

nb/pm

Die vorgetäuschte Neutralität ist nur eine Nebelkerze. Sobald in dem Portal Kollegen beliebiger Fachrichtung nach Noten sortiert werden, zeigt sich, dass bei Noten 3 bis 6 in aller Regel Kollegen ohne Profil-Foto – also Nicht-Kunden - erscheinen. Auch eine 6.500-Fall-Statistik der ZEIT offenbart , dass zahlende Ärzte bessere Noten haben als nicht zahlende.

jameda-Geschäftsführer Florian Weiß streut Sand in die Augen mit der Behauptung, man verwechsele Korrelation mit Kausalität. Der Verdacht drängt sich auf, dass Bewertungs-Durchschnitte zugunsten zahlender Kollegen geschönt werden.

Nichts ist einfacher als Kunden vor Negativkritik zu schützen, die anderen aber dieser preiszugeben: Es liegt im Ermessen des Portals, was es als Schmähkritik oder Tatsachenbehauptung wertet. Selbst wenn der Verdacht manipulierter Bewertungsdurchschnitte entkräftet werden könnte, wäre jamedas Geschäftsmodell nicht haltbar. Kombinierte Werbung und Bewertung sind bei vollständiger Arztlistung wettbewerbswidrig (siehe oben).

jameda setzt sich zudem in Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung, denn seit 2018 müsste jeder Kollege seine explizite Einwilligung zur Portal-Teilnahme geben, weil die Parteilichkeit des Portals zugunsten seiner zahlenden Teilnehmer offensichtlich ist.

Warum die Kammern sich scheuen, angesichts des wettbewerbswidrigen Verhaltens die Wettbewerbsbehörden gegen jameda in Stellung zu bringen, bleibt erklärungsbedürftig. Das Deutsche Ärzteblatt und zm sollten wenigstens bis zur rechtlichen Klärung des jameda-Auftritts nicht mehr als Bühne zur Verfügung stehen.

Dr. Peter Gorenflos, Berlin

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