Beleihungsauslauf

Gestiegener Praxiswert = günstigere Kreditkonditionen?

Michael Vetter
Die Laufzeit für das Immobiliendarlehen läuft bald aus, die Verlängerung steht an: Verhandlungen zu Prolongationen sollten Sie gut vorbereitet angehen, denn es geht für Sie um die Chance, den künftigen Zinssatz zu verringern.

Als Erstes sollten Sie den ursprünglichen und den künftigen Darlehensbetrag vergleichen: Je nach Tilgungssatz ergibt sich hier eine Differenz, die im Beleihungs- oder Finanzierungsauslauf deutlich wird. Betrugen die damaligen Kauf- oder „Gestehungskosten“ (Bau- plus Grundstückskosten) als Grundlage des Beleihungswerts des Kreditinstituts beispielsweise 200.000 Euro, liegt der Beleihungsauslauf bei einem Darlehen von 150.000 Euro bei 75 Prozent. Hat sich dieses Darlehen durch die Tilgungsraten mittlerweile auf 120.000 Euro reduziert, verringert sich der Beleihungsauslauf auf 60 Prozent. Das Ausfallrisiko der Bank / des Versicherers – und das ist das entscheidende Kriterium – wird dann geringer.

Damit sind die Voraussetzungen gegeben – eine gleichbleibende Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers vorausgesetzt – den zukünftigen Kreditzinssatz kundenseitig zu verbessern. Wenn der Kreditgeber diesen Sachverhalt nicht selbst berücksichtigt, sollten Sie ihn mehr oder weniger deutlich darauf hinweisen. Im Grunde werden die Karten bei einer Darlehensverlängerung somit stets neu gemischt.

Bei der Kreditwürdigkeit besteht in aller Regel kein Grund für den Kreditgeber, Änderungen zulasten des Kunden vorzunehmen. Bedingung: Der Kreditgeber kann weder zurückgehende Einnahmen oder ein verändertes Ausgabeverhalten noch Probleme bei der termingerechten Zahlung der bisherigen regelmäßigen Zins- und Tilgungsraten beanstanden.

Zwei Monate Verhandlungsvorlauf

Regelmäßig unterschätzt wird der zeitliche Ablauf im Vorfeld einer Darlehensverlängerung. Bei Ablösung und Übertragung eines Immobilienkredits benötigt das übernehmende Finanzinstitut ausreichend Zeit, um die Kreditwürdigkeit ihres neuen Kunden zu prüfen. Als Orientierung sollte mit einem Zeitraum von etwa sechs bis acht Wochen gerechnet werden. Die eigentliche Abwicklung zwischen den Banken beziehungsweise Versicherern erfolgt dann „Zug um Zug“. Während der übergebende Kreditgeber den Zahlungseingang bezüglich des Restdarlehensbetrags durch den übernehmenden Kreditgeber erwartet, erhält dieser die Abtretungserklärung des übergebenden Instituts der als Sicherheit geltenden Grundschuld des finanzierten Gebäudes. Vor der Umsetzung sollte dem Kreditnehmer eine verbindliche Darlehenszusage der übernehmenden Bank vorliegen. Reine Absichtserklärungen und Formulierungen reichen nicht aus.

Abstufungen der individuellen Bonität etwa durch kritischere Pauschal-Einschätzungen der zahnärztlichen Branche sollten Sie nicht hinnehmen. Die Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Darlehensnehmern hat grundsätzlich an der wirtschaftlichen Situation der einzelnen Person zu erfolgen. Pauschale Abstufungen sind nicht akzeptabel.

Verbessern Sie Ihre Verhandlungsposition

Zusätzliche Zinssatzverbesserungen sind möglich, wenn sich der Wert Ihrer finanzierten Immobilie im Darlehensverlauf erhöht hat. Beispielsweise eine während der vergangenen Jahre verbesserte Infrastruktur in der Umgebung des Gebäudes, aber auch werthaltige Investitionen ins Objekt selbst können zu einem erwähnenswerten Wertzuwachs führen, was dem Kreditgeber zusätzliche Sicherheit bietet. Möglicherweise bietet sich auch die Anfertigung eines Gutachtens an, das Sie nicht nur als Argumentationsgrundlage für Zinssatzverhandlungen, sondern auch als Maßstab und Grundlage zur Bewertung des eigenen Immobilienvermögens nutzen können. Bei einer eventuellen Verkaufsabsicht kann ein Wertgutachten ebenfalls hilfreich sein. Denkbar ist auch, sich bei der bisher finanzierenden Bank/Versicherung zu erkundigen, ob dort bereits ein zeitnahes Gutachten angefertigt wurde. Bei einer bewährten Geschäftsverbindung zwischen Kreditgeber und Zahnarzt ist ein solcher Informationsaustausch durchaus vorstellbar. Dies wäre für Sie als Darlehensnehmer schon deshalb vorteilhaft, weil Sie sich die Kosten für das Gutachten – beispielsweise eines Sachverständigen – sparen. Die Kosten des Kreditgebers bei einem eigenen Gutachten, wenn sie denn überhaupt berechnet werden, sind dagegen meist erheblich günstiger.

Einen weiteren Vorteil sollten Sie ebenfalls nicht unterschätzen: Kreditnehmer, die ihre Verhandlungsspielräume beim Thema Beleihungsauslauf nutzen, zeigen dem finanzierenden Institut, dass sie auch über Sachkenntnisse verfügen. Dies hilft in aller Regel bei den Zinssatzverhandlungen, bei denen als erster Ansprechpartner der bisherige Kreditgeber gelten sollte. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass jener den Zuschlag für die weitere Finanzierung erhalten muss. Auch bei einem Anbieterwechsel halten sich die Kosten für eine Übertragung des Darlehens zu einer anderen Bank oder Versicherung meist in Grenzen. Dennoch sollte dieser Punkt natürlich ebenso konkretisiert werden wie die mögliche Übertragung weiterer Konten oder Wertpapierdepots zum übernehmenden Kreditgeber.

Michael Vetter,
Fachjournalist für Finanzen

Michael Vetter

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