6. Unterfränkischer Zahnärztetag

90 Jahre Zahnklinik, Schlüsselübergabe und Fortbildung pur

Der diesjährige 6. Unterfränkische Zahnärztetag präsentierte sich mit einem völlig neuen Gesicht. War er doch nicht nur Zahnärztetag, sondern gleichzeitig die Jubiläumsveranstaltung der Würzburger Zahnklinik, die vor genau 90 Jahren „das Licht der Welt erblickte“, als auch ein denkwürdiger Tag, an dem die termingerechte Fertigstellung der ersten Bauteile der grundsanierten Zahnklinik und die Schlüsselübergabe an den Hausherren erfolgte. „So ganz nebenbei“ trafen sich über 300 Zahnärzte zu einer hochkarätigen Fortbildung aus allen zahnmedizinischen Disziplinen, die durch Referenten des eigenen Hauses gestaltet wurde. Das Sahnehäubchen auf der Geburtstagstorte bildete schließlich eine fetzige Diskussionsrunde mit Vertretern aus Zahnärzteschaft und Politik.

Als Professor Dr. Jürgen Reuther, derzeitiger Direktor der Würzburger Zahnklinik, die Schlüssel für den ersten und zweiten Bauabschnitt des großen Klinikneu- und -umbaus erhielt, war endlich ein Wunsch des ehemaligen Chefs, Prof. Dr. Rudolf Naujoks, in Erfüllung gegangen. Hatte der seit 1986 emeritierte Zahnmediziner die im Jahre 1912 von Hofrat Prof. Dr. Andreas Michel bezogene Zahnklinik doch nach 1963 wieder „auf die Beine gestellt“ und vehement für Erweiterungsmaßnahmen gekämpft. Nach vielem Hin und Her wurden dann schließlich die 85 Millionen Euro bewilligt, um in Teilabschnitten, bis zur Vollendung im Jahre 2009, dann die Versorgung der Patienten und die Ausbildung der Studenten in modernster Weise zu bewerkstelligen, wie Baudirektor Hans Bock anlässlich der Feierstunde prognostizierte.

Würzburger Zahnheilkunde schon 1783 im Gespräch

Als vor genau 90 Jahren der damalige Zahnarzt Prof. Dr. Andreas Michel den Neubau des zahnärztlichen Institutes an der Pleichertorstraße mit 100 Studenten bezog, konnte man in Würzburg bereits auf eine lange Tradition der Zahnheilkunde zurückblicken. So wurde doch schon bereits 1783 Philipp Frank die Tätigkeit als Zahnarzt offiziell genehmigt. Seit 1802 hielt Carl Josef Ringelmann, der bald zum ordentlichen Professor ernannt wurde, über fünfzig Jahre lang Vorlesungen über Mundund Zahnkrankheiten. In den nächsten 40 Jahren gab es dann keinen Professor, der das Fach Zahnmedizin las, bis in den letzten Semestern des 20. Jahrhunderts Vorlesungen von Dr. Jakob Berten und schließlich Dr. Michel erfolgten. Letzterer unterrichtete bis zum damaligen Umzug in den Neubau die Würzburger Studenten in seinem zahnärztlichen Privatinstitut.  

Einmal quer durch die Zahnheilkunde

Zahnärztetage haben nicht nur etwas mit Festreden und Feiern zu tun, sondern auch mit Fortbildung. Haben sich doch diesmal wieder über 300 Zahnärzte aus Unterfranken aus ihren Praxen verabschiedet, um sich hier in Würzburg fachlich auf den neuesten Stand zu bringen. So zeigte der Kieferchirurg Prof. Dr. Jürgen Reuther die wichtigsten Veränderungen der Mundschleimhaut auf, die der Zahnarzt bei der normalen Inspektion sichten kann. Er zeigte, welche Entartungen aus welchen Erscheinungen entstehen können und warnte davor, zu spät zu einem Facharzt zu überweisen. „Sie sollen nicht die Differentialdiagnose stellen, Sie sollen aber wissen, was aus was und vor allem mit welchen Folgen für den Patienten entstehen kann“, so der Kieferchirurg.  

Freiendsituationen gehören zum Praxisalltag. Worauf es aber hierbei ankommt, damit sich keine Pfeiler lockern und die richtige Stützzone gewählt wird, das erklärte Professor Dr. Ernst Jürgen Richter den anwesenden Zahnärzten. Säuglinge mit Lippen-Kiefer- Gaumenspalten können heute optisch und funktionell optimal rehabilitiert werden. Das bedarf allerdings einer frühzeitigen interdisziplinären Therapie zwischen allen zahnmedizinischen Fachgebieten, wie die Kieferorthopädin Professor Dr. Angelika Stellzig-Eisenhauer an mehreren eindrucksvollen Beispielen vorstellte.  

Komposite sind heute in vielen Fällen der Zahnrestaurationswerkstoff der Wahl, zumindest aus ästhetischer Sicht. Zu seiner Aushärtung werden besondere Lampen verwendet, deren ausgesendete Wellenlängen die Molekülpartikel der Materialkomponenten polymerisieren und zu dem gewünschten, festen Verbund werden lassen. Dr. Norbert Hoffmann zeigte, dass nicht jede Lichtquelle für jedes Material verwendbar ist und im Sinne eines guten Behandlungsergebnisses eine sorgsame Materialauswahl getroffen werden soll. Ganz im Sinne der Verknüpfung von Medizin und Zahnmedizin stellte Prof. Dr. Ulrich Schlangenhauf Therapiekonzepte bei aggressiven Parodontopathien auf, um weitere schwerwiegende systemische Erkrankungen verhindern zu helfen. Prof. Dr. Roger Thull, Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für experimentelle Zahnheilkunde, beschrieb das Material, das am häufigsten in der Zahnheilkunde Einsatz fand und heute noch findet. So beschrieb er die Wende, die das Calcium-Phosphat vom Zahnfüllstoff bis hin zum Knochenersatzmaterial vollzogen hat.  

22.9.: Gesundheitspolitik zur Diskussion gestellt

Spannend, kontrovers und richtungweisend zugleich. Das war die Podiumsdiskussion, die dem Unterfränkischen Zahnärztetag noch das Sahnehäubchen aufdrückte. Auf der einen Seite Vertreter der Zahnärzteschaft wie Prof. Dr. Jürgen Reuther als Vertreter der Wissenschaft, Dr. Rolf-Jürgen Löffler, Erster Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie der Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Dr. Jürgen Weitkamp – auf der anderen Seite des Tisches Vertreter der gesundheitspolitischen Einrichtungen verschiedener Parteien wie Wolfgang Zöller, MdB, Landesvorsitzender des GPA, CSU, Dr. Edwin Smigielski, Vertreter der SPD und Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung BMG sowie Horst Friedrich, MdB, Landesvorsitzender der FDP. Prof. Dr. Christian Floto, stellte als Moderator provokante Fragen zur Kostenexplosion und der Entwicklung der Gesundheitspolitik ab dem Tag X (22. September 2002). Deutlich wurde eines: Die CSU gibt Fehler von früher zu und will Vieles anders machen. Die FDP verlangt nach einem Wachstumsmarkt, während die SPD die leistungsorientierte Finanzierung der budgetorientierten vorzieht. Die Wissenschaft ruft nach mehr Fortschritt in der Lehre und Ausbildung und einer Beibehaltung der Integration in die Medizin. Die zahnärztlichen Standesvertretungen wollen weiter mit der Politik zusammenarbeiten und hoffen, dass die neue Regierung Politiker bringen wird, die „uns nicht nur anhören, sondern auch konstruktiv mit uns diskutieren“ (Zitat Weitkamp) und „unsere Erfahrungen annehmen und in die Verhandlungen mit einfließen lassen“. 

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.