KZBV-Vertreterversammlung

Geschlossen stark

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Querdenken schafft neue Wege im System – doch nur Rücken an Rücken wird es der Zahnärzteschaft gelingen, ihre Interessen politisch durchzusetzen. Das ist ein Fazit der KZBV-Vertreterversammlung am 27.10. in Berlin. Angesichts des Generalangriffs der Krankenkassen auf die Festzuschüsse stellten die Delegierten klar: Sie lassen sich nicht spalten, sondern stehen geschlossen hinter dem Festzuschussmodell. Und halten damit ohne Wenn und Aber an einer Zahnheilkunde fest, die Freiheit, Qualität und Sicherheit für Patient und Zahnarzt gleichermaßen garantiert.

Ulla Schmidt versucht den Kollektivvertrag zu sprengen, die Kassen peilen Einkaufsmodelle aus genau diesen Motiven an und der VDZI spielt dabei das Helferlein. „Nein, ruhiger geht es in der Standespolitik nicht zu – ganz im Gegenteil“, urteilt der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Karl-Georg Pochhammer, zum Auftakt der VV in Berlin. Mehr und mehr versuche die Politik die Arbeit der Selbstverwaltung zu entpolitisieren und ihre einzelnen Organe zu entzweien. Da gelte es, gegenzuhalten.

Hauptsache einig in der Sache

„Wir Zahnärzte“, bekräftigt der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz, „haben ein zukunftsweisendes Reformkonzept entwickelt, das in der Ärzteschaft einzigartig ist: die Festzuschüsse. Darum werden wir von den Medizinern beneidet – die haben das nicht! Dieses in der Pilotphase befindliche System ist die strategisch richtige Antwort auf lauter werdende Rufe nach mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen und mehr Patientenautonomie.“ Die Festzuschüsse seien nahezu etabliert und ausbaufähig.

„Die Kassen“, so Fedderwitz, „wollen das Bollwerk der Kollektivverträge einreißen und so die Position der Selbstverwaltung schwächen.“ Härtestes Preisdumping wäre die Folge, Fortschritt, Qualität und Freiberuflichkeit blieben auf der Strecke. Um diesen Irrweg abzuwenden, müssen die Zahnärzte mehr denn je zusammen stehen und sich in der Sache einig sein, mahnt der KZBV-Chef. „Kritik – schön und gut – aber die andere Seite stellt die Systemfrage! Die GKV will die Festzuschüsse gegen die Wand fahren!“

Taktisches Foul der Kassen

Das kann der stellvertretende KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer nur bestätigen: „Beispiel: die im GMG vorgegebene Plausibilitätsprüfung nach Zeitprofilen. Setzten sich die Kassen noch bis Mai vehement dafür ein, den Gesetzesauftrag wörtlich umzusetzen, das heißt, analog zu den Ärzten die zahnärztliche Arbeit im Bema über Zeitprofile zu bewerten, kehren sie jetzt plötzlich davon ab.“ Späte Einsicht? Nein, sagt Eßer. Hintergrund sei die aus Sicht der Kassen bittere Erkenntnis, dass im Festzuschussmodell nur noch ganze Festzuschüsse und keine Einzelleistungen abgerechnet werden. „Kurz: Eine Plausibilitätsprüfung nach Zeitprofilen funktioniert nicht.“

Auf dem schlichten Gesetzeswortlaut zu beharren, sei wenig sinnstiftend, ergänzt KZBV-Vize Günther E. Buchholz. Diese Erkenntnis sei mittlerweile sogar bis in die Reihen der Krankenkassen vorgedrungen. „Die beiden Versorgungsbereiche sind einfach zu heterogen als dass man die Modelle der Ärzte eins zu eins auf die Zahnärzte übertragen könnte“. Der Entwurf der Gegenseite sieht denn plötzlich auch eine völlige Abkehr von den Zeitprofilen vor.

Eine aus Vertretern mehrerer KZVen gebildete Arbeitsgruppe habe jetzt einen eigenen Richtlinien-Entwurf erarbeitet, der auf Grundlage so genannter Aufgreifkriterien – wie ungewöhnliche Fallsteigerungen oder eine ungewöhnlich häufige Überweisungstätigkeit – die Realitäten zahnärztlicher Arbeit besser abbildet. „Doch wenngleich Tagesprofile in der Zahnmedizin grundsätzlich keinen Sinn machen, wird die Gegenseite mit Sicherheit probieren, dieses Argument in der Schlacht gegen die Festzuschüsse ins Feld zu führen“, prophezeit Buchholz. Die Kassen hätten bereits durchblicken lassen, dass sie die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Zeitprofile auf die Besonderheiten im ZE-Abrechnungsverfahren zurückführen und das BMGS dazu bewegen wollen, die Festzuschüsse zu kippen. „Die Kassen versuchen umzukehren – sie wollen die Rückkehr zum Prozentualsystem“, bescheinigt auch ZA Ralf Wagner, KZV Nordrhein. Sanitätsrat Helmut Stein aus Rheinland-Pfalz fügt hinzu: „Versicherte als mündige Bürger zu begreifen, war noch nie Sache der Krankenkassen!“

„Interessanterweise“, berichtet Eßer, „gab es von der Seite, die die Systemneuerung in erster Linie betrifft, überhaupt keine Beschwerden: nämlich den Patienten. Nicht einmal bei der Patientenbeauftragten der Bundesregierung gingen Klagen ein, auch das BMGS blieb ruhig“.

Allerdings wurden schnellstmöglich verlässliche Zahlen eingefordert, um die Veränderungen zu bewerten. Dieses Ansinnen habe die KZBV von Anfang an konstruktiv unterstützt, in dem Wissen, dass in Deutschland Veränderungen im Gesundheitswesen hin zu mehr Freiheit immer allein die Leistungserbringer schultern müssen – und zwar im Allgemeinen gegen den erbitterten Widerstand der Kassen.

„Unsere Daten liegen vor“, bestätigt Eßer. „Und bei allen Anlaufschwierigkeiten und Problemen: Die Bewertung fällt positiv aus, die Vorwürfe gegen die Festzuschüsse sind nicht gerechtfertigt.“ Die Kassen gaben dagegen vor, erst im Dezember über Daten zu verfügen. Leider habe das BMGS nicht auf den Verzug reagiert. Obwohl eins offensichtlich sei: Die Kassen spielen schlicht auf Zeit.

Mit einem klaren Sieg der KZBV wurde am 1. Juni indessen das Verfahren zum Heilund Kostenplan vor dem Bundesschiedsamt beendet, teilt Eßer mit. Ergebnis: Kassen haben nach wie vor keinen generellen Anspruch auf die Lieferung jedweder Daten. Sie müssen konkret belegen, dass sie die Angaben benötigen, um einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Der GOZ-Steigerungsfaktor bleibt im HKP außen vor, nur gegenüber dem Versicherten werden die Festzuschüsse abgerechnet. „Weil sie keine allumfassenden Daten erheben dürfen, werden die Krankenkassen vorgeben, sie könnten ihren Prüfverpflichtungen nicht mehr nachkommen“, mutmaßt Eßer. „Und im Nachzug fordern, die Festzuschüsse wieder einzustampfen.“

Keine Politik aus Wolkenkuckucksheim

Gefragt sei deshalb Geschlossenheit, unterstreicht Fedderwitz, keine Nörgelei. Damit verbunden sei eine reelle Politik, die den Tatsachen ins Auge sieht. „Eine Politik ‘Made in Wolkenkuckucksheim’ können wir nicht gebrauchen“, versichert Fedderwitz. Der Vorstand stünde in der Pflicht, ein reales, solides Fundament für die deutschen Zahnärzte zu schaffen. Den Marsch aus der GKV könne man dem Zahnarzt guten Gewissens heutzutage nicht empfehlen. „Der Weg aus der GKV ist nicht der Weg ins Paradies“, macht der KZBV-Chef deutlich. „Auch die PKV kocht nur mit abgestandenem GKV-Wasser: Was die GKV „Risikostrukturausgleich“ nennt, heißt „Risikopool“ bei der PKV.“ Der GKV-Patient mit Zuzahlungsbereitschaft sei ihm allemal lieber als der PKV-Spar-Patient mit Standardtarif. „Die Baustelle GKV ist groß, aber die beharrliche Politik der KZBV und der KZVen zur Umsetzung der Festzuschüsse hat auch viel Bewegung ins Betonsystem gebracht. Da bröckelt was!“

Das körperliche Selbstverständnis schaffe neue Wege innerhalb des Systems. Vor dem Hintergrund plant die KZBV, ihre Dienstleistungsfunktion für die KZVen weiter auszubauen und damit auch das Serviceangebot für die Vertragszahnärzte zu erweitern. Ziel der KZBV müsse sein, die Kostenerstattungsmöglichkeiten für die Versicherten zu vergrößern und Kartelle der Krankenkassen zu verhindern – nur so wird aus Sicht des Vorstands ein freier Wettbewerb begründet.

 Insgesamt komme es dabei darauf an, die Arbeit zwischen Länder- und Bundesebene gut zu vernetzen und sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen, um Transparenz und Know-how zu garantieren, sagte Dr. Janusz Rat aus Bayern. Willkommen seien auch Ideen, die Festzuschüsse zu vereinfachen als Kritik im positiven Sinne, fügte Dr. Jobst-Wilken Carl aus Niedersachsen an. Der Zahnarzt vor Ort könne hier mit Unterstützung rechnen, so der Vorstand. Eine Vereinfachung stünde an.

Perspektive mit Zukunft

Denn mehr denn je erwiesen sich die Festzuschüsse und deren Ausweitung auf andere Bereiche der Zahnheilkunde als die klare Umsetzung der angestammten zahnärztlichen Ziele.

„Solange es in Deutschland dieses GKVSachleistungsprinzip gibt, solange brauchen Deutschlands Zahnärzte eine starke Interessenvertretung, die mit Selbstbewusstsein und Know-how die Verhandlungen mit dem Gegner führt“, erklärt Fedderwitz. Genau das sei die Aufgabe der Selbstverwaltung. „Wie soll es ohne gehen: Die kleinen Praxen gegen die großen Krankenkassen? David gegen Goliath?“ Mit dem Festzuschussmodell und einer starken Vertretung könne der Zahnarzt betriebswirtschaftliche Aspekte durchsetzen. „Das ist eine Perspektive mit Zukunft.“

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