Das iPad

Kassenschlager

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Apples iPad ist eingeschlagen. Erst seit Kurzem auf dem Markt, hat es weltweit schon mehr als zwei Millionen Abnehmer gefunden. Ein gerechtfertigter Hype? Ist der schicke Tablet-PC wirklich eine bahnbrechende Innovation oder bloß ein teures Spielzeug?

„Magisch und revolutionär“ sei sein neuestes Produkt, verkündete Apple-Chef Steve Jobs beim Verkaufsstart des iPads in den USA am 3. April. „Nicht mehr als ein großes iPhone“, halten Kritiker dagegen. In Deutschland, wo das iPad seit Ende Mai verkauft wird, muss man sich sogar auf Wartezeiten einstellen, wenn man einen der silberfarbenen Tablet-PCs ergattern will.

Von wegen iPhone

Vom iPhone unterscheidet das iPad zunächst einmal seine Größe: Es ist circa 24 Zentimeter hoch, 19 Zentimeter breit und 13 Millimeter tief. Gewicht: je nach Ausstattung 680 oder 730 Gramm. Bedient wird das Gerät wie Apples Smartphone per Fingerdruck oder -wischbewegung über das Multi-Touch-Display. Ganz selbstbewusst geht Apple davon aus, dass User sich die Bedienung des iPads selbst erarbeiten können – und liefert es ohne Handbuch aus.

Für den Betrieb hat das kalifornische Unternehmen einen eigenen, extrem leistungsfähigen Chip entwickelt, den Apple A4, der mit 1 GHz getaktet ist und besonders stromsparend arbeitet. Das iPad hält im Stand-by-Modus einen Monat lang durch und erreicht im Dauerbetrieb je nach Belastung Laufzeiten von bis zu zwölf Stunden. Einen austauschbaren Akku gibt es nicht.

Im Vergleich zum iPhone wurde die Pixelzahl verdoppelt: Die Auflösung liegt bei 1024 x 768. Die Bildqualität des leuchtstarken Displays ist hervorragend und liefert gute Kontraste. Schaut man sich Filme unter freiem Himmel an, wird die Oberfläche allerdings stark gespiegelt. Das liegt nicht an dem matten Panel, sondern an der darüber liegenden reflektierenden Glasschutzscheibe. Ist es draußen zu hell, sieht man sich selbst in dunklen Szenen unter Umständen deutlicher als die Darsteller. Nutzer können sich behelfen, indem sie die Bildschirmhelligkeit voll aufdrehen.

Ein weiteres Manko: Das iPad ist ideal für Filme und Videos mit dem Seitenverhältnis 4:3. Die meisten Filme und Serien werden heute aber im Widescreen-Format produziert, in der Regel liegt ihr Seitenverhältnis bei 2,35:1. Das bedeutet: Auf dem iPad wird das Bild oben und unten durch schwarze Balken beschnitten. Wer alternativ dazu das Bild größer zieht, verliert Bildinformationen am linken und rechten Rand.

Anders als von Apple im Vorfeld angekündigt, ist das Display nicht fettabweisend. Schnell sammeln sich darauf schmierige Fingerabdrücke, die sich aber genauso schnell und unkompliziert von der kratzfesten Oberfläche abwischen lassen. Das iPad verfügt zwischen Rückseite und Display über zwei integrierte Boxen – einen brillanten Sound liefern diese nicht. Hinzu kommt, dass es nur einen Boxenausgang an einer der langen Seiten gibt. Bei senkrechter Ausrichtung des iPads werden User also entweder von links oder von rechts beschallt – was manch einer als störend empfinden könnte. Mit Kopfhörern geht jeder auf Nummer sicher.

Ein Einwand vieler Kritiker: Das iPad hat keine eingebaute Kamera. Fotos machen oder Videotelefonate führen geht deshalb nicht ohne Weiteres. USB-Anschluss? Fehlanzeige! Lediglich der bekannte Dock- Connector verbindet das iPad mit einem externen Computer. Wer beispielsweise seine Digitalkamera an das iPad anschließen will, braucht dafür einen Adapter, mit dem er die Kamera direkt oder deren Speicherkarte auslesen kann. Apple bietet dafür das iPad-Camera-Connection-Kit für knapp 30 Euro an. Bevor User ein iPad kaufen, müssen sie entscheiden, ob sie es nur zu Hause oder auch unterwegs nutzen wollen. In den eigenen vier Wänden reicht das iPad „Wi-Fi“, das man per Funk mit dem heimischen Router verbinden kann. Wer überall mit dem Tablet-PC ins Netz gehen will, braucht dafür eine mobile Datenanbindung per UMTS. Die bietet Apple in dem Modell „Wi-Fi + 3G“ an. Diverse Mobilfunkanbieter haben zum Verkaufsstart des iPad passende Tarife herausgebracht und auch die für den Betrieb notwendigen Micro-SIM-Karten, die etwas kleiner sind als herkömmliche SIM-Karten für das Handy.

Ohne iTunes geht nichts

Viele Kritiker monieren, dass User das iPad bei iTunes registrieren müssen, bevor sie es in Betrieb nehmen können. Musik- und Videobibliotheken können ebenfalls nur via iTunes auf den Tablet-PC überspielt werden. Dafür können User aber aus der Vielfalt des iTunes App-Stores schöpfen. Bisher gibt es laut Apple 8 500 Applications, die extra fürs iPad entwickelt wurden. Und last but not least laufen alle Apps fürs iPhone auch auf dem iPad.

Gute Nachrichten für alle, die das iPad beruflich nutzen wollen: Apple hat seine iWorks-Anwendungen überarbeitet und das Interface so angepasst, dass sie auf dem Multi-Touch-Gerät problemlos funktionieren. Zur Auswahl stehen die iWorks-Anwendungen Pages für Textverarbeitung, Numbers für Tabellenkalkulationen und Keynote für Präsentationen – zu kaufen für um die acht Euro im App-Store. Wie beim iPhone gibt es jedoch nur eine abgespeckte Tastatur ohne Tab-Taste. Zahlen und Umlaute müssen extra eingeblendet werden. Es ist aber möglich, eine externe Tastatur zu verwenden.

Fotos sieht man sich analog zum iPhone per Gestensteuerung an. Mit einer Wischbewegung geht es zum nächsten Bild, mit Daumen und Zeigefinger wird gezoomt. Das iPad überlässt es dem User, ob er seine Fotos zusätzlich nach Ort, Gesichtern oder Ereignissen sortieren will. Viel Spaß macht die Dia-Show – vor allem, wenn Nutzer sie mit einer passenden Hintergrundmusik aus ihrer persönlichen iTunes-Datenbank unterlegen. Für die Übergänge zwischen den Fotos stehen fünf Übergangsblenden zur Verfügung. Beim Anschauen von Fotos und Videos stellt das iPad unter Beweis, dass es in Sachen Blickwinkelstabilität punkten kann. Selbst bei starker Abweichung wirken die Farben satt und der Bildschirminhalt wird optimal dargestellt.

Für viele ein Manko: Flash-Videos und -Applikationen auf Webseiten spielt das iPad nicht ab. Die Flash-Technik sei nicht zukunftsweisend, begründete das Unternehmen diese Entscheidung. Man setze stattdessen auf HTML5. Nur wenn Webseiten diesen Standard unterstützen, können eingebettete Videos in Safari abgespielt werden.

Gut für alle Leseratten: Mit dem iPad wagt sich Apple in das Marktsegment eBooks vor – mit Erfolg, wie es scheint. Seit der Eröffnung des iBook-Stores Anfang April 2010 habe Apple in den USA einen Marktanteil von 22 Prozent erreicht, verkündete Steve Jobs auf der Apple-Entwicklerkonferenz WWDC im Juni. Und das, obwohl das iPad ergonomische Nachteile gegenüber herkömmlichen eReadern hat und auch deren Laufzeit nicht erreicht. Dafür geht das Umblättern aber schnell und sieht – typisch Apple – ausgesprochen gut aus.

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

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