Zusammenhang von entzündlichen Hauterkrankungen und Karies

Haben Kinder mit Ekzemen öfter Karies?

Eine aktuelle Arbeit aus Singapur sorgt für Diskussionen in der Zahnmedizin: Babys mit Ekzemen haben demnach aufgrund einer genetischen Disposition später ein höheres Kariesrisiko. Stimmt das? Prof. Dr. Ulrich Schiffner erklärt, wo die Studie hinkt.

Forscher der National University of Singapore, Faculty of Dentistry, hatten untersucht, ob Babys mit Ekzemen einem erhöhten Kariesrisiko ausgesetzt sind. Dazu befragten die Wissenschaftler die Eltern von mehr als 500 Kindern. Auf der Babyhaut wurde ein Pricktest zur Feststellung von Allergien durchgeführt. Danach wurden die Babys in drei Gruppen aufgeteilt: 1. mit positivem Pricktest und diagnostiziertem Ekzem, 2. mit Ekzem und negativem Pricktest sowie 3. ohne Ekzem. Als die Kinder zwei und drei Jahre alt waren, wurde dann deren Mundgesundheit untersucht. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Kinder, bei denen Ekzeme diagnostiziert worden waren und deren Pricktest positiv ausgefallen war, dreimal häufiger an Karies litten.

Die Ärzte vermuten nun, dass „strukturelle Gen-Defekte“ bei der Heranbildung des Embryos im Mutterleib als biologischer Mechanismus dafür verantwortlich sind. Dies sei das erste Mal, dass ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Krankheiten entdeckt wurde, bilanzierten die Mediziner.

Die Studie ist Teil eines großen Projekts mit über 1.200 singapurischen Familien. Ziel ist, herauszufinden, wie Gene und Umwelt die Entwicklung von Kindern beeinflussen. „Unsere neuesten Erkenntnisse sollen Eltern und Pflegepersonen von Babys mit Ekzemen für ein erhöhtes Kariesrisiko sensibilisieren“, sagte Prof. Dr. Stephen Hsu von der Faculty of Dentistry. Die Forscher führen nun eine genetische Analyse durch, um den verantwortlichen biologischen Mechanismus zu bestätigen. Zudem soll ein möglicher Zusammenhang zwischen Karies und anderen Krankheiten im Kindesalter untersucht werden.

Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Poliklinik für Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, sieht die Ergebnisse kritisch (Kasten). Für ihn steht die Kernaussage im Widerspruch zu drei anderen Studien aus den USA, Japan und Schweden stehe, in denen kein Zusammenhang zwischen Ekzemen und Karies ermittelt wurde. In Deutschland seien derzeit keine Zusammenhänge von Ekzemen und einem erhöhten Kariesrisiko bei Kleinkindern bekannt. „Mit der auffällig hohen Kariesprävalenz von ungefähr 43 Prozent bei den Dreijährigen in der Studie ist die Vergleichbarkeit fraglich“, sagte Schiffner.

Die Schwächen der Studie

  • Die Untersuchung ist nicht als eine durch ein Review-Verfahren geprüfte Studie veröffentlicht, sondern als „Letter to the editor“.

  • Karies wird nur als Ja/Nein-Einteilung, ungeachtet von Ausmaß und Schweregrad, erhoben.

  • Die Jungen haben öfter Ekzeme, mit drei Jahren aber weniger oft Karies als die Mädchen.

  • Alle Aspekte zu den Verhaltensweisen der Eltern fehlen. Bekommen an Ekzemen leidende Kinder eventuell mehr Süßigkeiten?

  • Angaben zur Mundhygiene fehlen ebenfalls.

  • Insgesamt ist die Studie in ihren Grundannahmen und vor allem in ihren auf das Genom bezogenen Schlussfolgerungen hoch spekulativ.

Prof. Dr. Ulrich Schiffner

Poliklinik für Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Die Studie: Tosha Ashish Kalhan, MSc, Evelyn Xiu Ling Loo, PhD, Ashish Chetan Kalhan, MDS, Michael S. Kramer, MD, Bindu Karunakaran, MSc, Carolina Un Lam, PhD, Hugo Van Bever, PhD, Lynette Pei-chi Shek, MBBS, Anne Goh, MMed, Yap Seng Chong, MD, Bee Wah Lee, MD, Peter Gluckman, KNZM, FRSNZ, FMedSci, FRS, Kenneth Kwek, MMed, FRCOG, Seang Mei Saw, PhD, Keith Godfrey, PhD , Chin-Ying Hsu, PhD:Atopic dermatitis and early childhood caries: Results of the GUSTO study, In: The Journal of Allergy and Clinical Immunology, doi.org/10.1016/j.jaci.2016.10.038

dg

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