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Serie „Agilität in der zahnärztlichen Praxis“ – Teil 2

Meetings, die den Unterschied machen

Anke Handrock
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Stephanie Sievers
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Annika Łonak
Es ist Mittwochmorgen, das ganze Team ist versammelt. Eigentlich sollte zuerst die Urlaubsplanung abgeschlossen und anschließend noch über die Materialbestellung gesprochen werden. Doch plötzlich geht es um den neuen Scanner, dann um die Dokumentation, dann um Fortbildungen. Nach einer Stunde ist die Stimmung im Keller und der Urlaubsplan wird auf nächste Woche vertagt.

Was hier passiert, ist typisch. Alles wird zugleich besprochen: operative Probleme, persönliche Anliegen und organisatorische Fragen. Diese Vermischung führt zu langen Diskussionen, aber selten zu guten Ergebnissen. Im agilen Arbeiten wurden daher Meeting-Formate entwickelt, die genau hier Abhilfe schaffen. Sie trennen Themen nach Zweck und Zeithorizont, geben jedem Anliegen den passenden Rahmen und sorgen dafür, dass nichts verloren geht.

Dabei beginnt eine agile Meeting-Kultur mit einer einfachen, allerdings oft übersehenen Frage: Wozu treffen wir uns eigentlich und was soll am Ende erreicht werden? Dieser Fokus erhöht die Effizienz. Auf den ersten Blick klingt das, als würde man noch mehr Sitzungen einführen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ziel ist, die Besprechungen so zu strukturieren, dass jedes Meeting kürzer, klarer und wirksamer wird. Alle wissen worum es geht, was entschieden wird und wer was umsetzt.

So werden Ihre Meetings kürzer, klarer, wirksamer

Serie „Agilität und organisationale Resilienz“

  • Teil 1: Was bedeutet Agilität und warum kann sie für Praxen nützlich sein? (zm 21/2025)

  • Teil 2: Welche Meetings machen Sinn, welche können ausfallen? (zm 23-24/2025)

  • Teil 3: Wie behalte ich den Fokus und erziele messbare Ergebnisse?

  • Teil 4: Wie gestalte ich die Patientenkontakte effizient?

Die Realität vieler Praxen hat sich verändert: Die Teams sind größer geworden, oft arbeiten mehrere Behandler zusammen, manche Mitarbeitende sind in Teilzeit oder remote tätig. Fast ein Drittel aller Zahnärztinnen und Zahnärzte arbeitet inzwischen angestellt. Damit verändern sich die Abläufe, die Entscheidungswege und die Verantwortlichkeiten.

Früher reichte ein Zuruf zwischen zwei Behandlungen. Heute braucht es Formen gemeinsamer Abstimmung, die trotzdem schnell und leicht bleiben sollen. Agilität bietet hier keinen Theorierahmen, sondern praktische Werkzeuge: klare Routinen, kurze Kommunikationswege, schnelle Rückkopplungsschleifen.

Der Morgengruß

Bevor die ersten Patienten kommen, trifft sich das Team für ein kurzes Stand-up-Meeting, oft „Morgengruß“ genannt. Es dient ausschließlich der Abstimmung des Tagesablaufs. Die Anwesenheit eines Zahnarztes oder einer Zahnärztin ist nicht zwingend erforderlich. Besonders sinnvoll ist dieses Format, wenn auf mehreren Behandlungsstühlen parallel gearbeitet wird. Drei bis vier Fragen genügen, ein Protokoll ist nicht nötig:

  • Was liegt heute an?

  • Wo gibt es Besonderheiten oder Engpässe?

  • Wer braucht wobei welche Unterstützung?

  • Ergänzungsfrage: Ist alles da? (etwa Röntgenbilder oder Einverständniserklärungen)


Das Meeting findet im Stehen statt und dauert fünf bis maximal zehn Minuten. Es minimiert spätere Störungen und verhindert, dass Probleme erst auffallen, wenn sie den Ablauf verzögern. Ein Beispiel: Wenn gleich morgens klar ist, dass eine Polymerisationslampe in Wartung ist, kann die Planung sofort angepasst werden. Das schafft Ruhe und Sicherheit.

Das Wochenmeeting

Einmal pro Woche hilft ein 20- bis 30-minütiges Meeting, um operative Themen wie Arbeitsabläufe, Urlaube, Bestellungen, Geräte sowie die Zeitplanung zu bündeln. In größeren Praxen kann es sinnvoll sein, diese Besprechung in Teilteams parallel durchzuführen. Die Struktur ist einfach und immer gleich:

  • Rückblick: Was wurde erledigt?

  • Vorausschau: Was steht an?

  • Klärung: Wer macht was bis wann?


So bleibt alles nachvollziehbar, Entscheidungen gehen nicht verloren. Wenn jedes Thema seinen festen Platz hat, sinkt der Kommunikationsdruck im Alltag. Die Dokumentation kann direkt in elektronischen Tools erfolgen ohne zusätzlichen Aufwand. Fehlende Mitarbeitende verpflichten sich, die Notizen innerhalb von 24 Stunden zu lesen.

Der Monatsrückblick

Am Monatsende oder nach größeren Projekten oder nach jedem Quartal sollte das Team kurz innehalten. Was haben wir erreicht und wie haben wir dabei zusammengearbeitet? Dieser Rückblick verbindet das agile Review (Ergebnisse) mit der Retrospektive (Zusammenarbeit). Er ersetzt das klassische „Nachkarten“ und schafft gemeinsame Lernerfahrungen. Wichtig ist, Schuldzuweisungen zu vermeiden und sich auf die Optimierung zu fokussieren. Typische Fragen:

  • Was wollen wir beibehalten?

  • Was war schwierig, und was machen wir beim nächsten Mal anders?

  • Welche kleinen Anpassungen würden den Alltag erleichtern?


Solche Reflexionen bringen die Energie zurück und stärken das Team – besonders, wenn sie mit konkreten Verbesserungen verbunden sind.

Strukturgespräche

Viele Probleme entstehen nicht durch Personen, sondern durch Strukturen. Wenn Rollen, Entscheidungswege oder Verantwortlichkeiten unklar sind, hilft ein separates Strukturgespräch. Darin wird festgelegt, wer wofür zuständig ist, welche Entscheidungen delegiert werden können und wo neue Regeln nötig sind. Diese Treffen müssen nicht häufig stattfinden, alle paar Monate reicht aus. Sie schaffen aber langfristig Ruhe und Orientierung.

Für agile Meetings gelten stets drei Prinzipien:

  1. Klare Rollen: Wer moderiert, wer dokumentiert, wer entscheidet?

  2. Fester Rhythmus: lieber kurz und regelmäßig als lang und selten.

  3. Konkrete Ergebnisse: Am Ende jedes Meetings steht fest, was bis wann passiert.


Wenn diese Prinzipien gelten, werden Besprechungen zu Werkzeugen der Entlastung und nicht zur Belastung.

Sonderfall „Einführung von Neuerungen“

Die Praxis von Dr. Ina Müller will ihr Materialmanagement digitalisieren. Die Lagerbestände sollen automatisch erfasst, Nachbestellungen vereinfacht werden. Bisher lief alles über Listen und Zurufe – mit entsprechendem Chaos.

Agiles Arbeiten heißt hier: nicht erst monatelang planen, sondern Schritt für Schritt vorgehen nach dem Prinzip „Plan – Do – Check – Act“. Für die Einführungsphase werden drei bis vier kurze zusätzliche Meetings eingeplant. Das richtet den Fokus auf die Veränderung und macht sie effizienter.

  • Plan (Planning-Meeting)
    Gemeinsam legt das Team fest, was bis wann erreicht werden soll: „Wir wollen bis Ende nächsten Monats mit dem neuen System arbeiten.“ Dann wird entschieden, wer welche Rolle übernimmt: Wer testet die Software? Wer organisiert die Installation, wer die Schulung? Wer dokumentiert die Abläufe im QM-System? Wer prüft, welche Artikelnummern übernommen werden müssen? Am Ende steht ein klarer Plan mit Verantwortlichkeiten und Terminen.

  • Do (Sync-Meetings)
    Während der Einführungsphase helfen wöchentliche Kurz-Meetings (circa 20 Minuten), um Erfahrungen zu teilen, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen.

  • Check (Review) und Act (Anpassung und Ausblick)
    Nach etwa vier Wochen folgt dann ein Rückblick: Was funktioniert bereits zuverlässig? Wo hakt es noch? Was können wir verbessern? Der Fokus liegt nicht auf den Fehlern, sondern auf den Lernfortschritten. Wenn klar wird, dass Prozesse oder Zuständigkeiten geändert werden müssen, wird das direkt entschieden. So bleibt das System lebendig und die Verantwortung verteilt sich gleichmäßig auf das Team.

Fazit

Agilität zeigt sich nicht in Schlagworten, sondern in Haltung und Routine. In Praxen, die mit klaren Meeting-Strukturen arbeiten, entsteht ein neues Gleichgewicht: weniger spontane Hektik, mehr Übersicht, mehr Verantwortung auf vielen Schultern. Nach wenigen Wochen verändert sich die Atmosphäre spürbar: Entscheidungen werden nachvollziehbarer, Abläufe stabiler, die Stimmung ruhiger. Wer erlebt, dass Besprechungen nicht mehr bremsen, sondern entlasten, merkt schnell: Das Team gewinnt Energie zurück und die Leitung Freiheit.

Agilität bedeutet nicht, jeden Tag neu zu erfinden. Agilität bedeutet, aus jeder Woche ein klein wenig klüger herauszugehen. Das gelingt nicht durch große Programme, sondern durch kleine, konsequente Routinen: zehn klare Minuten am Morgen, ein fokussiertes Wochenmeeting, ein ehrlicher Rückblick zum Monatsende. Wer diesen Rhythmus beibehält, spürt bald, wie sich Führung wieder leicht anfühlt.

Dr. med. dent. Anke Handrock

Praxiscoach, Lehrtrainerin für Hypnose (DGZH), NLP, Positive Psychologie,
Coaching und Mediation,
Speakerin und Autorin

Stephanie Sievers

Psychologin und
Organisationsberaterin

Annika Łonak

Fachärztin für Radiologie und
Neuroradiologie, Oberärztin
Universitätsspital Basel

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