Verband medizinischer Fachberufe

„Deshalb zeigen wir der Bundesregierung die Rote Karte!“

Susanne Theisen
Unterbezahlt, unzufrieden, unter Druck: Im Vorfeld seiner Protestaktion am 8. September in Berlin wies der Verband medizinischer Fachberufe (VmF) erneut auf die schwierige Lage der MFA, ZFA und Zahntechniker hin.

„Wir haben eine große Lohnungerechtigkeit in den Gesundheitsfachberufen – das muss man anprangern“, sagte vmf-Präsidentin Hannelore König auf der Pressekonferenz am 1. September im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Die Gewerkschaft untermauerte diese Feststellung mit aktuellen Statistiken und den Ergebnissen einer vmf-Umfrage aus dem Juni und Juli 2023, an der rund 3.500 Medizinische Fachangestellte (MFA) und 1.350 Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) teilgenommen haben.

„ZFA verdienen beschämend wenig“

Aus der Umfrage geht unter anderem hervor, dass in beiden Berufen die Unzufriedenheit mit dem Gehalt deutlich zugenommen hat. Bei den ZFA war ein Anstieg von 59 auf 69 Prozent zu verzeichnen, bei den MFA von 58 auf 66 Prozent.

Der vmf zog in diesem Zusammenhang den Entgeldatlas 2022 der Agentur für Arbeit heran. Aus ihm gehe hervor, dass der mittlere monatliche Bruttolohn von vollzeitbeschäftigten ZFA bei 2.382 Euro (13,75 Euro/Stunde) liege. Bei den Berufsangehörigen unter 25 Jahre waren es 2.045 Euro (11,81 Euro/Stunde). König bezeichnete diese Verdienstaussichten als „beschämend“ und fügte hinzu: „Mit solchen Gehältern kommen die wenigsten unserer Berufsangehörigen auf einen Rentenpunkt im Jahr. Das erforderliche Einkommen dafür liegt aktuell bei 38.901 Euro im Jahr.“

Stress und Gewalterfahrung haben zugenommen

Zu den schlechten Gehaltsaussichten kommt laut vmf-Umfrage eine gestiegene psychische Belastung im Job, verursacht durch Stress sowie verbale, körperliche und sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz. Bei den MFA berichteten nach Angaben des vmf 33 Prozent, dass sie innerhalb der vergangenen drei Jahre einige Male oder häufig Erfahrungen mit Gewalt gemacht haben. Bei den ZFA waren es 13 Prozent.

Viele ZFA denken über einen neuen Arbeitsplatz nach

Die wachsende Unzufriedenheit kann, so die Sorge des vmf, weitreichende Folgen haben. „Der Anteil derjenigen, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens mehrere Male im Monat daran gedacht haben, den Arbeitgeber zu wechseln, lag bei MFA und ZFA bei 39 Prozent“, gab König zu bedenken. „Wenn jemand so oft darüber nachdenkt aufzuhören, dann fehlt nicht mehr viel, bis man weg ist.“

Alternativen gäbe es genügend. „Schon jetzt verlieren wir im ambulanten Gesundheitswesen immer mehr MFA und auch ZFA an die Kliniken und Pflegeeinrichtungen“, berichtete die vmf-Präsidentin.

„Der ambulante Bereich wird mit 300 km/h vor die Wand gefahren“

„Die permanente Verweigerung der Bundesregierung, die ärztliche und zahnärztliche Vergütung zu erhöhen, ist mit ein Grund dafür, dass die ZFA und MFA den Praxen den Rücken kehren“, kritisierte König scharf. Durch die neuesten Budgetierungen werde die Lage dramatisch verschärft. Zurzeit würden Ressourcen stark in Richtung Krankenhäuser verschoben, aber „der ambulante Bereich wird mit 300 km/h vor die Wand gefahren. Deshalb protestieren wir am 8 . September und zeigen der Bundesregierung die Rote Karte!“

Ampelkoalition soll Fachkräftemangel endlich angehen

Karola Will, Referatsleiterin Zahntechniker*innen im vmf, forderte die Regierung auf, endlich ihre Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zu ergreifen, anstatt wie im Zahntechnikerhandwerk durch staatlich verordnete Preisdeckelungen den Fachkräftemangel zu befeuern.

„Die Budgetierung im zahnärztlichen Bereich, die es seit dem 1. Januar 2023 gibt, verhindert die Planung und Kontrolle der finanziellen Ressourcen“, kritisierte Sylvia Gabel, Referatsleiterin ZFA im vmf. „ZFA liegen bei der Fachkräfte-Engpass-Analyse gemeinsam mit den Pflegefachkräften auf Platz eins. Im Gegensatz zum stationären beziehungsweise Pflegebereich sorgt sich der Gesetzgeber bei ZFA allerdings nicht darum, diesen Fachkräftemangel zu beseitigen. Er ändert sogar die Bedingungen durch Budgetierung so, dass noch weniger Finanzen zur Verfügung stehen, um die ohnehin niedrigen Gehälter zu bezahlen. Deshalb zeigen wir der Gesundheitspolitik die Rote Karte!“

Volles Haus am 8. September in Berlin

Der vmf rechnet mit einer großen Beteiligung an der Protestaktion am Freitag, 8. September, auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor. Bisher haben sich nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 850 Praxisteams aus dem gesamten Bundesgebiet angekündigt. Auf der Liste der Rednerinnen und Redner stehen aktuell etwa 20 Personen, unter anderem der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).

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