Jahrestagung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit in Berlin

Deutscher Preis für Patientensicherheit: Das sind die Gewinner 2019

nb/pm
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) hat den Deutschen Preis für Patientensicherheit 2019 vergeben. Vier Projekte - mit insgesamt 19.500 Euro dotiert - wurden von der Fachjury ausgezeichnet.

„Wir freuen uns, in diesem Jahr vier Initiativen auszeichnen zu können, die zukunftsweisende Ansätze zur Verbesserung der Patientensicherheit beinhalten“, sagte die stellvertretende APS-Vorsitzende Ruth Hecker auf der 14. Jahrestagung des Aktionsbündnisses am 9. Mai in Berlin.

Eine Jury mit Vertretern aus Pflege, Ärzteschaft, Apotheken, Selbsthilfe, und Kostenträgern hat aus 29 hoch qualifizierten Bewerbungen die Preisträger ausgewählt. 

Platz 1: Mehr Sicherheit bei der Medikamentenversorgung von Pflegeheimbewohnern in Berlin

Um die hausärztliche Versorgung von Pflegeheimbewohnern zu verbessern, Kommunikationslücken zu schließen und damit Fehler in der Medikation der Pflegeheimbewohner zu minimieren, hat sich die Internistin Dr. Irmgard Landgraf über eine elektronische Pflegeheimakte digital mit den von ihr betreuten Pflegeheimen vernetzt. Die Ergebnisse dieser jahrelangen Zusammenarbeit fasste sie 2017 in ihrer Dissertation zusammen.

„Die Akte enthält neben den üblichen Dokumentationsfeldern auch Kommunikationsmodule“, erklärt Landgraf. In dieses Feld können alle Pflegekräfte zu jedem Zeitpunkt alle auffälligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Heimbewohners eintragen. Die Hausärztin kann sich von ihrer Praxis aus in die Pflegeheimsoftware einwählen. „Ich lese morgens und abends die Eintragungen und kann somit schnell und adäquat reagieren.“

Außerdem nutzt Landgraf e-Pflegeakten zur regelmäßigen Kontrolle der Medikation und der Behandlungsverläufe, koordiniert notwendige Untersuchungen und bereitet auch die wöchentlichen Stationsvisiten vor. So wird die Zeit vor Ort geringer und die Effektivität größer.

„Hier wird eindeutig nachgewiesen, dass auf diese Art betreute Pflegeheimbewohner weniger Medikamente erhalten, seltener ins Krankenhaus müssen und eine höhere Lebenserwartung sowie mehr Lebensqualität haben", lobt die APS-Vorsitzende Hedwig François-Kettner die Arbeit der Preisträgerin. Für den ersten Platz erhält die Berliner Hausärztin ein Preisgeld von 10.000 Euro.


Platz 2: Mehr Sicherheit durch verbessertes Entlassmanagement für Neonatologie und Pädiatrie am Uniklinikum Essen

Den 2. Platz mit 6.000 Euro Preisgeld vergibt die Jury dieses Jahr an ein Projekt zur Optimierung des Entlassmanagements für die Neonatologie und Pädiatrie am Universitätsklinikum Essen in Zusammenarbeit mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik im nordrhein-westfälischen Datteln.

Das Team um Dr. Britta M. Hüning bezieht die Bedürfnisse des Kindes und die Ressourcen der Familie frühzeitig in die Entlassplanung mit ein. „Durch einen strukturierten Entlassmanagementprozess mit transparenten Standards können Fehler durch Informationsverluste und Verzögerungen im Patientenpfad vermieden werden“, erläutert François-Kettner.

Eltern lernen demzufolge beispielsweise Notfallmedikamente korrekt zu verabreichen. Die Dokumentation des Verfahrens wurde stark komprimiert, strukturiert und farblich kodiert, um die Anwendung im Alltag zu erleichtern.

Platz 3: Mehr Sicherheit durch Einführung einer "Cockpit-Strategie" während der Narkose am Katholischen Klinikum Bochum

Auf den mit 3.500 Euro dotierten 3. Platz wählte die Jury das Projekt von Dr. Heike Vogelsang von der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Katholischen Klinikum Bochum. Um die Sicherheit während der kritischen Phase der Narkose zu verbessern, hat sie gemeinsam mit ihrem Team eine umfangreiche Cockpit-Strategie aus CRM-Elementen der zivilen Luftfahrt entwickelt und in die Anästhesiologie überführt. Sowohl in Routine- als auch in Notfallsituationen kann das Team mithilfe der Cockpit-Strategie sicher und effektiv handeln. Alle am Team beteiligten Pflegekräfte und Ärzte arbeiten dabei unmittelbar zusammen, um den Patienten vor Schaden zu schützen.

Das Konzept wurde 2009 entwickelt und seit 2010 im Katholischen Klinikum Bochum erfolgreich eingesetzt. Fachübergreifende Workshops für alle Berufsgruppen werden mehrfach jährlich durchgeführt und sind eine wesentliche Säule des Sicherheitskonzeptes der Klinik.

Sonderpreis: Nebenwirkungen der Psychotherapie sichtbar machen!

Der diesjährige Sonderpreis geht an Prof. Dr. Michael Linden vom Institut für Verhaltenstherapie Berlin (IVB). Es ist inzwischen wissenschaftlich belegt, dass Psychotherapie auch schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann. Beispiele sind Symptomverstärkungen, Problemaggravierungen, Induktion von False Memories, Probleme in der Familie oder im Beruf. Ein Projektteam des IVB hat das Spektrum und die Häufigkeit von Nebenwirkungen der Verhaltenstherapie wissenschaftlich untersucht und ausgewertet und Seminare dazu in die Ausbildungscurricula aufgenommen. Es ist davon auszugehen, dass in der Zukunft derartige Kurse an allen Psychotherapieausbildungsinstituten eingeführt werden.

Stifter des Preisgeldes sind B. Braun, der Ecclesia Versicherungsdienst, das Gesundheitsunternehmen MSD Sharp & Dohme GmbH und der medizinische Fachverlag Thieme.

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