G-BA bietet "befristete Kassenleistung" als Alternative an
Zum Hintergrund: Nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen Krankenkassen künftig die Kosten für eine Liposuktion zur Behandlung des Lipödems tragen, obwohl der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ihren Nutzen als noch nicht belegt ansieht. Dahinter steckt die Absicht, dem Gesetzgeber in Ausnahmefällen zu erlauben, auch unabhängig des G-BA-Votums Leistungen für die GKV zu beschließen.
"Die Selbstverwaltung spielt in unserem System eine wichtige Rolle. Das soll auch so bleiben", bekräftigte Spahn zuletzt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nachdem er viel Kritik von Ärzten und Krankenkassen für seinen Vorschlag erhalten hatte. Dennoch behalte er sich vor, "in Ausnahmefällen" als Minister zu entscheiden, was die Kasse zahlt. Dafür habe er die Rechtsaufsicht und auch die demokratische Legitimation.
Jetzt hat sich der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken, erstmals zu Wort gemeldet - in einem Brief an den Gesundheitsminister. Dem Deutschen Ärzteblatt soll der Brief vorliegen. Wie die Redaktion berichtet, schlägt Hecken Spahn in dem Schreiben vor, die Liposuktion bei Lipödem für Patientinnen im Stadium drei ab dem 1. Januar 2020 zunächst befristet bis 2024 zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu verordnen.
Frauen mit diesem Stadium sind laut Hecken „besonders schwer betroffen von der dringlichen Behandlungsindikation“, hätten den höchsten Leidensdruck und für sie gebe es „keine akzeptablen therapeutischen Alternativen“.
Die Prüfung der Liposuktion bei Lipödem für Frauen mit Stadium eins und zwei soll dagegen nach Abschluss einer randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) erfolgen. Voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2020 könnten die ersten Patientinnen im Rahmen der Studie operiert werden, heißt es in dem Brief.
Dem Bericht zufolge betont Hecken, dass für die Einführung der Liposuktion beim Lipödem eine geeignete Bewertungsgrundlage bislang fehlt. Auf der anderen Seite stehe das Anliegen, betroffenen Frauen die Leistung schnellstmöglich verfügbar zu machen.
In „unbegrenztem Umfang“ sei das „aufgrund der unklaren Nutzen-Risiko-Relation des Eingriffs nicht zu rechtfertigen“, schreibt Hecken. Zudem käme die geplante vergleichende Studie nicht mehr zustande, wenn die Leistung in unbegrenztem Umfang auch anderweitig als in Stadium drei zulasten der GKV erbracht würde. „Eine Klärung des Nutzens wäre damit nicht mehr möglich“, so der G-BA-Chef.
Spahn: "Endlich hat sich der G-BA bewegt!"
Gegenüber der Funke-Mediengruppe sprach Minister Spahn von einer „guten Nachricht“ für Tausende Frauen, die unter krankhaften Fettverteilungsstörungen leiden. „Endlich hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss bewegt und ermöglicht Hilfe für die besonders betroffenen Patientinnen.“