British Dental Association

Zahnärzteverband warnt vor neuen Aligner-Direktanbietern

mg
Gesellschaft
Nach der Insolvenz des Aligneranbieters SmileDirectClub ist für Betroffene weltweit offen, wie es weitergeht. US-Kieferorthopäden geben Tipps und der britische Zahnärzteverband spricht eine Warnung aus.

Der 2014 gegründete und zuletzt international tätige SmileDirectClub gilt als erstes Unternehmen, dass das Geschäftsmodell verfolgte, Patienten direkt mit Alignern zu beliefern und telemedizinisch zu betreuen. In den vergangenen Jahren geriet es jedoch immer mehr in eine wirtschaftliche Schieflage. Anfang Dezember informierte es schließlich auf seiner Website über ein eröffnetes Insolvenzverfahren, dass die komplette Einstellung des Betriebs zur Folge hatte. Kundenbestellungen, die noch nicht versandt wurden, wurden storniert und die „lebenslange Smile-Garantie“ existiert nicht mehr, so das Unternehmen. Gleichzeitig erwartet das Unternehmen von Kunden mit Finanzierungsmodellen, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen weiter nachkommen (zm berichtete).

Schätzungsweise Zehntausende Patientinnen und Patienten hängen nun in der Schwebe, spekulierte Dr. Myron Guymon, Präsident der American Association of Orthodontists (AAO) gegenüber ABCNews: „Es muss sehr frustrierend für sie sein, Zeit und Geld in eine Behandlung investiert zu haben, und dann wird ihnen plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen“, sagte Guymon. „Das Beste, was SmileDirectClub-Patienten zu diesem Zeitpunkt tun können, ist, eine persönliche Untersuchung bei einem zugelassenen Kieferorthopäden in ihrer Nähe zu buchen.“ Denn die meisten SmileDirectClub-Patienten hätten keine Röntgenaufnahme oder persönliche Eingangsuntersuchung, erklärt Guymon weiter, „was für eine genaue Diagnose und einen sicheren und effektiven Behandlungsplan entscheidend ist.“

Patienten von SmileDirectClub und andere, die sich Sorgen um Sicherheit ihrer Behandlung durch Aligner-Direktanbieter machen, sollten die folgenden Schritte unternehmen, rät die AAO:

  • „Vereinbaren Sie einen Termin mit einem zugelassenen Kieferorthopäden vor Ort.

  • Teilen Sie beim Termin alle Bedenken und bisherigen Behandlungen mit.

  • Wenn die Finanzen ein Problem darstellen, fragen Sie bei der Terminbuchung nach kostenlosen Konsultationen, die von vielen AAO-Kieferorthopäden angeboten werden.

  • Hüten Sie sich vor anderen kieferorthopädischen Versandhändlern, die aus dem Scheitern von SmileDirectClub Profit schlagen wollen. AAO betont die Bedeutung einer persönlichen Untersuchung und Röntgenaufnahmen vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung bei einem Arzt, um irreparable Schäden zu vermeiden.

  • Für Patienten mit Beschwerden, einschließlich derjenigen, die möglicherweise nicht in der Lage sind, den Zahnarzt zu kontaktieren, der ihre SmileDirectClub-Behandlung überwacht hat, empfiehlt die AAO, sich an staatliche Zahnärztekammern zu wenden, die individuelle Beschwerdeverfahren für Zahnbehandlungen haben.“

ADA verweist auf „Potenzial irreversibler Schäden“

American Dental Association (ADA) bekräftigte anlässlich der Pleite des SmileDirectClub ihre Haltung, Angebote von Direct-to-Consumer-Zahnmedizin aufgrund des Potenzials irreversibler Schäden für Einzelpersonen – die als „Kunden“ und nicht als Patienten behandelt werden – entschieden abzulehnen. „Nach praktisch allen Gesetzen der Bundesstaaten und wie in der ADA-Richtlinie widergespiegelt, ist der Zahnarzt letztendlich für die Versorgung des Patienten verantwortlich und die einzige Person, die lizenziert und qualifiziert ist, Verantwortung zu übernehmen“, schreibt sie.

Das Verschieben von Zähnen, ohne alle Aspekte des Mundzustands eines Patienten zu kennen, könne zu Knochenschwund, Zahnverlust, Zahnfleischrückgang, Bissproblemen, Kieferschmerzen und anderen schädlichen und dauerhaften Problemen führen, heißt es weiter. „Ohne die Beteiligung eines zugelassenen Zahnarztes verlieren Patienten eine wichtige Qualitätskontrollstelle – ihren Zahnarzt – um sicherzustellen, dass alle Aspekte ihrer Behandlung durchgeführt werden und im besten Interesse des Patienten verlaufen.“

BDA: Fünf Zahnärzte versorgten beim SmileDirectClub 65.000 Patienten

Nach Angaben des Vorsitzenden der British Dental Association (BDA), Eddie Crouch, waren nur fünf registrierte Zahnärzte mit der Versorgung der rund 65.000 britischen Patienten des SmileDirectClub betraut. Ob sie in Großbritannien ansässig waren oder eine angemessene Entschädigung erhielten, sei unbekannt.

„Es ist kaum vorstellbar, dass diese fünf Zahnärzte ausreichen, um die (...) britischen Patienten des Unternehmens nun weiter zu versorgen“, so Crouch. Vor allem mit Blick auf die Haftungsrisiken habe die BDA die Aufsichtsbehörden nun gefragt, ob sie beabsichtigt, die BDA-Zahnärzte aufzufordern, die Weiterversorgung sicherzustellen. „Klar ist, dass viele dieser Patienten bereits Hilfe suchen“, so Crouch, der für die BBC in der Vergangenheit einmal einige der 3D-Scans des SmileDirectClub sichtete.

Britische Zahnärzte fordern Haftungsausschluss bei Folgeversorgung

Sein Fazit: Die zum Teil unangemessenen Behandlungen könnten für jeden Zahnarzt zum Minenfeld werden. Die BDA fordert darum „Antworten, aber auch Zusicherungen, dass alle Kliniker, die versuchen, diesen Schaden rückgängig zu machen, nicht für eine unangemessene Behandlung durch dieses Unternehmen haftbar gemacht werden können.“

Crouch betonte, dass mit dem „Verschwinden“ des SmileDirectClub die Risiken für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten nicht gebannt sei. „Früher oder später wird ein Neueinsteiger einen Weg finden, die Kieferorthopädie aus der Ferne gewinnbringend zu nutzen.“ Die BDA habe ihre Bedenken regelmäßig direkt gegenüber den Aufsichtsbehörden und der nationalen Presse geäußert. Auch wenn 2021 die Leitlinien angepasst worden seien, bleibe unsicher, ob die Anforderungen immer eingehalten wurden.

„Diese Insolvenz hätte es nicht gebraucht, um Patienten zu schützen“

„Der Berufsstand und die Patienten verlassen sich darauf, dass die Regulierungsbehörde die illegale Ausübung der Zahnmedizin verfolgt“, so Crouch, dessen BDA die Behörden auffordert, ihre Beurteilung an die Geschäftspraktiken von Anbietern mit ähnlichen Geschäftsmodellen mit SmileDirectClub noch einmal zu überdenken. „Am Ende des Tages hätte es keine Insolvenz gebraucht, um die Patienten zu schützen.“

Der Markt der Aligner-Direktanbieter in den USA und Großbritannien bleibt auch nach dem Ausscheiden von SmileDirectClub unübersichtlich. Sie heißen in den USA zum Beispiel „Alignerco“, „Byte“, „Snapcorrect“ und „Newsmile“ – und in Großbritannien „Straightmyteeth“ und „DrSmile“.

Die AAO vertritt 19.000 Kieferorthopäden in den USA, Kanada und im Ausland. Die gemeinnützige ADA ist nach eigenen Angaben die größte Zahnärztevereinigung der USA und vertritt 159.000 Zahnärzte. Die BDA vertritt 16.000 Zahnärzte im Vereinigten Königreich.

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