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Öko-TEST

Zahnungsgels: Die besten sind gerade mal befriedigend!

LL
Zahnmedizin
15 Zahnungsgels und -öle hat ÖKO-Test auf ihren Nutzen und mögliche Risiken hin untersucht. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Sie bewirken wenig, enthaltene Alkohol oder Süßstoffe gehören zudem nicht in den Kindermund.

Wenn Kinder ab etwa dem sechsten Monat zahnen, kann das mit Schmerzen verbunden sein. Die Kleinen reagieren oft mit Unruhe und weinen vermehrt. Viele Eltern haben das Bedürfnis, ihrem Kind Linderung zu verschaffen und greifen zu Mitteln wie Zahnungsgels oder Zahnungsöle aus der Drogerie oder Apotheke.

ÖKO-TEST hat nun 15 Produkte genauer untersucht und deren Wirkstoffe auf Nutzen und Unbedenklichkeit hin geprüft und eingeordnet. Der Großteil davon ist zur inneren Anwendung direkt auf der Zahnleiste des Babys, vier Produkte sind als Massageöle zur äußerlichen Anwendung auf der Wange konzipiert. Ein Gel ist als traditionelles Arzneimittel zugelassen und frei verkäuflich. Es preist Schmerzlinderung an, die restlichen Produkte wollen überwiegend „pflegende“ oder „beruhigende“ wirken und gehören damit in die Kategorie Kosmetik. Die Preise der Produkte bewegen sich zwischen 4,95 Euro und 15,55 Euro pro Packung für Füllmengen zwischen 10 und 30 Millilitern beziehungsweise Gramm.

Die Testergebnisse sind ernüchternd

Keines der Zahnungsgele oder -öle im Test erhielt im Test die Bewertung „sehr gut“ oder „gut“ ab. Die beste Note ist gerade einmal „befriedigend“. Fünf Produkte fielen mit „mangelhaft“ ganz durch. Unter den am besten bewerteten Produkten sind das „Bahnhof Apotheke Aromahautpflege Zahn-Öl“ für 6,95 Euro pro 10 Milliliter, das „Medesign Zahnungsöl Massageöl“ für 6,39 Euro pro 30 Milliliter und das „Nord Mukini Hurra! Mein erster Zahn-Öl“ für 8,90 Euro pro 10 Milliliter.

„Ausreichend“ erhielt das „Dentinox Gel N Zahnungshilfe“ für 5,35 Euro pro 10 Gramm. Auf den drei letzten Plätzen im Bewertungsranking liegen mit „mangelhaft“ das „Kamistad Baby Zahnungsmassage-Gel“ für 10,07 Euro pro 20 Milliliter, das „Matchstick Monkey Zahnungsgel Erdbeer-Banane“ für 5,99 Euro pro 15 Gramm und das „Osa Pflanzen- Zahngel“ für 10,97 Euro pro 20 Gramm.

Das sind die Schwachstellen

Die Tester schreiben daher: „Spezielle Zahnungsgele oder -öle bringen in unseren Augen wenig, wenn die ersten Zähnchen durchbrechen“. Warum? Zum einen geht es um die ausreichende Menge des in manchen Produkten enthaltenen Lokalanästhetikum Lidocain – enthalten zum Beispiel im Testprodukt „Dentinox Gel N Zahnungshilfe“. Dessen Wirkung ist zwar grundsätzlich belegt, allerdings zeigen zahnende Babys einen erhöhten Speichelfluss. Ob das Betäubungsmittel daher lange genug auf den Kauleisten wirken kann, ist fraglich. In höherer Konzentration jedoch rät etwa die US-Arzneimittelbehörde FDA für Babys ab. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA erlaubt den Verkauf von Zahnungsgels mit Lidocain nur noch über Apotheken und nach Anwendungsaufklärung.

Und auch den beispielsweise im „Dentinox Gel N Zahnungshilfe“ enthalten Alkohol sehen die Tester als problematisch. Genaue Angaben enthält die Verpackung nicht. Das sei intransparent und gab in der Bewertung eine Note Abzug. Im Labor nachgemessen ergab sich ein zweistelliger Prozentbereich, zu hoch für ein Babyprodukt. Auch im „Osa Pflanzen- Zahngel“ ist Alkohol enthalten. Zwar in geringer Menge, die Tester finden aber, dass dieser Inhaltsstoff insgesamt nichts in Kinderprodukten zu suchen hat.

Dass massieren der Kauleisten beim Zahndurchbruch helfen kann, empfehlen sowohl deutsche als auch internationale Fachgesellschaften, führen die Tester auf. Ob aber ein Zusatznutzen durch angewendete Massageprodukten besteht, ist nicht geklärt. Eine für den Test dazu befragte Zahnärztin sagt: „Eine Pflege des Zahnfleischs ist nicht notwendig.“Daher wurden Produkte, die als „pflegend“ ausgelobt sind, ebenfalls abgewertet.

Im Test wurde besonders streng auf die Rezepturen der Produkte geblickt, denn die Inhaltsstoffe gelangen über die Mund- oder die Darmschleimhaut in den Organismus der Babys. Sechs kosmetische Produkte zur Anwendung auf der Zahnleiste sowie das Arzneimittel enthalten synthetisch hergestellte Süßstoffe wie Saccharin, Sucralose oder Acesulfam-K beziehungsweise Stevioside. Die Tester stufen das als kritisch ein, weil kleinste Mengen dieser Verbindungen eine starke Süßkraft entfalten und bereits in sehr frühem Alter eine Gewöhnung an süße Lebensmittel begünstigen können. Auch Maltodextrin in der Rezeptur des „Tetesept Baby Zahnungsgels“ ist unnötig, das es Karies begünstigen kann.

Bei sechs Gelen für die innere Anwendung gab es Abzüge für enthaltene PEG/PEG-Derivate. Diese Stoffe können in Arzneimitteln zwar nützlich sein, um Wirkstoffe durch die Haut zu schleusen. Allerdings können sie die Haut auch durchlässiger für Schadstoffe machen. Die Tester sehen sie in Kosmetik daher ebenfalls kritisch.

Für Kleinkinder ungeeignet

Die Zahnungsgele im Test basieren durchweg auf Wasser und brauchen deshalb eine Konservierung. Einige der in den getesteten Produkten deklarierten Stoffe sind jedoch für die Babys nicht geeignet und wirkten sich somit negativ auf die Bewertung aus. Zudem können jüngere Kinder den Alkoholersatzstoff Propylenglykol nur unzureichend verstoffwechseln, es besteht die Gefahr einer Anreicherung im Körper. Der Stoff kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und dadurch potenziell Krämpfe auslösen, mahnen die Tester. Ähnlich verhält es sich bei dem Konservierungsstoff Benzoesäure beziehungsweise ihrem Salz Natriumbenzoat: Kinder unter zwei Jahren können sie aufgrund einer noch unreifen Enzymaktivität schlecht abbauen. Kommt es zu einer Anreicherung im Körper, drohen Schädigungen des zentralen Nervensystems.

Tipps: Das hilft beim Zahnen

Massage und Kuscheln

Massieren Sie mit der sauberen Fingerkuppe sanft die betroffene Zahnleiste Ihres Kindes – das fördert die Durchblutung und kann Beschwerden lindern. Ein spezielles Gel oder Öl braucht es dazu allerdings nicht. Trösten, Kuscheln, Spielen tut Kindern in dieser Zeit besonders gut.

Beißen und Kühlen

Babys und Kleinkinder, deren Zähne kurz vor dem Durchbruch stehen, haben einen starken Drang, auf allem herumzubeißen. Ein gekühlter Löffel oder Beißringe, die der Markt in verschiedenen Materialien und Varianten bietet, können prima Dienste leisten. Es gibt auch Modelle, die mit Flüssigkeit gefüllt sind und die Sie in den Kühlschrank (nicht ins Gefrierfach!) legen können. Die Kälte kann entzündetes Zahnfleisch beruhigen.

Wenn nichts hilft

Wenn nichts zu helfen schein und das Kind vor Schmerzen die ganze Nacht durchschreit, rät Dr. Tanja Brunnert, Kinderärztin und Bundessprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärztinnen, für ein oder zwei Nächte ein systemisches Schmerzmittel wie Paracetamol zu geben. Denn das erzielt eine längere Wirkung als ein Zahnungsgel. Im Zweifelsfall sollte Rücksprache mit dem Kinderarzt gehalten werden.

Quelle: ÖKO-TEST

So wurde getestet

Bei der Analyse erhielten die Tester Unterstützung von Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe Universität Frankfurt. Er half bei der Beurteilung der Produkte mit einem wissenschaftlichen Gutachten auf Grundlage der aktuellen veröffentlichten Studienlage.

Spezialisierte Labore untersuchten die Produkte auf bedenkliche und deklarationspflichtige Duftstoffe. In alkoholhaltigen Produkten wurde der Alkoholgehalt gemessen. Die Analysen auf Formaldehyd/-abspalter und auf das potenziell hormonwirksame Vergällungsmittel Diethylphthalat (DEP) fielen unauffällig aus. Per Deklaration erfasste der Test PEG/PEG-Derivate, Propylenglykol, Maltodextrin und synthetische Polymere. Zudem wurden bedenkliche Konservierungsstoffe wie Natriumbenzoat/Benzoesäure sowie Süßstoffe erfasst. Bei als „parfümfrei“ angepriesenen Produkten schauten die Tester, ob deklarationspflichtige Duftstoffe nachweisbar waren. Ein Labor analysierte Plastik-Bestandteile der Verpackungen auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen – erfreulicherweise ohne Befund.

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